[181] Scolari, Edwige. Seit Jahrhunderten pilgern die Germanen über die Schneekette der Alpen, um in Welschlands Zaubergarten von Dante's und Virgil's Grab ein Lorbeerblatt, in Sorrento's Orangenhain von Tasso's Grabmal einen Cypressenzweig zu pflücken. In Ariost's beredten Stanzen, in Petrarca's seelenvollen Liedern berauscht sich der kalte Norden, und Deutschlands größter Dichter setzte der lorbeerbekränzten italischen Muse in seinem »Torquato Tasso« mit dem stillen Ernste, der fromm auch dem Schönen der Fremde huldigt, den heimathlichen Eichenkranz auf. Doch nicht mit gleicher Liebe und Anerkennung kam das leichtbeschwingte Welsch-and dem scheinbar finstern Norden, mit seinen melancholischen Liedern, entgegen, und nur erst in neuester Zeit erstanden auch jenseits der Alpen liebende Gärtner, die der fremden Flora auf ihren Blumenbeeten ein schattiges Plätzchen vergönnten. Und zu diesen freundlichen Genien, welche voll heiliger Ungenügsamkeit auch den fremden Blumenstaub in ihren Kelchen sammelten, und den sinnigen Blüthenstrauß aus Deutschlands Gauen, in den krystallenen Vasen des römischen Wohllauts mit dem Orangenwasser des südlichen Aethers benetzten, gehört auch die liederkundige S. Schon im 19 Jahre[181] übertrug sie mit künstlerischer Gewandtheit das Trauerspiel »Ines de Castro« vom Grafen von Soden, und nicht minder gelang es ihr, Schiller's Ballade vom »Grafen von Habsburg,« das Bürger'sche »Lied vom braven Manne,« Schiller's »Maria Stuart« und Göthe's »Iphigenia« in italischen Tönen wiederzugeben. Zu Görz am 7. Jan. 1808 geb., eine Tochter des Oberhofgerichtsvorsitzers in Verona, Battista di S. Georgio, verheirathete sie sich mit dem Stadtrichteradjunct Gaetano in Conegliano, und wurde nach und nach in verschiedene, achtungswürdige Künstler- und Gelehrtenvereine, unter andern auch in die Leipziger Alterthumsgesellschaft als Ehrenmitglied aufgenommen.
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