[419] Wenden. Völker kommen und gehen, Geschlecht folgt sich auf Geschlecht, ganze Nationen unterliegen dem Gesetze des Endlichen, und nur die Geschichte, die Vertraute aller Völker, [419] schlägt den jungen Generationen zuweilen ihr endloses Buch auf damit das Andenken an ihre Altvordern nicht ersterbe. Auch die Wenden, von denen jetzt nur noch schwache Trümmer in der Oberlausitz, in Steiermark und Illyrien vorhanden sind, waren einst ein mächtiges, zu den Slaven gehörendes, Volk. Ihre ersten Wohnsitze sind uns unbekannt, aber bereits im 6. Jahrhundert dehnten sie sich im Norden und Osten von Deutschland, zwischen der Elbe, Ostsee und Weichsel aus. Böhmen, Schlesien, Meißen, Mähren, die Lausitz, Pommern etc. wurden von Wenden bewohnt, die ein kriegerisches Volk, nach Jahrhundert langen Kämpfen doch endlich den deutschen Waffen unterlagen, und theils ausgerottet, theils vertrieben, zum Theil aber auch mit der deutschen Bevölkerung vermischt wurden und die christliche Religion annahmen. Unter den vielen Stämmen, in welche sie sich theilten, waren die vorzüglichsten: die Obotriten in Mecklenburg, die Pommern oder Wilzen, zwischen der Oder und Weichsel, die Ukern in Brandenburg, die Sorben, zwischen der Saale und Elbe, die Lusitzer, in der Lausitz, Sie waren, wie es noch die Ueberreste in der Lausitz beweisen, ein kräftiger Menschenschlag, treu, arbeitsam, aber mißtrauisch, und beschäftigten sich vorzugsweise mit dem Feldbau. Die Sprache, welche mit der böhmischen, polnischen und russischen verwandt ist, klingt kräftig und melodisch.
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