Wechselwirkung, psychophysische

[715] Wechselwirkung, psychophysische s. Influxus, Parallelismus (Anfang und gegen Ende). Zu ergänzen ist hier das Folgende.

AUGUSTINUS bemerkt: »Non putandum est, corpus aliquod agere in spiritum, quasi spiritus corpori facienti materiae vice subdatur« (Sup. genes. ad lit. XII). Und THOMAS: »Nihil corporeum imprimere potest in rem incorpoream« (Sum. th. I, 84, 6). – Nach DESCARTES wirken Seele (s. d.) und Leib (unter der »Assistenz Gottes«) aufeinander ein. Von der »glandula pinealis« (Zirbeldrüse) des Gehirns erregt die Seele die Lebensgeister (s. d.) (Pass. anim. I, 34). Nur die Richtung der physischen Bewegung ändert die Seele, nicht bringt sie neue Bewegungen hervor (Resp. IV, p. 126). – Die Wechselwirkung von Geist und Körper lehrt GÜNTHER (Vorsch. zur specul. Theol.2, 1846, I, 220 ff.). In anderer Weise LOTZE (Mikrok. I2, 308 ff.. Med. Psychol. S. 66 ff.). Ferner HORWICZ (Psychol. Anal. I, 22, 143 f.), HAGEMANN (Met.2, S. 125. Psychol.3, S. 21). WENTSCHER (Eth. I, 291 ff., vgl. S. 303). H. SCHWARZ (Psychol. d. Will. S,. 376. Das Verh. von Leib u. Seele, Monatshefte d. Comenius-Gesellsch. VI, 248, f.) u. a. E. MACH bemerkt: »Mit der Constanz der Energie ist der Ablauf physikalischer Processe beschränkt, aber keineswegs vollkommen eindeutig bestimmt. Die Erfüllung des Energieprincips in allen physiologischen Fällen lehrt bloß, daß die Seele weder Arbeit verbraucht noch leistet. Darum könnte sie noch mitbestimmend sein,« aber es ist kein solches Agens anzunehmen (Anal. d. Empfind.4, S. 45). L. BUSSE erklärt: »Geist und Körper, Seele und Leib sind einander zugleich entgegengesetzt und stehen in Wechselwirkung, miteinander als einander ergänzende Bestandteile des absoluten, sie beide umfassenden und in sich fassenden Weltganzen« (Geist u. Körp. S,. 474. s. Parallelismus). W. JERUSALEM bemerkt: »Die Wechselwirkung zwischen psychischen und physischen Vorgängen ist die erste und einige Form der Causalität, die wir wirklich erleben.« »Diese Wechselwirkung ist darum nicht minder begreiflich, weil sie mehr als begreiflich ist. Sie ist aber mehr als begreiflich, weil sie unmittelbar erlebt wird und somit auch die Quelle alles Begreifens ist« (Urteilsfunct. S. 261 f.). vgl. SIMMEL, Einl. in d. Moralwiss. II, 291. – Vgl. Dualismus, Parallelismus, Energie, Causalität.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2. Berlin 1904, S. 715.
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