[2436] VENVS, ĕris, Gr. Ἀφροδίτη, ης, (⇒ Tab. X.)
[2436] 1 §. Namen. Dieser soll von venio herkommen, weil diese Göttinn zu allen kömmt. Cic. de N.D. l. II. c. 27. p. 1183. & l. III. c. 24. p. 1200. Jedoch wollen andere zu dessen Stammworte lieber das griechische Βαίνειν, begatten, angeben. Voss. Etymol. in Venustus, p. 632. Nach einigen soll er von den Assyrern zu den Etruriern, und von diesen erst zu den Römern gekommen seyn und von benot herstammen, welches eine Hütte heisse, weil in solchen die Jungfern der Venus gewiedmet worden. Id. Theol. gent. l. II. c. 27. Man will ihn auch wohl von dem celtischen Worte Vener herleiten, welches eine schöne heißt. Pezron Ant. de la lang. des Celtes, p. 421. Der griechische Namen kömmt, nach gemeiner Meynung, von Ἀφρὸς, der Schaum, her, weil die Venus aus dergleichen entstanden seyn soll. Macrob. Sat. l. I. c. 8. Jedoch führen ihn einige lieber von ἀφραίνειν, unsinnig seyn, her; Phurnut. de N.D. c. 24. oder sie setzen ihn auch aus ἀβρὸς, weich, und διαίτη, Leben, zusammen. Didym. ap. Gyrald. Synt. XII. p. 386.
2 §. Aeltern. Diese sind so mannichfaltig, als man Personen dieses Namens annimmt. Einer spricht von zwoen, der himmlischen Venus, deren Mutter unbekannt ist, und der gemeinen Venus, welche Jupiters und der Dione Tochter ist. Plato in Sympos. p. 1179. Zu diesen beyden setzete man noch eine dritte, welche man die abwendende nannte, hinzu, gab aber keine Aeltern von ihr an. Paus. Bœot. c. 16. p. 566. Andere wissen von ihrer vieren. Die erste Venus sollte also von dem Cölus und Dies; die zweyte aus dem Schaume des Meeres, von welcher Cupido geboren worden; die dritte von dem Jupiter und der Dione, welche den Vulcan geheurathet; und die vierte von dem Tyrus und der Syria entstanden seyn, welche besonders Astarte genannt worden. Cicer. de N.D. l. III. c. 23. p. 1199. Allein, noch eine, oder doch die letzte von den erwähnten, sollen Tauben aus einem Eye ausgebrütet haben, welches vom Himmel herab [2437] und in den Euphrat gefallen, von den Wellen aber an das Land gewälzet worden. Hygin. Fab. 197. Man machet auch eine zu des Saturnus und der Evonyme Tochter. Epimenides ap. Nat. Com. l. IV. c. 13. p. 380. Unter allen aber bleibt doch die zweyte die bekannteste. Ihre Erzeugung soll folgender Gestalt geschehen seyn. Als Saturn seinem Vater das männliche Glied weggeschnitten, und es in das Meer geworfen hatte, so entstund um solches herum ein weisser Schaum, der eine Zeitlang auf dem Meere umher trieb, bis endlich Venus aus demselben empor stieg. Hesiod. Theog. v. 188. & Serv. ad Virgil. Aen. V. v. 801. Sie soll auf einer Muschel zuerst in die Insel Cythera, von da aber nach Cypern gekommen seyn, da denn, wo sie mit ihren Füßen hintrat, Gras und Bluhmen hervor brachen. Hesiod. l. c. v. 192.
3 §. Auferziehung. Wie einige vorgeben, so wurde sie nicht sowohl in gedachter Muschel, als vielmehr noch in dem Schaume, von dem Zephyr an Cypern getrieben. Hier sollen sie denn die Horen aufgenommen und erzogen haben. Als sie hernach erwachsen war, so putzeten sie dieselbe aufs schönste aus und führeten sie also in den Himmel, wo sie solche den Göttern vorstelleten, da denn ein jeder sie, ihrer ganz besondern Schönheit halber, zur Gemahlinn verlangete. Homer. Hymn. in Vener. II. per integr.
4 §. Wesen und Verrichtungen. Sie war die Göttinn der Liebe und aller derer Ergötzlichkeiten, welche in derselben zu seyn geglaubet werden. Nat. Com. l. IV. c. 13. Sie war dabey von solcher Macht, daß ihr nichts im Himmel, auf der Erde und im Meere entgehen konnte. Eurip. Hippol. cor. 443. Phurnut. de N.D. c. 24. Nur räumeten ihr Minerva, Diana und Vesta nichts über sich ein. Homer. Hymn. in Venerem I. v. 7. Sie trug einen besondern buntgestickten Gürtel, worinnen alle Reizungen, Liebe, Begierde, freundlicher Umgang, Schmeicheley und Liebkosung enthalten waren, wodurch [2438] sie aller Herzen gewinnen konnte. Diesen bath sich Juno einst von ihr aus, da sie den Jupiter lüstern machen und zum Besten der Griechen einschläfern wollte. Homer. Il. Ξ. 190 sqq. Sonst soll sie selbst die Welt, und alles, was in derselben ist, hervor gebracht haben. Orph. Hymn. in Venerem, v. 4. Ihre Hoheit wußte sie dergestalt zu behaupten, daß sie ihre Beleidigung insgemein sehr hart und scharf ahndete. Eurip. l. c. b. Dieses haben unter andern die ganze Nachkommenschaft des Sol, und viele andere mehr, erfahren. Nat. Com. l. c. Nimmt man eine dreyfache Venus an, so erwecket die himmlische die reine Liebe, die mit keiner fleischlichen Begierde vermischet ist. Die gemeine hat mit der fleischlichen Verschung zu thun, und die abwendende toll die Menschen von unrechtmäßigen Begierden und unheiligen Werken ab ziehen. Pausan. Bœot. c. 16. p. 566.
5 §. Mann, Liebhaber und Kinder. Ersterer war Vulcan, welcher, als ein lahmer Schmidt, kein rechter Mann für sie war, ihr aber dafür desto mehr durch die Finger sah. Serv. ad Virgil. Aen. VIII. v. 373. Sie bedienete sich daher seiner Nachsicht so gut, daß sie mit dem Mercurius den Hermaphroditus; Ovid. Metam. IV. 288. mit dem Mars den Cupido, die Hermione, und die Formido; mit dem Bacchus den Priapus; mit dem Neptun den Rhodus; mit dem Sol die Elektryone, und noch fünf andere Söhne; mit dem Adonis den Golgus; mit dem Butes den Eryx, und mit dem Anchises den Aeneas gezeuget. Außerdem hatte sie noch zur Tochter die Suadela, mit ihrem Manne, dem Vulcan, hingegen aber kein Kind gehabt. Nat. Com. l. IV. c. 13. p. 386.
6 §. Gestalt und Bildung. Sie war die schönste unter allen Göttinnen, welches zwar Juno und Pallas ihr streitig macheten, des Paris Ausspruch aber bestätigte. Hygin. Fab. 92. Phurnut. de N.D. c. 24. Sieh Eris und Paris. 3. §. Momus selbst soll nichts anders an ihr zu tadeln gefunden haben, als daß ihre Beschuhung klapperte, [2439] wenn sie gienge; daher er ihr rieth, barfuß zu gehen. Philostrat. ep. 21. p. 922. Man findet sie häufiger, als andere Göttinnen, und in verschiedenem Alter, vorgestellet. Unter allen Bildsäulen aber, die von ihr erhalten worden, ist keine berühmter, als die sogenannte mediceische zu Florenz, welche Apollodors Sohn, Kleomenes von Athen, verfertiget hat. Sie ist ganz nackend, und suchet mit der rechten Hand die Brust und mit der linken die Scham zu bedecken, wobey der rechte Fuß etwas zurück auf den Zehen steht, und dessen Knie sich ein wenig hervor hebt, das Gesicht aber nach der linken Seite gewandt ist, an welcher sie einen Delphin hat, auf dem zween Liebesgötter spielen, deren einer auf dessen Kopfe sitzt, der andere aber an dessen erhabenen Schwanze hinan klettert. Ihr Haar ist mit einem schmalen Bande oben etwas aufgebunden. Maffei Raccolta di Stat. t. XXVII. Man rühmet von ihr, sie sey einer Rose gleich, die, nach einer schönen Morgenröthe, bey dem Aufgange der Sonne, aufbricht; und sie trete aus dem Alter, welches, wie Früchte vor der völligen Reise, hart und herblich ist, wie selbst ihr Busen meldet, der schon ausgebreiteter ist, als an zarten Mägdchen. Bey ihrem Stande bildet man sich des Apelles Lais ein, wie sie sich das erste Mal vor dem Künstler habe entkleiden müssen. Eben den Stand haben auch einige andere alte Bildsäulen, die sie aber schon in einem reifern Alter vorstellen. Winkelm. Gesch. der Kunst, I Th. 4 C. 164 S. Man findet sie auch auf einer Münze der Julia, des K. Septim. Severus Gemahlinn, in eben der Stellung, und man scheint sie für das Bild der knidischen Venus zu halten. Frœl. tentam. p. 253. Das Gewächs dieser Venus ist ungemein geschlank; und ungeachtet der Kopf sehr klein ist, so hält dennoch die Länge derselben nicht mehr, als achtehalb Köpfe. Winkelm. 175 S. Die Zeichnungen, die von diesem großen Meisterstücke von vorne gemacht worden, sollen meistens steif und noch dazu hart seyn, auch der Abstand der Arme, der [2440] Hände, und des rechten hervorgehenden Schenkels, des abweichenden Beines und des auf die Zehen gestellten Fußes, immer steif und wie angeklebt aussehen. Die etwas gewendeten und von der Seite genommenen Ansichten hingegen sind den Zeichnern stets besser gerathen, und erwecken im Auge mehr Empfindung des Schönen an derselben. Lipperts Dactyl. I Taus. 110 S. In allen Vorstellungen der Alten hatte Venus allezeit einen ganz verschiedenen Blick von anderer Göttinnen ihrem. Solchen verursachete sonderlich das untere in etwas erhobene Augenlied, wodurch das Liebäugelnde und Schmachtende in den sanft geöffneten Augen gebildet wurde, welches die Griechen τὸ ὑγρὸν nenneten. Sie war aber fern von allen geilen Gebährden der Neuern, weil die Liebe von den besten Künstlern auch als eine Beysitzerinn der Weisheit angesehen wurde. Winkelm. a. a. O. 166 S. Wenn; sie ganz bekleidet ist, so trägt sie stets zween Gürtel, wovon der eine, wie bey andern Frauenspersonen, gleich unter der Brust liegt, der andere aber ihr um den Unterleib geht. Dieser letzte ist ihr allein eigen und eben derjenige so berufene Gürtel bey den Poeten. Ebend. 198 S. Id. Monum. antichi. P. I. p. 37. Sonst bildete man sie als ein schönes junges Frauenzimmer, ohne Kleider, welches im Meere schwimmt, in der rechten Hand eine Muschel hält, auf dem Kopfe aber einen Kranz von weissen und rothen Rosen, und um sich herum einen Haufen Tauben fliegen hat, welche sie begleiten. Zu ihrer rechten steht Vulcan; und die drey Gratien umgeben sie. Bey ihr ist auch Cupido, der mit seinem Pfeile nach den Apollo schießt. Albricus Gent. de Imag. Deor. c. 5. Zuweilen wurde sie gebildet, wie sie in einer Muschel stund und nur bloß ihren Gürtel umhatte. Muncker. ad Albric. l. c. Wilde gem. ant. t. 15. Man sieht sie auch noch auf einem alten Marmor in einer Muschel sitzen, die von zweenen Tritonen ehrerbiethig in die Höhe gehoben wird, indem sie selbst ihre Haare von dem[2441] Schaume zu reinigen scheint. Bellori admir. Rom. ant. vestig. p. 30. Desgleichen stellet sie eine Bildsäule mit einem untergeschlagenen Fuße hockend in einer Muschel sitzend vor. Maffei Racc. di Statue. t. 28. Die Gebährdung, daß sie ihre Haare ausringt und von dem Meerschaume oder Wasser frey zu machen scheint, sieht man auch zuweilen auf Gemmen. Id. gem. ant. P. III. t. 5. Mannichmal hält sie nur eine Muschel in der Hand. Beger. Thes. Brand. T. III. p. 269. Montfauc. Ant. expl. T. I. P. I. t. 104. Zu Zeiten fährt sie auf einem Wagen. So sieht man sie auf einem, der wie eine Muschel gestaltet ist, und von zweenen Schwänen gezogen wird, die sie mit einer Peitsche antreibt. Ihre Haare sind auf dem Kopfe zusammen gebunden, und ihr Kleid fliegt ihr um die Schultern. Pitture d'Ercol. T. I. tav. 10. Sie ist nur ganz leicht bekleidet, oder auch ganz nackend, wobey eine große Zierde in ihren schönen Haaren, ihre Neigung aber in ihren nicht ganz geöffneten, wohl aber etwas verwendeten Augen (oculis pætis) gesuchet wurde. Voss. Theol gent. l. IX. c. 26. Die Cyprier bildeten sie mit einem Spieße: Hesych. ap. Voss. l. c. die Sicyonier aber mit einem Mohnhaupte in der einen, und einem Apfel in der andern Hand. Pausan. Corinth. c. 10. p. 103. So hatte sie auch mannichmal einen silbernen Spiegel in der Hand, und an den Füßen übergoldete Sandalien mit goldenen Schnallen oder Riemen. Pomey P. I. p. 86. Die Stelle aber, worauf man sich deswegen bezieht, saget nur, daß dergleichen bey ihrem Bilde gehangen haben. Philostr. Icon. l. I. n. 6. p. 773. Indessen hat dieß doch veranlasset, daß man einer schönen zu Arles gefundenen Bildsäule, welcher beyde Arme fehleten, und wovon man nicht wußte, ob sie eine Venus oder Diana seyn sollte, dadurch zu einer Venus machete, daß ihr Franz Girardon einen Spiegel in die rechte und einen Apfel in die erhobene linke Hand gab. Montfauc. Suppl. aux Ant. expl. T. I. p. 126. Mit diesem Apfel in der rechten Hand findet man sie auch [2442] oftmals, so wohl bekleidet als unbekleidet, auf Münzen und geschnittenen Steinen, wobey sie zuweilen noch einen Palmzweig oder einen Spieß in dem linken Arme hat. Gorlæl Dactyl. T. II. n. 24, 77, & 166. Angeloni hist. aug. p. 243. Biæi & Croyac. Num. Imp. t. 48. Desgleichen hat sie ein Steuerruder, um welchen sich ein Delphin schlingt. Biæus l. c. n. 2. Auf einem geschnittenen Steine hält sie ein Paar Mohnköpfe in der rechten Hand vor sich, nach welchen der vor ihr hergehende Amor greift. Maffei gem. ant. fig. P. III. t. 3. Auf einem andern führet sie drep Pfeile in der rechten Hand, und mit der linken fasset sie einen mit einem Weinstocke voller Trauben umwundenen Stab, dessen Spitze ein Büschel Aehren ist. Id. ib. t. 8. Sie hält auch wohl ein Paar Aehren in der rechten und eine Traube in der linken Hand La Chauss. gem. ant. t. 74. Mehr dergleichen allegorische und anspielendes Vorstellungen findet man Lipperts Dactyl. I Taus. 2 Cap. 106 u. ff. S So wird ihre vertrauliche Bekanntschaft mit dem Mars vielfältig auf Gemmen angedeutet: Mus. Florent. T. I. t. 73. n. 6–9 Mariet. pier. grav. T. II. P. I. t. 19. & 20. wie sie denn ebenfalls auf Münzen vorkömmt. Biæus l. c. n. 8. Nicht weniger will man den ehelichen Triumph durch sie auf einem Steine wahrnehmen. Sie sitzt nackend mit einem über ihrem Kopfe und Rücken wie ein Segel fliegenden Gewande auf einem Wagen, der von zweenen Löwen gezogen wird, die ein unbeflügelter Knabe mit einem Pfeile regieret. Ein Amor kommt mit einem Myrthenkranze auf sie zugeflogen, ihr solchen aufzusetzen, und sie hat einen mit der Spitze auf sich selbst gekehrten Pfeil in der Hand. Vor dem Wagen geht eine nackende Person, die auf der Leyer spielet, welches Hymen seyn soll, und zwo bekleidete Frauenspersonen, die man für die Eintracht und Holdseligkeit hält, gehen neben den Löwen mit brennen den Fackeln, und hinter dem Wagen kömmt Pan, der auf der Rohrflöte bläst. Beg. Thes. Brand T. I. p. 170. Auf einigen [2443] Gemmen kömmt sie mit Flügeln auf dem Rücken und einer Lilie in der Hand sie hat auch andere Zeichen dabey, woraus man sie für die himmlische erkläret. Maffei l. c. t. I. c. II. p. 3. In einigen Abbildungen trägt sie eine Taube auf der Hand; Beger. l. c. T. III. p. 270. oder sie hat dergleichen auf ihrem Schooße sitzen. Montfauc. l. c. pl. 103. Außerdem soll fleh ihr Bild auch bey den alten Deutschen gefunden und zu Magdeburg gestanden haben. Nach der Beschreibung war sie ganz nackend mit hellen lebhaften Augen und fliegenden Haaren, die ihr bis auf die Knie hinunter hiengen. Auf ihrem Haupte trug sie einen Myrthenkranz, der mit rothen Rosen durchflochten war. In ihrem lächelnden Munde hatte sie eine noch nicht aufgeblühete Rose, und auf der Brust eine brennende Fackel nebst einem Pfeile. In der linken Hand hielt sie die ganze Welt, welche in Himmel, Erde und Meer getheilet war, und in der rechten drey goldene Aepfel. Sie stund auf einem goldenen Wagen, welchen zween Schwäne und zwo weiße Tauben zogen. Sie hatte drey Mägdchen bey sich, die einander den Rücken zukehreten und sich mit ihren Armen in einander geschränket hatten, wobey jede den andern einen goldenen Apfel darreichete. Bothon. Chron. ap. Leibnit. Script. rer. Bruns. T. III. p. 287. Man glaubet nicht unbillig, daß diese Bildung von den Griechen hergenommen sey. Vossius l. c. Mehr und noch andere Abbildungen findet man unter ihren besondern Namen angeführet.
7 §. Verehrung. Diese war ziemlich allgemein, und sie hatte, außer den vielen Tempeln, an verschiedenen Orten ihre Orakel, worunter das zu Paphos in der Insel Cypern sehr berühmt war, und vom Titus Vespasianus befraget wurde. Suet. in Tit. Vespas. c. 5. Tac. Hist. II. 2. Sie wurde anfänglich von den Cypriern an einem kleinen Orte, Namens Golgi, verehret, bis Agapenor Paphos erbauete und ihr darinnen einen Tempel errichtete. Paus. Arcad. c. 5. p. 461. Das Andenken [2444] desselben hat sich noch auf einigen Münzen erhalten, wo derselbe nebst ihrem besondern Bildnisse vorgestellet ist. Aen. Vici Cæs. imag. Vespas. ex ære. n. 40. Strada vitæ imp. ex num. n. 66. Tristan. Com. histor. p. 323. Ja, man hat so gar eine Gemme, worauf er vorkömmt. Borioni Coll. ant. Rom. t. 37. Von diesem Bildnisse und ihrer Verehrung daselbst, sieh Paphia. Es war aber ihr Dienst nicht aller Orten einerley. An einigen brachte man ihr nur Räuchwerk, und es kam kein Blut auf ihren Altar; an andern dagegen schlachtete man ihr eine weisse Ziege. Von Thieren waren ihr die Sperlinge, wegen ihrer Geilheit, und die Tauben, wegen ihrer Fruchtbarkeit, wie nichts weniger die Schwäne, wegen ihrer schönen weissen Farbe, gewiedmet. Ferner waren ihr der Reiger, die Jynges, die Phalerides, und von den Fischen die Aphyä, die Chrysophryes, und die esthenacischen Muscheln; von Bäumen und Pflanzen aber die Rosen, die Myrthen, die Lilien, die Aepfelbäume, u.s.f. heilig. Voss. Theol gent. l. IX. c. 26. Ihr wurden von den Thieren insonderheit die Keulen geopfert; und, ob wohl einige wollen, daß ihr durchaus nichts von Schweinen gebracht werden dürfen, weil eins ihren Liebling, Adonis, umgebracht: Phurnut. de N.D. c. 24. Pausan. Corinth. c. 10. p. 103. so erweisen doch andere das Gegentheil. Athen. & Aristoph ap. Voss. l. c. Sonst glaubet man, daß ihr Dienst aus Syrien nach Cypern, und von da nach Griechenland gekommen. Cleric. ad Hesiod. Theog. v. 192. Insonderheit war zu Korinth ihr Tempel überaus reich, und sie hatte darinnen über tausend Frauenspersonen, welche ihrem Dienste gewiedmet waren. Strabo I. VIII. p. 378. Schol. Aristoph. ad Plutum. v. 149. Endlich kam er auch nach Rom. Dieß geschah aber ziemlich spät. Denn ob man gleich vorgab, daß ihr schon Romulus den zweyten Monat gewiedmet, und nach ihr April oder Aphril, von ihrer Herkunft aus dem Schaume αφρὸς genannt hätte: so behaupteten doch andere, daß weder [2445] ihr griechischer noch römischer Namen zu Zeiten der Könige den Römern bekannt gewesen. Macrob. Saturn. l. I. c. 12. p. 243. Doch erhielt sie daselbst mit der Zeit einen Tempel in der III Region, einen in der IV, zweene in der V, zweene in der VI, fünfe in der VIII, einen in der IX, zweene in der XI, und einen in der XII, daß sie also auf die funfzehn große und kleine Tempel zusammen hatte. Merula Cosmograph. P. II. l. IV. c. 22.
8 §. Beynamen. Nach diesen wurde sie unter andern genannt:
Amathuntia, Amathusia, Amica,
Anadyomene, Anosia, Apaturia,
Aphacitis, Aphrodite, Apostrophia,
Epistrophia, Erycina, Euplœa,
Mechanitis, Melanis, Mesinæa,
Praxis, Schœnis, Sieyonia,
Man sehe einer jeden Artikel.
9 §. Eigentliche Historie. Einige verstehen unter ihr die Astarte, ein ehemaliges syrisches Frauenzimmer. Cleric. ap. Banier Entret. VII. ou P. I. v. 175. Ban. Erl. der Götterl. III B. 289 S. Andere halten sie nur für eine Buhlschaft des Königes Cinyras, in Cypern, welcher ihr, aus übertriebener Liebe, selbst einen Tempel errichtet. Iul. Firmic. ap. Muncker. ad Albric. c. 5. Man machet sie auch wohl nur zu einer gemeinen Metze in besagter Insel, welche, damit sie es nicht allein wäre, auch andere Frauenspersonen zu dergleichen Lebensart beredet haben soll. Lactant. Instit. l. II. c. 17. §. 10. Daß sie aus dem Meere entsprossen, soll bloß anzeigen, daß ihr Dienst von den syrischen Küsten nach Cypern und [2446] so weiter gekommen. Ban. Erl. der Götterl. I B. 126 S. u. III B. 290 S.
10 §. Anderweitige Deutung. Nach einigen soll sie bloß ein Bild der natürlichen Zeugung der lebendigen Dinge seyn. Phurnut. de N.D. c. 24. Man hält sie für eine Tochter des Himmels, sofern sie nämlich die Liebe zu Gott, gegen das Vaterland, fromme Leute und die Tugend bemerket. Es durfte ihr kein Wein geopfert werden, weil aus solchem die Ueppigkeit entspringt. Sie sollte eine Tochter des Jupiters und der Dione seyn, weil die Liebe aus der Wärme und Feuchtigkeit entsteht; sie wurde von dem Vulcan und Mars geliebet, weil die Wärme die Liebe erreget, die Solda ten aber solche frey ausüben. Ihren Wagen ziehen Schwäne, weil die Reinlichkeit die Liebe an sich zieht; allein, auch Tauben und Sperlinge, weil sich diese Vögel gern paaren. Sie trägt einen Rosenkranz, weil diese Bluhmen schön und angenehm sind, allein auch bald verwelken, und den sie abpflückenden zuweilen verwunden; wie die Liebe oft auch bald vergeht, und das Gemüth verletzet. Sie wird nackend gebildet, weil sie ihre Verehrer oft nackend und arm macht, oder die Geheimnisse entdecket, oder auch die Blöße zur Liebe reizet. Fulgent. Chartar. & Natal. ap. Masen. Spec. ver. occ. c. XXIV. n. 14. u.s.w.
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