Dominicus, S. (7)

[775] 7S. Dominicus, Fundator Ordinis Praedicatorum et Conf. (4. Aug. al. 24. Mai). Wie der Herr den hl. Apostel Paulus als besonderes Rüstzeug zur Verbreitung seines Namens unter den Heiden auserwählt, so hat Er auch im Laufe der Jahrhunderte, besonders in Zeiten der Bedrängnisse Seiner Kirche, stets Männer erweckt, welche wie Felsen des Glaubens dastanden und durch ihre ganze Erscheinung den Gang der Ereignisse zum Wohle der Menschheit und zur Glorie Jesu Christi lenkten und beherrschten. Unter diesen gottberufenen Männern nimmt der hl. Dominicus, der Stifter des Predigerordens (nach ihm auch Dominicaner genannt), eine vorzügliche Stelle ein, indem er zu einer Zeit auf dem Schauplatze erschien, in welcher das Gift der Ketzerei unter den Gläubigen wüthete, und halb Frankreich, wenigstens die südliche Hälfte desselben, zerfraß. Nach der Mitte des 12. Jahrhunderts drohte nämlich eine gewaltige Krisis für die Kirche, eine Krisis, welche nicht minder bedenklich war, als jene, die acht Jahrhunderte früher durch die gleichzeitig sich erhebenden Arianer, Pelagianer und Manichäer herbeigeführt wurde. Von diesen letztern hatten sich Keime in den Landschaften des Euphrat bis zu deren Unterjochung durch den Islam erhalten, von wo sie nach Kleinasien vordrangen, dann durch die byzantinischen Kaiser in die Bulgarei versetzt wurden, hierauf im Anfange des 11. Jahrhunderts in die verschiedenen Länder des Abendlandes sich einschlichen und, wie sie in mancherlei Lehrmeinungen sich spalteten, so auch mancherlei Benennungen erhielten, von denen die Namen Katharer25 und Patarener die gewöhnlichsten waren. Bei großer Betriebsamkeit, auf allen Wegen und durch alle Mittel ihre Irrlehren zu verbreiten und die Gemüther gegen die Kirche einzunehmen, hatten sie bis zur Zeit des Papstes Alexander III. eine bedenkliche Verbreitung genommen, so daß man sie in Spanien, Nordfrankreich, in England, Deutschland (zumal im Rheingebiet), in der Lombardei, in einigen Städten des Kirchenstaates, vor allem [775] aber im südlichen Frankreich findet, welches vorzüglich ihnen gehörte. Hier vereinigten sich mit ihnen die gleich nach Alexanders III. Tod entstandenen Waldenser,26 welche zwar weniger in dogmatischer Beziehung, vollkommen aber in der Verwerfung der Disciplin und des Regiments der Kirche mit ihnen übereinstimmten. Ihre Vereinigung hat von der Landschaft und Stadt Albi (Albiga) im südlichen Frankreich, worin dieselbe vorzüglich ihren Sitz hatten, nachmals den Namen Albigenser erhalten, so daß man sich unter diesem Namen weniger eine abgeschlossene Schattirung von Irrgläubigen, als eine Verbindung von Gegnern der Kirche nach allen Beziehungen, aber mit vorherrschend patarenischen Meinungen, zu denken hat. Die Päpste waren bei dieser Gefahr für den Glauben so Vieler nicht unthätig. Sie ordneten Legaten, bestellten Missionen, erließen Verfügungen; allein alles vergeblich. Da erweckte Gott zur Heilung der Gebrechen zwei Männer, nämlich den hl. Dominicus und 12 Jahre später den hl. Franciscus, welche in der Geschichte der Kirche zu den merkwürdigsten Erscheinungen gehören und welche Beide, wenn immerhin in verschiedener, aber dennoch verwandter, weil derselben Wurzel entsprossenen Weise, diejenigen Mittel anwendeten, deren die Zeit damals zur Heilung bedurfte, zugleich aber nicht blos für diese, sondern auch auf eine ferne Zukunft segensreich wirkten. – Nach dieser kurzen Darstellung der Zeitverhältnisse, bei welcher wir besonders Hurter's »Geschichte des Papstes Innocenz III.« (20. Buch, 10. Cap.) und Welte's Kirchen-Lexikon etc. benützten, wollen wir nun auf die Lebensbeschreibung des hl. Dominicus übergehen. Derselbe wurde im Jahre 1170 zu Calaruega (Calaroga), einem Flecken des Bisthums Osma in Altcastilien (Spanien) geboren, und seine Eltern hießen Felix und Johanna. Man hat ihn aus der Familie Guzman stammen lassen, die, durch ihre Verbindung mit mehreren königlichen Häusern berühmt, heutzutage noch besteht und mit den Herzogen von Medina-Sidonia und Medina de la Torres und Andern einen gemeinschaftlichen Ursprung haben soll; allein diese adelige Abstammung unsers Heiligen ist um so zweifelhafter, als die Lebensbeschreibungen seiner Zeitgenossen nichts von einem solchen Adel wissen, vielmehr nur berichten, er stamme von frommen und ehrbaren (honestis) Eltern ab, und als es ausgemacht ist, daß diese Meinung von seiner adeligen Geburt erst nach der Mitte des 16. Jahrhunderts in die Breviere des Ordens und von da in's römische Brevier Aufnahme fand. Als seine Mutter mit Dominicus, der ihr dritter Sohn war, gesegneten Leibes ging, träumte ihr einst, sie bringe einen kleinen Hund zur Welt, der mit einer bennenden Fackel, welche er im Munde trug, die Welt erleuchtete, was als große Vorbedeutung sich erwies, indem er durch seine Predigten und seinen unbeschränkten Seeleneifer, besonders durch die Stiftung seines Ordens, wirklich ein weithin leuchtendes Licht wurde. Uebrigens gibt Jordanus von Sachsen, sein Zeitgenosse und Lebensbeschreiber, diesen Traum anders. Nach ihm erschien nämlich der Mutter im Traume ein Kind, welches einen Stern auf der Stirne hatte und damit die ganze Welt erleuchtete. Letzterer Traum (vom Kinde mit einem Stern auf der Stirne) wird von einem andern Lebensbeschreiber, der eben so großes Gewicht wie Jordanus hat, der Taufpathin unsers Heiligen zugeschrieben, und es dürfte höchst wahrscheinlich seyn, daß bei Jordanus unter der Mutter, welche diesen Traum gehabt hat, die geistliche Mutter, nämlich die Taufpathin, zu verstehen sei. Beinebens müssen wir bemerken, daß die Nachrichten über den hl. Dominicus, soweit sie von spätern Schriftstellern herrühren, nicht selten höchst fabelhaft sind. Nicht nur lassen sie seine Geburt Jahrhunderte voraus vorherverkündigt [776] werden, sondern sie behaupten unter vielem Andern auch, er sei wie Johannes Baptista im Mutterleibe geheiligt worden, und schrieben ihm ohne allen historischen Grund die albernsten Wunder zu. Wir haben uns daher vorgenommen, in unserm Berichte, der ohnehin nur ganz kurz seyn kann, nichts aufzunehmen, was nicht in den bewährten Lebensbeschreibungen unsers Heiligen enthalten ist.27 Was aus dem Kinde, das sie unter dem Herzen trug, werden solle, wurde der Mutter bald noch deutlicher; denn als sie einst in der Kirche des hl. Dominicus von Silos für eine glückliche Niederkunft eine neuntägige Andacht verrichtete, erschien ihr der Heilige und versicherte, sie werde glücklich einen Sohn gebären, der die Welt erleuchten und die Kirche Gottes sehr erfreuen werde; weßwegen dann unser Heiliger in der heil. Taufe nach ihm den Namen Dominicus erhielt (s. S. Dominicus11).28 Der hl. Dominicus hatte noch zwei ältere Brüder, wovon der Aelteste Anton hieß, später Priester wurde und dann in einem Spitale, wo er sich dem Dienste der Kranken gewidmet hatte, im Rufe der Heiligkeit starb. Mamez (Manes, Manees), der Zweitgeborene, trat später in den von unserm Heiligen gestifteten Orden und begleitete ihn auf seinen Missionsreisen. Unsers Heiligen erster Lehrer war der Oheim von mütterlicher Seite, ein Erzpriester zu Cumiel Yçan (in Ecclesia Gumielis lsanensis), zu dem er in seinem siebenten Jahre kam, und mit dem er immer dem Gottesdienste beiwohnte, nachdem er die gehörige Zeit zum Studium und zur Erfüllung seiner andern Pflichten verwendet hatte. Als er 14 Jahre alt war, schickte man ihn auf die öffentliche Schule von Palencia (nicht Valencia, wie Einige haben), die kur; nachher nach Salamanca verlegt wurde, und wo er schnelle Fortschritte in der Rhetorik, Philosophie und Theologie machte und vollkommene Kenntniß der heil. Schrift und der heil. Väter erwarb. Einen Beweis, wie er frühe schon den Geist Jesu Chisti zu dem seinigen gemacht, gab er hier zu Palencia (Palantia), da er bei eingetretener Hungersnoth seine Bücher und Geräthschaften verkaufte, um aus deren Erlös die Armen zu unterstützen; ja einmal wollte er eine Frau in ihrem Kummer über die Gefangenschaft ihres Sohnes bei den Saracenen dadurch trösten, daß er sich selbst zu verkaufen geneigt war, um ihr hiedurch das Lösegeld zu verschaffen, was aber die Frau nicht annahm. Nach Beendigung seiner Studien und zu verschiedenen Graden befördert, hielt er zu Palencia öffentliche Vorlesungen über die heil. Schrift und verkündete daselbst das Wort Gottes mit so erstaunlichem Erfolge, daß auch verstockte Sünder durch seine Predigten gerührt und bekehrt wurden; denn was seine Reden nicht zu Stande brachten, das erwirkten seine Thränen, die er vergoß, und die Bußübungen, die er für sie übernahm. So viel Eifer und Lust erwarben ihm, da er kaum 24 Jahre alt war, allgemein den Ruf des erhabensten Seelenführers in Sachen des Heils, und er wurde denn auch hierin von Vielen zu Rathe gezogen. Um dieselbe Zeit wollte Don Diego von Asebes (Didacus de Azevedo). Bischof von Osma (1186–1202), die Chorherren seiner Kirche reformiren und in dieser Absicht die Regel des hl. Augustin unter ihnen einführen. Um seinen Plan durchzusetzen, warf er sein Auge auf den hl. Dominicus als den Tüchtigsten hiezu, und berief ihn zu diesem Werke, da er ohnehin seiner Diöcese angehörte. Kaum hatte dieser den Willen seines Oberhirten vernommen, so begab er sich nach Osma, um dort das Chorherrenkleid anzuziehen, im Jahre 1199 (nach Andern 1195). Obschon er nichts als sein Aeußeres änderte, so schien er doch durch den Eifer, womit er nach der Vollkommenheit seines Standes trachtete, ein ganz neuer Mensch zu seyn, und [777] glänzte wie ein neues Gestirn in der Kirche zu Osma. Dieses sein heil. Beispiel erbaute Alle und bewog sie, ihn, zwar wider seinen Willen, zu ihrem Subprior, welches in Osma die erste Stelle nach dem Bischofe war, zu erwählen. Der Heilige unterstützte auch den Oberhirten in der Leitung seiner Diöcese und predigte fünf Jahre daselbst mit eben so viel Frucht als Eifer. Bei seinem Streben nach eigener Entsündigung und Heiligung entflammte er in seinem Herzen immer mehr das Feuer der göttlichen Liebe, besonders in Hinsicht auf das Heil der Sünder und Ungläubigen. Oft flehte er um ihre Bekehrung zum Vater der Erbarmungen und brachte ganze Nächte am Fuße der Altäre zu. Dieß geschah bis zum Jahre 1203 oder 1204, wo sich eine Gelegenheit gab, seinem Eifer für das Heil der Seelen eine angemessene Richtung zu geben. Da nämlich der Bischof von Osma von König Alphons IX. von Castilien den Auftrag erhielt, die Vermählung des Prinzen Ferdinand, seines Sohnes, mit der Tochter des Grafen de la Marche in Frankreich zu unterhandeln, nahm er unsern Heiligen zur Begleitung mit sich. In Frankreich angelangt, kamen sie nach Languedoc, welches damals mit Albigensern angefüllt war. Auch derjenige, bei dem sie zu Toulouse wohnten, war von den Irrthümern derselben angesteckt, wurde aber vom hl. Dominicus in Einer Nacht bekehrt. Der Anblick so vieler Tausende von Verirrten, sowie der Umstand, daß sie bei einer zweiten Reise, die sie von Spanien nach Toulouse in der Absicht machten, um die Prinzessin abzuholen, diese todt fanden, wodurch ihnen die Eitelkeit der Dinge recht zu Gemüthe geführt wurde, brachte im Bischofe und seinem Begleiter den Entschluß hervor, in Frankreich zu bleiben und an der Bekehrung der Irrgläubigen zu arbeiten. Sie schickten daher ihre übrige Begleitung nach Spanien zurück und reisten nach Rom, um vom Papste Innocenz III. die Erlaubniß zu begehren, in Languedoc zu bleiben und daselbst an der Bekehrung der Albigenser zu arbeiten. Der Papst lobte ihren Eifer und erlaubte dem Bischofe, zwei Jahre von seiner Diöcese fern zu bleiben. Aus Italien zurückgekehrt, besuchten sie aus Andacht das Kloster Citeaux (Cisterz) bei Dijon, welches so viele Heilige hervorgebracht hatte, und kamen im Jahre 1205 nach Montpellier (Mons Pessulanus), wo sie mehrere Cistercienser-Aebte fanden, denen der Papst den Auftrag ertheilt hatte, sich den herrschenden Irrthümern zu widersetzen, die aber, weil sie keinen Nutzen stifteten, schon im Begriffe waren, ihre Sache aufzugeben. Da hielt sie der fromme Bischof auf mit den Worten: »Nicht so, meine Brüder, nicht so müßt ihr es angehen. Mit That und Beispiel muß man solche Menschen, die mit ihren Verdiensten prahlen, zurückführen; mit bloßen Worten ist's nicht möglich. Thut also, wie ich thue.« Er schickte auch wirklich (und mit ihm der hl. Dominicus) alle seine Pferde und sein beträchtliches Reise-Gepäcke fort, und ihrem Beispiele folgten die Aebte. Die Glaubensprediger sahen nun wohl die Gefahr und die Schwierigkeit ihres Unternehmens; allein sie waren fest überzeugt, daß ihre Mühe reichlich entschädigt würde, wenn sie das Heil nur einer einzigen Seele bewirken oder ihr Leben für Jesus Christus aufopfern könnten. Sie waren daher ohne alle Furcht, obwohl das Uebel auf das Höchste gestiegen war; denn die Irrgläubigen, nicht zufrieden, Schrecken und Verwirrung im eigenen Lande zu verbreiten, ergoßen sich in Schaaren von 4- bis 5000 Mann in mehrere Provinzen, plünderten Städte und Dörfer, ermordeten die Priester, zertrümmerten die Kirchen und gingen in ihrer Wuth soweit, daß sie den Altarschmuck zu Weiberkleidern mißbrauchten. Der hl. Dominicus versuchte es, mit dem Worte Gottes dem wüthenden Strome Einhalt zu thun, und schon die erste Unterredung hatte den Erfolg, daß die beiden Männer, der hl. Dominicus und sein heiligmäßiger Bischof Didacus, in Montreal (Mons regalis) 150 Irrgläubige bekehrten. Der Heilige verfaßte nun eine kurze Darstellung des Glaubens, und bewies darin jeden Punct durch Stellen aus der hl. Schrift. Diese Schrift übergab er den Vornehmsten der Albigenser zur Prüfung; diese aber warfen sie in's Feuer, indem sie sagten, daß sie, wofern dieselbe verbrenne, die darin enthaltene Lehre als falsch ansehen wollten. Doch die Schrift wurde vom Feuer gar nicht beschädigt und blieb auch unversehrt, als sie zum zweiten- und drittenmale in die Flammen geworfen wurde. Dieß Wunder erbitterte zwar Viele noch mehr; doch bekehrte sich auch eine große Anzahl beiderlei Geschlechts, als dieses Wunder sich zu Fanjeur (Fanum Jovis) abermals wiederholte. –. Besonders[778] war der hl. Dominicus von Schmerz durchdrungen, da er sah, daß die Kinder der (namentlich in gemischten Ehen lebenden) Katholiken keine Gelegenheit hatten, eine gute Erziehung zu erhalten, woraus sich als Folge ergab, daß sie entweder in ihrer Tugend vernachläßigt wurden, oder in die Hände der Irrlehrer verfielen. Er suchte daher ein Mittel, diesem Uebelstande abzuhelfen. Unterstützt von der Freigebigkeit mehrerer Bischöfe, besonders durch den Beistand des Bischofs Fulco von Toulouse, gründete er schon im J. 1204 oder 1205 für solche Kinder eine Zufluchtsstätte in dem unfern von Carcassone liegenden Dorfe Prouille (Pruillium) bei Fanjeur, und dieses Haus wurde nachher immer als die Wiege und der Hauptort der Klosterfrauen von der Regel des hl. Dominicus angesehen. Im Jahre 1205 (nach Andern 1207) fand zwischen den Missionären und den Irrgläubigen in dem Palaste des Grafen Raimund Roger von Foix, der beide Theile zur Tafel geladen hatte, eine Unterredung statt, und endigte zum Vortheile der Wahrheit, indem mehrere ausgezeichnete Personen dem Irrthum entsagten. Nach dieser Unterredung kehrte der Bischof von Osma, da die vom Papste ihm gestatteten zwei Jahre abgelaufen waren, in seine Diöcese zurück und bestellte den hl. Dominicus zu seinem Nachfolger, der sich aber bald allein sah, indem sich auch die Cistercienser-Aebte zu den Ihrigen zurückbegaben. Nachdem Graf Raimund von Toulouse den Glaubensboten Petrus von Castelnau oder Chateau-Neuf, welcher als Legat des heil. Stuhles zur Bekehrung der Irrgläubigen abgesendet war, durch zwei Bösewichter, von denen Einer ein Bedienter des Grafen, hatte ermorden lassen, wurde Dominicus von Papst Innocenz III. zum bleibenden Prediger in Südfrankreich bestellt und wirkte nun zehn Jahre lang mit dem segensreichsten Erfolge, selbst in den Kriegen, welche gegen die Albigenser ausgebrochen waren. Zwar stand er den Leitern des Krieges persönlich nahe; allein an den Kriegen selbst und dessen Gräueln blieb er unbetheiligt; nur die Kraft seines Wortes und seines Lebens, eine unüberwindliche Geduld und Sanftmuth, die Waffen des Gebetes und höherer Beglaubigung setzte er dem Irrthume entgegen. – Doch auch noch anderer Mittel bediente er sich; denn um diese Zeit soll er nach der gangbaren, jedoch nicht unbestrittenen Ueberlieferung (vgl. Boll. I. Tom. Aug. pag. 425–437) die Gebetsweise des Rosenkranzes angeordnet und verbreitet29 und eine andere Anstalt, nachmals [779] bekannt unter dem Namen des »dritten Ordens«, der mehr für Weltleute war, gestiftet haben. Der hl. Dominicus trug allzeit das Kleid der regulirten Chorherren des hl. Augustin, deren Regel er befolgte; aber allmählig fühlte er, das nachhaltigste Mittel zur Reinerhaltung des Glaubens und zur Besiegung des Irrthums bestehe in der fortgesetzten Verkündigung der Wahrheit durch würdige Diener, und er ging daher mit dem Gedanken um, einen Orden zu stiften, der auf eigenthümliche Weise das Mönchsleben mit dem Berufe des Weltpriesters verbinden und so die im Kloster zu erlangende höhere Wissenschaft und Tugend zum Seelenheile des Nächsten fruchtbar verwenden sollte. Die hohe Wichtigkeit eines solchen Ordens als einer bleibenden Gesellschaft zur Verkündigung katholischer Wahrheit in diesem Lande, drängte sich ihm im Laufe der Zeit immer mehr auf, und er hielt es daher für eine Nothwendigkeit, einen solchen zu gründen. Lange Zeit betete er, um den Willen Gottes zu erfahren, und theilte seinen Plan auch den Bischöfen von Languedoc und der Provence mit, die demselben freudig zustimmten und auf dessen Ausführung drangen. In dieser Absicht versammelte er im Jahre 1215 zu Toulouse sechzehn Gefährten, die gleicher Gesinnung mit ihm waren, und begab sich, nachdem durch die Freigebigkeit des Bischofs Fulco von Toulouse durch Anweisung auf einen Theil der Zehenten der äußere Bestand gesichert war, sofort nach Rom, um beim Papst Innocenz III. die Genehmigung zu erwirken, und dieser ertheilte dem Vorhaben des hl. Dominicus auch die gebührende Anerkennung. Zwar berichten Theodorich von Orvieto und Vincenz von Beauvais, daß der Papst anfangs einiges Bedenken getragen habe, den neuen Orden gut zu heißen; allein der gottselige Jordan versichert, daß er sogleich mündlich den vom hl. Dominicus vorgeschlagenen Orden gut geheißen und ihm befohlen habe, die Regeln desselben aufzusetzen, damit er sie näher prüfen könne. Im Anfange des Jahres 1216 heimgekehrt, wählte er mit seinen Gefährten die Regel des hl. Augustin, und fügte noch Einiges aus den Satzungen des hl. Norbert (Prämonstratenser) bei. Inzwischen war Honorius III. auf den päpstlichen Stuhl erhoben worden, und Dominicus eilte im September 1216 abermals nach Rom, um die Bestätigung seiner Gesellschaft zu erhalten. Dieselbe ward ihm leicht gewährt; nur fügte der Papst den Gnadenbewilligungen, deren die andern Orden sich erfreuten, die Verpflichtung zum Predigen bei, wovon die Gesellschaft nachmals die ausschließliche Benennung des Prediger-Ordens erhielt. Der Papst behielt den Heiligen mehrere Monate in Rom zurück, wo er dann ein männliches und ein weibliches Kloster seines Ordens gründete, und beauftragte ihn, in dieser Stadt zu predigen. Derselbe entsprach diesem Auftrage mit vielem Erfolge, und stellte dem Papste vor, es gebe ein leichtes Mittel, seine Hofbediensteten zu unterrichten, wenn er nämlich in seinem Palaste einen Lehrer für die auf die Religion sich beziehenden Kenntnisse anstellen wollte. Der Papst trat seinen Ansichten bei und setzte das Amt eines Magister sacri palatii ein. Er bewog zugleich den hl. Dominicus, diese Stelle anzunehmen, und seither bis auf den heutigen Tag wird dieselbe von einem Dominicaner versehen.30 Als er vom Papste die Erlaubniß erhalten hatte, im Monat Mai des folgenden Jahres 1217 nach Toulouse zurückzukehren, bestrebte er sich, seine Ordensgenossen zur Uebung des innern Lebens anzuleiten und sie zu vortrefflichen Predigern heranzubilden. Am Mariä Himmelfahrtstage des Jahres 1217 sammelte Dominicus in der Kirche seines geliebten Prouille die sechszehn Gefährten, die sich bis jetzt an ihn angeschlossen hatten, um sich. Von diesen sandte er vier nach Spanien und sieben nach Paris, wo sie die erste Niederlassung gründeten, und von dem (nach Jahrhunderten so berüchtigt gewordenen) Hause, in welchem die nach St. Jakob von Compostella wallenden Pilger sonst Herberge fanden, den Namen Jakobinen erhielten. Dominicus selbst ging im folgenden Jahre nach Spanien, und erwarb seiner Genossenschaft zu Sevilla das [780] erste Haus in diesem Lande. Es ist erstaunenswerth, wie schnell dieselbe nach allen Ländern sich verbreitete, obwohl unermüdliche Thätigkeit die Aufgabe, und Armuth das Loos der Eintretenden war. Denn schon auf dem ersten Generalcapitel zu Bologna im Jahre 1220 zerschnitt Dominicus eine ihm zugestellte Schenkungsurkunde vor den Augen des Bischofs und ließ den Beschluß fassen, daß kein Besitz dürfe angenommen werden. Schon im folgenden Jahre stieg die Anzahl der Klöster auf 60, die in acht Landschaften, jede unter einem Landmeister, eingetheilt wurden und über denen der oberste Meister, neben ihm einige der bewährtesten Brüder, später Ordner oder Definitoren (Entscheider) genannt, stehen sollten. Sobald er hoffen konnte, seinem Orden die erforderliche Festigkeit verliehen zu haben, war Dominicus willens, unter die Kumanen (in Ungarn) zu gehen, um auch dort das Evangelium zu verkünden; allein Gott hatte es anders beschlossen. Nach Beendigung des zweiten Generalcapitels (1221), in welchem Bruder Jordanus, der Verfasser seines Lebens, zum obersten Meister ernannt worden war, ging er nach Venedig und zu Ende des Monats Juli zurück nach Bologna. Hier wurde er von einer Diarrhöe befallen, welche schnell seine Kräfte verzehrte. Als er merkte, daß sein Lebensende herannahe, ermahnte er die Novizen zur Gottesfurcht, zur christlichen Liebe und zum Festhalten an den Ordenssatzungen; zwölf Brüdern bezeugte er seine stets unbefleckt bewahrte Reinheit und forderte sie zu Gleichem auf,31 wornach er seinen Orden Gottes Schutz und Obhut empfahl. Seine letzten Worte waren: »Habet Liebe, bewahret die Demuth, trennt euch nicht von freiwilliger Armuth.« Dann ließ er sich zur Erde auf Asche legen, empfing in härenem Gewande und mit dem eisernen Bußgürtel umgeben den Leib des Herrn und verschied am 6. August 1221 um die Mittagsstunde, in seinem 51. Lebensjahre. Kaum hatte der Cardinal Hugolin seinen Tod erfahren, so begab er sich nach Bologna, veranstaltete sein Leichenbegängniß und fertigte seine Grabschrift. Durch seine Fürbitte geschahen viele Wunder, deren Wahrheit durch Augenzeugen bekräftigt wurde und die man in der Sammlung der Bollandisten angegeben findet. Zwölf Jahre nach seinem Tode wurde sein Leib feierlich erhoben und auf Befehl des Papstes Gregor IX. (des zuvor genannten Hugolin) in der Kirche beigesetzt. Im Jahre 1473 wurde er in ein Grabmal gebracht, das, sowie die Kirche, in welcher es sich findet, von Kennern wegen seines Reichthums und seiner Schönheit bewundert wird. Derselbe Papst Gregor IX. versetzte ihn im Jahre 1234 unter die Zahl der Heiligen und ordnete, weil auf den 6. August das Fest der Verklärung Christi fällt, seinen Festtag auf den 4. August an, an welchem Tage er im römischen Brevier und nicht nur im allgemeinen Mart. Rom., sondern auch in dem der Basilianer, der Predigermönche und der Capuciner vorkommt. Nach demselben Mart. Rom. wird am 24. Mai eine Translation gefeiert. Der öfter erwähnte Bruder Jordanus, der so viel mit ihm verkehrte, ihn so gründlich kannte, hat von ihm das schöne Zeugniß hinterlassen: »Der Fröhlichkeit schenkte er den Morgen, die Thränen versparte er auf den Abend; den Tag widmete er dem Nächsten, die Nächte Gott, in heller Erkenntniß, daß Gott den Tag zu Werken der Barmherzigkeit, die Nächte zur Danksagung bestimmt habe.« Auf Kirchenbildern wird der hl. Dominicus dargestellt mit dem Reichsapfel und dem Hunde mit der brennenden Fackel, was Bezug auf den oben bezeichneten Traum seiner Mutter hat. Derselbe wird auch dargestellt mit einem Sterne auf der Stirne, mit einer Lilie und einem Buche; zuweilen ist auch ein Sperling bei ihm. Das erste hat Bezug auf den oben angeführten Traum seiner Pathin; die Lilie ist das Sinnbild seiner unversehrten Keuschheit; das Buch das Symbol seines Predigtamtes und was den Sperling betrifft, so wird ein solcher bei ihm abgebildet, weil ihn einmal der Teufel in Gestalt eines Sperlings geärgert haben soll (Menzels Symb. II. 400). In der Regel hat er bei all' den angeführten Attributen einen Nosenkranz bei sich, was sich ebenfalls durch das oben Angeführte erklärt. Nach Menzel (Symb. I. 131) haben sich Bienen auf den Mund des neugebornen hl. Dominicus gesetzt; nach S. 477 liegt auf [781] seinen Bildern manchmal ein todtes Kind zu seinen Füßen, welches er durch Wunderkraft zum Leben erweckte. Nach S. 473 mußte der Teufel dem hl. Dominicus eine brennende Kerze halten, bis sie ihn auf die Finger brannte. – Er ist Patron von Madrid und Cordova in Spanien; nach den Anal. Juris Pontificii (Aprilheft 1855, S. 1406) ist er ein Patron vom Königreich Neapel, und zwar der erste nach dem hl. Januarius.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 1. Augsburg 1858, S. 775-782.
Lizenz:
Faksimiles:
775 | 776 | 777 | 778 | 779 | 780 | 781 | 782
Kategorien:

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Jürg Jenatsch. Eine Bündnergeschichte

Jürg Jenatsch. Eine Bündnergeschichte

Der historische Roman aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges erzählt die Geschichte des protestantischen Pastors Jürg Jenatsch, der sich gegen die Spanier erhebt und nach dem Mord an seiner Frau von Hass und Rache getrieben Oberst des Heeres wird.

188 Seiten, 6.40 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon