Margarita, B. (11)

[135] 11B. Margarita, V. (23. Jan.) Diese Margarita wird in dem allgemeinen Heiligen-Verzeichnisse des Ferrarius »selig« genannt. Eben diesen Titel führt sie bei andern Autoren. Boll. gibt von ihr eine zweifache Lebensbeschreibung, der wir folgende kurze Skizze entlehnen. Sie war in einem Dorfe zwischen Ravenna und Faenza, Namens Rusci, geboren. Von ihren Eltern, die sehr arm gewesen zu seyn scheinen, ist nichts erwähnt. Mit drei Jahren wurde das Mädchen blind, gab aber bald die sichersten Kennzeichen künftiger Heiligkeit. Als sie das siebente Jahr erreicht hatte, fing sie schon an, sich von Fleisch- und Eierspeisen gänzlich zu enthalten, und täglich nur einmal, mit Ausnahme der Sonn- und Festtage, zu essen. Später verschärfte sie diese Enthaltsamkeit in der Art, daß sie meistens nur Wasser und Brod genoß. Sie schlief nie in einem Bett, sondern immer entweder auf dem bloßen Boden oder auf Stroh, ging stets mit bloßen Füßen, betete und wachte viel. Ihr thätiges Leben bestand in dem Unterrichte und der Erziehung des weiblichen Geschlechtes, vorab der in die Welt eintretenden Jungfrauen. Sie gründete eine Congregation von Frauen, genannt zum »guten Jesus«, die unter ihrer Leitung, ohne gemeinschaftlich zu wohnen, nach gemeinsamen Grundsätzen der Vollkommenheit nachstrebten. Sie selbst wohnte größtentheils, namentlich aber die letzten 14 Jahre ihres Lebens, bei einem Gutsbesitzer in Ravenna, Namens Orioli. Von den Mitgliedern ihrer Congregation verlangte sie unter anderm, »sie sollen sich Mühe geben, gut zu seyn, nicht zu scheinen, alle müssigen Reden meiden, besonders solche, die weder für sie selbst, noch für den Nächsten nützlich sind, und sich nie mit Neuigkeiten und Klatsch befassen; sie sollen von ihrem Nächsten immer das Beste denken, über ihre Fehler nicht urtheilen, sondern stets mit Verbesserung der eigenen Neigungen sich befassen; sie sollen die eitle Ehrbegierde, welche wie der Kornwurm die besten Früchte verdirbt, mehr als Alles fliehen, und deßhalb nicht bloß alle offenbar bösen Gedanken unterdrücken, sondern ihrem Beichtvater ihre Gedanken überhaupt offenbaren.« (Reg. VI-XI.) Weiterhin trug sie ihnen auf, »zufrieden zu seyn mit dem Stande, zu welchem sie berufen sind: eine Jungfrau muß demüthig und keusch seyn, nicht bloß dem Leibe, sondern auch der Gesinnung nach; eine Wittwe deßgleichen, und soll insbesondere sich vor Schwätzereien und Ehrabschneidungen hüten; eine Ehefrau soll stets den Frieden suchen und pflegen und in Allem dem Manne unterwürfig sein, ohne jedoch etwas zu thun, was Gott zuwider ist.« (Reg. XV-XVI.) Eine ihrer eifrigsten Schülerinnen war die schon beschriebene Gentilis3 (II. 380). Auch Männer, und selbst Priester, konnten ihrer Genossenschaft beitreten, wenn sie versprachen, nach den obigen Grundsätzen zu leben und einige Allen gemeinsame Liebeswerke, Abtödtungen und Gebete zu üben. Auf diese Art hat sie, obwohl blind, vielen Nutzen gestiftet. Gegen Verleumdungen wie gegen Ehrenbezeugungen verhielt sie sich ganz gleich; beiden verschloß sie den Zugang ihrer Seele; da sie nur für Gott und die Ewigkeit lebte, bemerkte sie kaum die Wunder, die sie durch ihre Gebete an verschiedenen Kranken und Nothleidenden wirkte. So verschied sie, 63 Jahre alt, am 23. Jan. 1505 selig im Herrn. Sie wird dargestellt (Mg.) mit einem Rosenkranz um den Hals, sich auf einen Stock stützend. (II. 548–554).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 135.
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