Richardus, S. (3)

[89] 3S. Richardus, Ep. Conf. (3. April). Dieser hl. Bischof von Chichester (Cicestria) in England (Sussex) war auf dem Schlosse Wiche (Salzbrunnen) in der Diöcese Worcester aus einer zwar adeligen, aber überschuldeten Familie geboren. Sein Vater hieß Richard, seine Mutter Alicia von Wiche. Er zeigte von Kindheit an große, Zurückgezogenheit und ein stilles, mildernstes Wesen. Eine Zeit lang half er seinem Bruder in den häuslichen Geschäften, entsagte aber allen Ansprüchen auf die Heimat und die Eingehung einer Ehe. Ungeachtet großer Armuth war er stets fröhlichen Muthes. Anfangs studirte er zu Oxford (Oxonia), dann zu Paris. Hier bewohnte er mit noch zwei Studenten ein Zimmer. Alle drei waren so arm, daß sie miteinander nur einen Mantel hatten, also nie zu gleicher Zeit ausgehen und die Vorlesungen besuchen konnten. Dazu hatten sie kaum an Sonntagen ein Stückchen Fleisch zu genießen. Doch studirte der junge Engländer so fleißig, daß er zum Magister der Philosophie erklärt wurde, die er nach seiner Heimkehr öffentlich in Oxford vor trug. Bald trieb ihn aber sein Wissensdurst nach Bologna, wo er 7 Jahre kanonisches und römisches Recht studirte. Die dortigen Lehrer gewannen ihn so lieb, daß einer von ihnen ihm seine Tochter zur Frau gegeben hätte, wenn er hätte in Bologna bleiben wollen. Aber er kehrte lieber nach Oxford zurück, wurde Kanzler der Universität, und bald darauf Kanzler des Erzbischofs Edmund von Canterbury. Nach dessen Tod i. J. 1240 begab er sich nach Orleans und hörte bei den Dominicanern Theologie. Zum Priester ordinirt, kehrte er nach Hause zurück und wurde i. J. 1245 zum Bischof von Chichester erwählt. Der König Heinrich III. mißbilligte die Wahl, weil er den Kanzler Edmunds haßte, und sperrte dem neuen Bischofe alle Temporalien, verschloß ihm die bischöfliche Wohnung und entzog ihm so sehr alles und jedes Einkommen, daß er jetzt wieder, wie als Student, an fremdem Tische speisen mußte. Er wohnte bei einem gewissen Simon de Teringe. Erst nach zwei Jahren gab der König dem Drängen und Drohen des Papstes Innocenz IV., den Bitten und Vorstellungen der Bischöfe nach und setzte ihn in den ruhigen Besitz seines Bisthums. Hatte er schon in den Jahren der Bedrängniß seine oberhirtlichen Pflichten mit allem Eifer erfüllt, so that er's jetzt um so lieber, da er im Stande war, mehr Almosen zu geben und andere Werke der Barmherzigkeit zu üben. Er war stets einfach gekleidet, voll Güte gegen Alle, selbst seine Feinde, streng in der Kirchenzucht, besonders gegen ausschweifende Priester, standhaft und geduldig im Unglück, liebevoll gegen seine Unterthanen, ein unversöhnlicher Feind alles Nepotismus, eifrig im Gebete. Selbst auf seinen Reisen las und betrachtete er in geistlichen Büchern, und enthielt sich aller Fleischspeisen. Als ihm einst zur Zeit einer Theuerung gemeldet wurde, daß alle Vorräthe aufgezehrt und kein Geld mehr da wäre, befahl er sein Pferd und alle Kostbarkeiten zu verkaufen und den Erlös zum Ankaufe von Getreide für die Armen zu verwenden. Für sich selbst bedurfte er wenig. Seine Kleider waren rauh und schlecht, seine Nahrung [89] gering und einfach. Wenn er nichts mehr zu geben hatte, so gab er sein Silbergeschirr, damit die Armen es verpfänden könnten, bis er im Stande war, es wieder einzulösen. Unermüdet war er im Unterrichten der Unwissenden, und mahnte allzeit zu Frieden und Eintracht. Für Arme und Krüppelhafte baute und dotirte er ein Spital. Alles wunderte sich, daß er bei so großer und verschwenderischer Wohlthätigkeit immer wieder Geld und Lebensmittel austheilen konnte und erzählte sogar wirkliche Wunder dieser Art. Auf Befehl des Papstes übernahm er auch des gelobten Landes wegen die Kreuzpredigten, wobei er nach Canterbury und nach Dover kam. In letzterer Stadt, wo er dem hl. Edmund zu Ehren eine Kirche und einen Gottesacker weihte, erkrankte er. Sogleich bereitete er sich auf seinen Tod, welcher am 3. April 1253 im 56. Jahre seines Alters im Spitale, God's-Hause genannt, erfolgte. Sein Leichnam hatte eine frische und blühende Farbe wie die eines Lebenden und wurde unter großem Zulauf des Volkes nach Chichester gebracht und daselbst in der altehrwürdigen Kathedrale, vor dem St. Edmundsaltare, den er selbst geweiht hatte, begraben. Schon i. J. 1269, nach Buttler 1262, wurde er, da an seinem Grabe große Wunder geschahen, vom Papste Urban IV. canonisirt. An 10. Juni des Jahres 1276 wurde seine Uebertragung gefeiert. Auf Abbildungen sieht man ihn öfter mit einem Kelche, der zu seinen Füßen liegt. Die Sage erzählt nämlich, der consecrirte Kelch sei einmal seinen Händen entfallen, ohne daß ein Tropfen davon ausfloß. Sonst wird er auch dargestellt als Wohlthäter der Armen z. B. wie er Kleidungsstücke austheilt, als Kirchenerbauer, in welchem Falle ein Plan vor ihm liegt, oder wie er sterbend das Bild des Gekreuzigten umfaßt. Er war auch ein inniger Verehrer der hl. Mutter Gottes, deren Schutz und Hilfe er besonders in seiner Todesstunde so lange für sich anrufen ließ, bis er den Geist aufgegeben hatte. Seine Lebensgeschichte ist von Ralph Bocking, seinem Beichtvater, welcher sie der Gräfin Isabella von Arundel dedicirte, geschrieben. (I. 277.)


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Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 89-90.
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