Verdiana, S.

[660] S Verdiana, V. (1. Febr. al. 19. Juni), diese hl. Jungfrau, sonst auch Viridiana, Verdina und Beridiana genannt, war nach der nicht hinreichend beglaubigten10 Lebensbeschreibung, welche wir nach den Boll. im Auszuge mittheilen, zu Castello Fiorentino (Castellum Florentinum) in Etrurien von armen aber frommen Eltern geboren. Als Jungfrau führte sie das Hauswesen eines reichen Verwandten, Namens Attavanti. Während sie mit aller Treue den häuslichen Geschäften oblag, diente sie zugleich mit Gebeten und Liebeswerken dem himmlischen Herrn. Eines Tags vertheilte sie den ganzen Vorrath an Gemüsen (Bohnen) unter die Armen. Hierüber schmähte der Herr die fromme Geberin in Gegenwart der Dienstboten und Nachbarn. Als er auch am andern Tage noch zu grollen fortfuhr, führte sie ihn zu dem wunderbar wieder gefüllten Kasten, sprechend: »Halte ein mit deinem Zanken, denn Christus hat das, was er in Person der Armen erhalten [660] hat, wieder ersetzt.« Um aller Ehre vor der Welt zu entgehen, machte die Heilige bald darauf eine Wallfahrt nach St. Jakob in Compostella. Von dort zurückgekehrt, entschloß sie sich, auf die Bitten der Ihrigen, in der Heimath zu bleiben. wenn man ihr eine Zelle bauen würde. Unterdessen lebte sie zu Rom drei Jahre lang in Gebeten und heiligen Uebungen. Hierauf kehrte sie nach Castello Fiorentino zurück, wo sie nach abgelegter Beicht das heiligste Altarssakrament empfing und in der Person ihres Pfarrers, der ihr den Schleier gab, dem lieben Gott Gehorsam gelobte. Hernach ward sie in feierlichem Zuge in die für sie erbaute Zelle geführt, deren Eingang alsbald vermauert wurde; nur ein kleines Fenster wurde offen gelassen. Sie trank nie Wein, aß nur wenig und dieß nur nach Sonnenuntergang, schlief auf dem nackten Boden, trug ein härenes Gewand, und einen eisernen Gürtel, und war beständig mit Wachen, Fasten und Beten beschäftiget. Als sie eines Tags betete, Gott möchte ihr zur Uebung in der Tugend Aehnliches wiederfahren lassen, was nach der Legende dem hl. Einsiedler Antonius wiederfahren war, krochen alsbald durch das Fenster ihrer Zelle zwei große Schlangen. worüber sie sich anfangs entsetzte. Doch sie faßte Muth und bezeichnete sich mit dem heiligen Kreuze, worauf die Schlangen ganz harmlos sich ihr zu Füßen legten, und mit ihr aus derselben Schüssel aßen, sie aber auch manchmal mit den Schweifen schlugen und mit ihren Zähnen bissen, ohne daß die Heilige davon einen Schaden litt. Auf solche Weise brachte sie 34 Jahre, nämlich von 1208 bis 1242 in ihrer Zelle zu. Ohne eine besondere Krankheit zu haben, starb sie unter Abbetung der Bußpsalmen. Plötzlich singen alle Glocken von selbst zu läuten an, und ein unmündiges Kind verkündete den Tod der Heiligen. Als man zur Zelle kam und dieselbe erbrach, fand man sie selbst im Tode noch knieend. Ihr Leib wurde in der anstoßenden Kirche begraben, und es begaben sich bei dem Begräbnisse und später bei ihrem Grabe viele Wunder. Nachmals wurde ein Altar unter ihrem Namen geweiht. Einem bestimmten Orden scheint sie nicht angehört zu haben, weßhalb sowohl die Franciscaner als auch die Camaldulenser sie für sich reclamiren. Eine Translation notiren die Boll. aus einem neuern Carthäuser-Martyrol. zum 19. Juni. Auch zu Montaone, nicht weit von Castello Fiorentino. wird die hl. Verdiana als Patronin verehrt. Auf Abbildungen sieht man sie vor dem Crucifixe knieend, von Schlangen umgeben. (I. 255–263.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 660-661.
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