|
[99] 1. Wo sol ich mich hinkehren,
ich tummes brüderlein,[99]
Wie sol ich mich erneren,
mein gut ist vil zu klein,
Als ich ein wesen han,
so mus ich bald davon,
was ich sol hewer verzehren,
das hab ich ferrn verthan.
2. Ich bin zu frü geboren,
ja wo ich hewr hinkomm,
Mein glück das kümpt erst morgen,
hett ich das keyserthumb,
Darzu den zoll am Rhein,
und wer Venedig mein,
so wer es alles verloren,
es müst verschlemmet sein.
3. So wil ichs doch nit sparen,
und ob ichs alles verzehrt,
Und wil darumb nit sorgen,
Gott beschert mir morgen mehr.
Was hülff es das ich lang spar,
vielleicht verleur ichs gar,
solt mirs ein dieb austragen,
es rewet mich noch ein jar.
4. Ich wil mein gut verprassen
mit schlemmen frü und spat,
Und wil ein sorgen lassen,
dem es zu hertzen gat.
Ich nem ein ebenbild,
bey manchem thirlein mild,
es springt auff grüner heide,
Gott behüt jm sein gefild.
5. Ich sich auff breiter heide,
viel manches blümlein stahn,
Das ist so wol bekleidet,
was sorg solt ich denn han,
Wie ich gut uberkom
ich bin noch frisch und jung,[100]
solt mich ein not anlangen,
mein hertz weis nit darumb.
6. Kein grösser freud auff erden ist,
denn gutes leben han,
Mir wird nit mehr zu dieser frist,
denn schlemmen umb und an,
Darzu ein guter mut,
ich reis nicht sehr nach gut,
als mancher reicher bürger,
nach grossem wucher thut.
7. Der gewint fein gut mit schaben,
darzu mit grosser not,
Wenn er sein ruh sol haben,
so leit er sam wer er todt.
So bin ich frisch und jung,
Gott verleihe mir viel der stund,
Gott behüt mich jungen knaben,
das wir (so) kein unmut nich kom.
8. Ich las die vögel sorgen,
in diesem winter kalt,
Wil uns der wirt nit borgen,
mein rock geb ich jm bald,
Das wammes auch darzu,
ich han weder rast noch ruh,
den abend als den morgen,
bis das ichs gar verthu.
9. Steck an die schweinen braten,
darzu die hüner jung,
Darauff wird mir geraten,
ein frischer freyer trunck.
Trag einher külen wein,
und schenck uns tapffer ein,
mir ist ein beut geraten,
die mus verschlemmet sein.
10. Drey würffel und ein karten,
das ist mein wappen frey,[101]
Sechs hübscher frewlein zarte,
an jeglicher seiten drey.
Kom her du schönes weib,
du erfrewest mir mein hertz im leib,
sol ich heut bei dir schlaffen,
mein hertz das wird mir frey.
11. Ich bind mein schwert an die seiten,
und mach mich bald darvon.
Hab ich denn nit zu reiten,
zu fussen mus ich gahn.
Es kan nit sein gleich,
ich bin nit alweg reich,
ich mus der zeit erwarten,
bis ich das glück erschleich.
Buchempfehlung
Nachdem Christian Reuter 1694 von seiner Vermieterin auf die Straße gesetzt wird weil er die Miete nicht bezahlt hat, schreibt er eine Karikatur über den kleinbürgerlichen Lebensstil der Wirtin vom »Göldenen Maulaffen«, die einen Studenten vor die Tür setzt, der seine Miete nicht bezahlt.
40 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro