Weihnachtslied

[198] 1818.


Erklinge, Lied, und werde Schall,

Kling gleich der hellsten Nachtigall,

Kling gleich dem hellsten Lerchenklang

Die ganze, weite Welt entlang.


Kling, Lied, und kling im höchsten Ton:

Es kommt der süße Gottessohn,

Es kommt das helle Himmelskind

Hernieder, wo die Sünder sind.


Er kehrt bei einer Jungfrau ein,

Will eines Weibes Säugling sein,

Der große Herr der ganzen Welt,

Ein Würmlein auf die Erde fällt.


Ein armes Knäblein nackt und bloß,

So liegt er in Marias Schoß;

Der alle Sterne lenken kann,

Fleht eines Weibes Gnade an.


Der eh'r als Erd' und Himmel war,

Das Wort des Vaters rein und klar,

Spricht lieb und freundlich bei uns ein

Und will der Sünder Bruder sein.


So kommt die unermeßne Huld,

Zu tragen unsre schwere Schuld,

Die ewige Liebe steigt von Gott

Zu uns herab für Schmach und Spott.


Des solln wir alle fröhlich sein

Und singen mit den Engelein

Und singen mit der Hirten Schar:

Das ew'ge Heil wird offenbar.
[198]

Des solln wir alle fröhlich sein,

Daß Gott will unser Vater sein,

Und daß der süße Jesus Christ

Heut unser Bruder worden ist.

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 198-199.
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