Elfter Auftritt.

[80] Volpino und Frau von Habicht.

Volpino setzet sich zum Klavier, und Frau von Habicht neben seiner.


FRAU VON HABICHT. A propos liebster Marches! ich höre, daß Sie aus Italien von ihren Onkel sehr günstige Nachrichten erhalten haben.

VOLPIN. O meine Göttinn! meiner Processe geht gut. Er zieht einen Brief aus seiner Tasche, küsset ihre Hand, und übergiebt ihr selben Hier ist der Brief.

FRAU VON HABICHT sie sieht den Briefe an, giebt ihn wieder zurück. Liebster Marchese! ich versteh nicht Wälsch.

VOLPIN nimmt ihn nicht an. Behalten Sie die Brief mein Engele. Lassen Sie sich bey Gelegenheiter selben von der Monsieur Bär verdolmetschen.

FRAU VON HABICHT. Das will ich thun. Steckt den Brief ein.[80]

VOLPIN. Nu! wenn es beliebig, so fangen wir der Recitativo an. – Euer Gnaden singen erstlich nach ihrer eigener Art; dann werde ich Sie ala mia maniera zeigen.

FRAU VON HABICHT. Das gefällt mir: doch un endlich mehr der allerliebste Antrag, den Sie mir durch meine Köchin machen liessen. – Marches! – Sie haben meine Einwilligung, und ich gebe Ihnen mein Wort

VOLPIN er fällt ihr zu Füssen, und küsset ihre Hand. Ah! anima mia! – Sie machen mich zu der allerglückseligsten Geschöpfer, auf die Gottes Erdboden! – Er springt gähe auf, und setzet sich. Doch still! wir mèchten behorchelet werden. – Das mehrere nach die Aria.

Er fängt an das Klavier zu spielen, und Frau von Habicht singt den wälschen Tert fehlerhaft, und wird von Volpin in der Aussprache belehret.


Se piu felice oggetto

Occupa il tuo pensiero,

Taci, non dirmi il vero,

Lasciami nell' error,

VOLPIN. Bravissimo! genug für der erstermal. – Nun angebette Schöne! Heute noch, auf diese Abend, muß unser Versprechen für sich gehen, Lacht. und Monsieur Bär soll wider[81] sein Vermuthen dabey der Beystander abgeben müssen.

FRAU VON HABICHT. Wie? Monsieur Bär soll dabey Zeuge seyn? – das ist die Unmöglichkeit selbst.

VOLPIN. Unmöglichkeit? – hä! für einer Marchese d'Intrighi ist das Kleinigkeiter. – Habe ich dazu schon alles vorbereitet.

FRAU VON HABICHT. Wie so?

VOLPIN. Es wird heute auf die Abend, in der Kuchelrauchfang Feuer entstehen und –

FRAU VON HABICHT. Was! Feuer? – das behüte der Himmel!

VOLPIN. Meiner Meister hat schon davon Nachricht; er wird mit aller Gesellen und Lehrbuber gleich dabey seyn.

FRAU VON HABICHT. Warum aber Feuer?

VOLPIN. Erstlich: weil ein Rauchfangkehrer nur bey solcher Feuer sich der größter Merite machen muß. Zweyter: weil euer Gnaden hiedurch Gelegenheiter bekommen, sich eine Ueblichkeit anzudichten von der Schrocken.

FRAU VON HABICHT. Aber zu was Ende die Ueblichkeit?

VOLPIN. Damit Herr von Bär bey euer Gnaden bleibe, und Sie so lang nicht verlasse, bis meiner Meister die Nachricht bringt: daß der Feuer von mich ganz allein glücklich gedämpfet worden.

FRAU VON HABICHT. Und dann?[82]

VOLPINO. Und dann müssen euer Gnaden sich erholen, und von meiner Meister verlangen, daß ich vor Sie meine Engele! erscheinen solle.

FRAU VON HABICHT. Marches! Sie zu sehen, ist immer mein größtes Vergnügen.

VOLPIN. Dann werde ich kommen in einer nasser Kotze eingewickelet; wie man gewöhnlich durchpassirt, wenn es in die Rauchfanger brennet; und werde euer Gnaden meiner Komplimento machen.

FRAU VON HABICHT. Was habe ich da zu thun?

VOLPIN. Dann müssen euer Gnaden mich vor der Meister und Monsieur Bär, wegen meine geleiste Dienste betoben.

FRAU VON HABICHT. Das werde ich; das kann ich! – und schon Sie mein allerliebster Marches!

VOLPIN. Euer Gnaden! zu große Lobe ist verdächtig.

FRAU VON HABICHT. Sie haben recht. – Nun wenn ich Ihr Lob ausgesprochen?

VOLPIN. Dann müssen euer Gnaden sich eine Gefälligkeiter ausbitten von meine Meister, und von der Monsieur Bär.

FRAU VON HABICHT. Zum Beyspiel!

VOLPIN. Nu eine Gefälligkeiter, die Sie nicht gleich wissen müssen?

FRAU VON HABICHT. Und wenn Beyde diese unbekannte Gefälligkeit accordirt?

VOLPIN. Dann wenden sich euer Gnaden zu mich, und sagen: Lieber Volpin! für dieser grosser[83] Dienst, welchen er mir in dieses Feuergefahr erwiesen hat, empfange er zu die Belohnung meiner Herz und meine Hand, er ist mein zukünftiger Gemahl.

FRAU VON HABICHT sie springt ganz freudig vom Sessel auf, lacht, und läuft im Zimmer herum. Unvergleichlich! unvergleichlich!

VOLPIN. Piano! piano! Sie setzt sich. Hernach müssen Euer Gnaden sich bedanken bey meiner Meister und der Monsieur Bär, für die Gefälligkeiter, daß sie huben bey dieß Versprechen die Beystander abgegeben.

FRAU VON HABICHT. Unschätzbarer Marches! nun gesieh ich, daß Sie unmöglich scheinende Sachen möglich machen. – Was wird aber mit der Fräule geschehen?

VOLPIN. Herzele mein! das lassen Sie meiner Sorge über; sie soll wie der Schnepfer einer langer Nase bekommen. – Für heute ist die Lehrstunde gar.

FRAU VON HABICHT steht auf. Unrergleichlich! Liebster Marches! ich werde alles pünktlich befolgen. – Adieu! unschätzbarer Marches! – mein künftiger allerliebster Gemahl! Adieu! Sie geht in ihr Zimmer.

VOLPIN. Itzt komm ich über dich, Fräulein Nannette! – du wilst auch Marchesinn werden! – Gut, ich werde dich wie deine Stiefelmutter dazu einleiten; – das soll gleich itzt in deine Zimmer geschehen. Er zieht einen Brief aus der[84] Tasche, und steckt ihn wieder ein. Dieses Briefe muß mich bey dich, wie bey deine Stiefelmutter zu der Marchese bestätigen. Er geht in das Zimmer der Fräule ab.


Quelle:
Antonio Salieri: Der Rauchfangkehrer. Wien 1781, S. 80-85.
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