[198] Vil hant zů spyl so grossen glust
Das sie keynr kurtzwil achten sust
Vnd merckent nit / kunfftig verlust
Sunst fynd ich närrscher narren vil
Die all jr freüd hant jnn dem spyl
Meynend / sie möchten leben nit
Soltten sie nit vmbgon do mit
Vnd tag / vnd nacht spyelen / vnd rassen
Mitt karten / würfflen / vnd mit brassen
Die gantz nacht / vß vnd vß sie sässen
Das sie nit schlyeffen oder ässen[199]
Aber man můß gedruncken han
Dann spyel das zündt die leber an
Das man württ dürr / vnd durstes voll
Des morgens so entpfyndt mans wol
Eyner sicht wie die gůten byeren
Der ander spüwet hynder die türen
Der drytt eyn varb / hat an sich gnomē
Als wer er vß dem grab erst kumen
Oder glysßt jnn sym angesicht
Glich als vor tag ein schmidtknecht sicht
Den koppff hat er also gebyent
Das er den gantzen tag vff gyent
Als ob er flyegen vohen wolt /
Keyner verdyenen möcht groß goltt
Das er an eyner predig säß
Eyn stund / vnd er des schloffs vergäß
Er würd den koppff schlagen jnn gören
Als ob der prediger vff solt hören /
Aber jm spyel gar lange zyt
Sitzen / acht man des schloffes nüt /
Vil frowen die sint ouch so blindt
Das sie vergessen wer sie sint
Vnd das verbietten alle recht
Sollich vermyschung beider gschlecht
Die mit den mannen sytzen zamen
Ir zůcht / vnd gschlechtes sich nit schamē
Vnd spyelen / rasslen / spat / vnd frů
Das doch den frowen nit stat zů
Sie soltten an der kunckel läcken
Vnd nit jm spyel byn mannen stäcken
Wann yeder spyelt mit synem glich
Durfft er dest mynder schamen sich
Do Allexanders vatter wolt
Das er vmb gaben louffen solt
Dann er zů louffen vast geng was
Sprach er zů synem vatter das
Billich wär / das ich alles dät
Das mich myn vatter hieß vnd bät[200]
On zwifel ich gern louffen wolt
Wann ich mit künngen louffen solt
Man durfft dar zů nit betten mich
Wann ich hett yemans mynen glich /
Aber es ist yetz dar zů kumen
Das pfaffen / adel / burger / frummen
Setzen an köppels knaben sich
Die jnn nit sint an eren glich
Vor vß die pfaffen mit den leygen
Soltten jr spyel lon vnderwegen
Wann sie echt wol betrachten das
Ir vffsatz / vnd den alten haß
Der Nydthart ist sunst vnder jnn
Der rögt sich mit verlust vnd gwynn
Vnd ouch das jnn verbotten ist
Keyn spyel zů tůn zů aller frist
Wer mit jm selber spyelen kan
Dem gwynnt gar seltten yemans an
Vnd ist on sorg das er verlyer
Oder das man jm flůch böß schwür
Die wile ich aber sagen sol
Was stand eym rechten spyeler wol
Will ich Virgilium har bringen
Der also redt von selben dingen
Veracht das spyel zů aller zytt
Das dich nit btrüb der schäntlich gytt
Dann spiel ist eyn vnsynnig bgyr
Die all vernunfft zerstört jnn dir
Ir dappfern / hüten üwer ere
Das uch das spiel die nit verser
Eyn spieler můß han geltt vnd můt
Ob er verlürt / das han für gůt /
Keyn zorn / flůch / schwür / vß stossen gātz
Wer gelt bringt / der lůg wol der schantz
Da mancher zů dē spiel kumbt schwär
Der doch zůr düren vß gat lär
Wer spielt alleyn durch grossen gwynn
Dem gat es seltten noch sym synn[201]
Der hatt gůt fryd / wer spyelet nit
Wer spyelt der müß vff setzen mitt
Wer all ürten besitzen wil
Vnd sůchen glück vff yedem spyl
Der můß wol vff zů setzen han
Oder gar dick on gelt heym gan /
Wer dryg sücht hat / vnd stelt noch mir
So werden vnser schwestern vier /
Spyl mag gar seltten sin on sünd
Eyn spyeler ist nit gottes fründt
Die spyeler sint des tüfels kynd /
Ausgewählte Ausgaben von
Das Narrenschiff
|
Buchempfehlung
»Fanni war noch jung und unschuldigen Herzens. Ich glaubte daher, sie würde an Gamiani nur mit Entsetzen und Abscheu zurückdenken. Ich überhäufte sie mit Liebe und Zärtlichkeit und erwies ihr verschwenderisch die süßesten und berauschendsten Liebkosungen. Zuweilen tötete ich sie fast in wollüstigen Entzückungen, in der Hoffnung, sie würde fortan von keiner anderen Leidenschaft mehr wissen wollen, als von jener natürlichen, die die beiden Geschlechter in den Wonnen der Sinne und der Seele vereint. Aber ach! ich täuschte mich. Fannis Phantasie war geweckt worden – und zur Höhe dieser Phantasie vermochten alle unsere Liebesfreuden sich nicht zu erheben. Nichts kam in Fannis Augen den Verzückungen ihrer Freundin gleich. Unsere glorreichsten Liebestaten schienen ihr kalte Liebkosungen im Vergleich mit den wilden Rasereien, die sie in jener verhängnisvollen Nacht kennen gelernt hatte.«
72 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro