[103.]

[Ganzseitiger Holzschnitt]
[Ganzseitiger Holzschnitt]

[272] [Vom endkrist]


Sidt ich den fürloß han gethon

Von denen die mit falsch vmbgon

So fynd ich noch die rechten knaben

Die by dem narren schiff vmb traben

Wie sie sich / vnd sunst vil betriegen

Die heilig gschrifft krümmē / v byegen[273]

Die gent dem glouben erst eyn büff

Vnd netzen das bapyren schyff

Eyn yeder ettwas rysßt dar ab

Das es dest mynder bort me hab

Růder / vnd ryemen nymbt dar von

Das es dest ee mög vndergon /

Vil sint jn jrem synn so klůg

Die dunckent sich syn witzig gnůg

Das sie vß eygner vernunfft jnfall

Die heilig gschrifft vß legen all /

Dar an sie fälen doch gar offt

Vnd wyrt jr falsche ler gestrofft

Dann sie vß andern gschrifften wol

(Der allenthalb die welt ist vol)

Möhten sunst vnder richten sich

Wann sie nit woltten sunderlich

Gesehen syn / für ander lüt

Do mit verfart das schiff zů zyt /

Die selben man wol druncken nennt

Das sie die worheyt hant erkent

Vnd doch das selb vmbkeren gantz

Do mit man säh jrn schyn / vnd glantz /

Das sint falscher propheten ler

Vor den sich hüten heißt / der herr

Die anders die geschrifft vmb keren

Dann sie der heilg geist selb důt leren

Die hand eyn falsch wog jn der hend

Vnd legen druff / als das sie wendt

Machend eyns schwär / das ander lycht

Do mit der gloub yetz vast hyn zücht /

Inn mitt wir der verkerten ston /

Jetz regt sich vast der scorpion

Durch sollch anreytzer / von denen hett

Geseyt Ezechiel der prophet

Die überträtter des gesatz

Die sůchen dem endkrist syn schatz

Das er hab ettwas vil entvor /

Wann schyer verlouffen sint syn jor[274]

Vnd er vil hab die by jm ston

Vnd mit jm jnn syn falscheyt gon /

Der würt er han vil jnn der weltt

Wann er vß teylen würt syn gelt

Vnd all syn schätz würt fürhar bringen

Darff er nit vil mit streichen zwyngen

Das merteyl / würt selbs zů jnn louffen

Durch geltt würt er vil zů jm kouffen

Die helfen jm / das er dann mag

Die gůten bringen alle tag /

Doch werden sie die leng nit faren

Inn würt bald brechen schiff / vnd karren

Wie wol sie faren vmb vnd vmb

Vnd würt die worheyt machen krumb

So würt zů letst doch worheyt bliben

Vnd würt jr falscheyt gantz vertriben

Die yetz vmbfert jnn allem standt

Ich vörcht das schiff kum nym zů landt

Sant Peters schyfflin ist jm schwangk

Ich sorg gar vast den vndergangk

Die wällen schlagen all sytt dran

Es würt vil sturm vnd plagen han

Gar wenig worheyt man yetz hört

Die heilig gschrifft würt vast verkört

Vnd ander vil yetz vß geleitt

Dann sie der munt der worheit seyt

Verzych mir recht wän ich hie triff

Der endkrist sytzt jm grossen schiff

Vnd hat sin bottschafft vß gesandt

Falscheit verkundt er / durch all landt

Falsch glouben / vnd vil falscher ler

Wachsen von tag zů tag ye mer

Dar zů / důnt drucker yetz gůt stür

Wann man vil bůcher würff jnns für

Man brannt vil vnrecht / falsch dar jnn

Vil trachten alleyn vff gewynn

Von aller erd sie bücher sůchen

Der correctur etlich wenig růchen[275]

Vff groß beschisß vil yetz studyeren

Vil drucken / wenig corrigyeren

Sie lůgen übel zů den sachen

So sie mennlin / vmb mennlin machen

Sie důnt jnn selber schad / vnd schand

Mancher der druckt sich vß dem land /

Die mag das schiff dann nym getragen

Sie müssen an den narren wagen

Das eyner tüg den andern jagen /

Die zyt die kumt / es kumt die zyt

Ich vörcht der endkrist sy nit wyt

Das man das merck / so näm man war

Vff dry ding / vnser gloub stat gar

Vff apploß / bücher / vnd der ler /

Der man yetz gantz keyns achtet mer /

Die vile der gschrifft / spürt man do by

Wer merckt die vile der truckery

All bücher synt yetz fürher bracht

Die vnser elttern ye hant gmacht

Der sint so vil yetz an der zal

Das sie nütz geltten überal

Vnd man jr schyer nüt achtet mer /

Des glichen ist es mit der ler /

So vil der schůlen man nie fand

Als man yetz hat jn allem land /

Es ist schyer nyenan statt vff erd

Do nit eyn hohe schůl ouch werd

Do werden ouch vil gelerter lüt

Der man doch yetz gantz achtet nüt

Die kunst verachtet yederman

Vnd sicht sie über die achseln an

Die gelerten müssen sich schier schāmē

Ir ler / vnd kleyt / vnd jres namen

Man zücht die buren yetz har für

Die gelerten müssen hynder die thür

Mā spricht schow / vmb dē schluderaffen

Der tüfel beschißt vns wol mit pfaffen

Das ist eyn zeychen / das die kunst[276]

Keyn ere me hat / keyn lieb / noch gunst

Do mit würt abgon bald die ler

Dann kunst gespyset würt durch ere /

Vnd wann man jr keyn ere důt an

So werden wenig dar noch stan /

Der abblas ist so gantz vnwärt

Das nyemā dar noch frogt noch gärdt

Nyeman will me den abbloß sůchen

Jo mancher wolt jn jm nit flůchen

Mancher gäb nit eyn pfening vß

So jm der abbloß kumbt zů huß

Vnd würt jm dar zů kumen doch

Er reycht jnn verrer dann zů Och /

Dar vmb es vns glich allso gat

Als denen / mit dem hymel brot

Die woren des so gar vrtrütz

Sie sprochen / es wer jnn vnnütz

Ir sel / vnwillen dar ab hett

Vnd machten dar vß eyn gespött /

Als důt man mit dem apploß ouch

Der würt veracht / durch māchē gouch /

Dar vß nym ich mir eyn berycht

Jetz stünd der gloub glich wie eyn lyeht

Wann das will gantz verfaren hyn

So gibt es erst eyn glantz / vnd schyn /

Das ich es frylich sagen mag

Es nah sich vast / dem jungsten tag

Sidt man das lyeht der gnad veracht

So würt es bald gantz werden nacht

Des glichen vor nie wart gehört

Das schiff den boden vast vmbkört


Quelle:
Sebastian Brant: Das Narrenschiff, Basel 1494, S. 272-277.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Das Narrenschiff
Das Narrenschiff
Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
Das Narrenschiff
Das Narrenschiff: Nach der Erstausgabe (Basel 1494) mit den Zusätzen der Ausgaben von 1495 und 1499 sowie den Holzschnitten der deutschen Originalausgaben (Neudrucke Deutscher Literaturwerke)
Das Narrenschiff:

Buchempfehlung

Aristoteles

Physik

Physik

Der Schluß vom Allgemeinen auf das Besondere, vom Prinzipiellen zum Indiviudellen ist der Kern der naturphilosophischen Lehrschrift über die Grundlagen unserer Begrifflichkeit von Raum, Zeit, Bewegung und Ursache. »Nennen doch die Kinder zunächst alle Männer Vater und alle Frauen Mutter und lernen erst später zu unterscheiden.«

158 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon