LXXXVIII.

[169] Wer meint, daß Gott uns straf' mit Härt',

Weil Plag' uns öfter widerfährt,

Der wird durch Strafe bald belehrt.


In den Wolken Moses und Samuel, welche Frösche und Heuschrecken auf einen zusammensinkenden Narren regnen lassen.


Von Plage und Strafe Gottes.

Ein Narr ist, wer für Wunder hält,

Daß Gott der Herr jetzt straft die Welt

Und Plag' auf Plage schicket noch,

Dieweil wir seien Christen doch,

Und unter diesen viel geistliche Leut'

Mit Fasten und Gebet allzeit

Ihm dieneten ohn' Unterlaß.

Doch hör', kein Wunder dünkt mich das,

Dieweil du nicht findst einen Stand,

Mit dem es übel nicht bewandt,

Der nicht abnehme und verfalle.

Drum gilt des Weisen Spruch für Alle:

»Weil du zerbrichst, was ich bereite,

So bleibt nur Reue für uns beide,[169]

Und unsre Arbeit ist verlorn!«

So spricht auch sonst der Herr mit Zorn:

»Wenn Ihr nicht haltet mein Gebot,

Will ich Euch geben Plag' und Tod,

Krieg, Hunger, Pestilenz und Hitz',

Sammt Theuerung, Reif, Kält', Hagel, Blitz,

Und mehren dies von Tag zu Tag;

Will nicht erhörn Gebet noch Klag';

Ob Moses auch und Samuel

Mich bäten, bin ich doch der Seel'

So feind, die treibt mit Sünde Spott,

Daß Plag' sie trifft, – so lang ich Gott!«

Schon an der Juden Land ward klar,

Daß es um Sünd' verloren war;

Wie oft sie Gott vertrieben hat

Um Sünde aus der heiligen Stadt.

Den Christen ging sie auch verlorn,

Weil sie verdienten Gottes Zorn.

Noch mehr Verlust muß ich besorgen,

Und daß es wird noch schlimmer morgen.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 169-170.
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