[Es scheint ein Stern vom Himmel]

[425] Es scheint ein Stern vom Himmel,

Ein einz'ger in mein Herz,

Er könnte wohl was Bessers tun,

Da hätt' ich Nacht und Schmerz.


Es spritzt ein Quell vom Felsen

Ein Tröpfchen zu mir her,

Er könnte wohl was Bessers tun,

Daß ich verschmachtet wär'.


Es singt ein Himmelvögelein

An meiner Kerkerwand,

Er könnte wohl was Bessers tun,

Ich käm' um den Verstand.


Es blüht ein einz'ges Blümlein

Auf meinem Wege wüst,

Es könnte wohl was Bessers tun,

Daß ich verzweifeln müßt'.


Vor mir streicht hin ein weißer Hirsch

Mit goldenem Geweih,

Er könnte wohl was Bessers tun,

Daß ich verirret sei.


Es scheint ein bißchen Sonnenschein

Mir in die Nacht herein,

Es könnte wohl was Bessers tun,

Ich stürb' in dunkler Pein.


Es fällt mir eine Blüte

Des Segens ohne Frucht,

Sie könnte wohl was Bessers tun,

Ich glaubte mich verflucht.


Es sieht mit Himmelsgüte

Ein reines Aug' mich an,

Es könnte wohl was Bessers tun,

Dann wär's um mich getan.[426]

Es mahnet an dem Abgrund mich

Ein frommer Liedermund

Er könnte wohl was Bessers tun,

Ich stürzte in den Schlund.


Es tut ein frommes Mägdlein

Wohl Engeldienst an mir,

Sie könnte wohl was Bessers tun,

Daß ich mein Heil verlier'.


Mich hat der Herr geliebet,

Er zeigte mir, was schön,

Er könnte wohl was Bessers tun,

Dann müßt' ich untergehn.


Heut schienen Stern und Lichter

Mir, was ich liebe, an,

Sie könnten wohl was Bessers tun,

Und haben's doch getan.


Mir hüpft das Herz in Freuden

Ein Engel steht mir bei

Es könnte wohl was Bessers tun,

Bräch' es mir gleich entzwei.


Ich muß die Güte lieben,

Sie hat sich mein erbarmt,

Sie könnte wohl was Bessers tun,

Dann wär' ich ganz verarmt.


O liebe, liebe Seele du,

Mein Heil, mein Trost, mein Mut,

Ich kann ja gar nichts Bessers tun,

Denn alles ist ja gut.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 425-427.
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