Viertes Kapitel

Viertes Kapitel

[223] Der Franz, ein Schüler hochgelehrt,

Macht sich gar bald beliebt und wert.


So hat er einstens in der Nacht

Beifolgendes Gedicht gemacht:


Als ich so von ungefähr

Durch den Wald spazierte,

Kam ein bunter Vogel, der

Pfiff und quinquilierte.


Was der bunte Vogel pfiff,

Fühle und begreif' ich:

Liebe ist der Inbegriff,

Auf das andre pfeif' ich.


Er schenkt's Helenen, die darob

Gar hocherfreut und voller Lob.


Und Franz war wirklich angenehm,

Teils dieserhalb, teils außerdem.


Wenn in der Küche oder Kammer

Ein Nagel fehlt – Franz holt den Hammer!
[223]

Wenn man den Kellerraum betritt,

Wo's öd und dunkel – Franz geht mit!


Wenn man nach dem Gemüse sah

In Feld und Garten – Franz ist da! –


Viertes Kapitel

Oft ist z.B. an den Stangen

Die Bohne schwierig zu erlangen.


Franz aber faßt die Leiter an,

Daß Lenchen ja nicht fallen kann.


Viertes Kapitel

Und ist sie dann da oben fertig –

Franz ist zur Hilfe gegenwärtig.


Kurzum! Es sei nun, was es sei –

Der Vetter Franz ist gern dabei.
[224]

Indessen ganz insonderheit

Ist er voll Scherz und Lustbarkeit.


Viertes Kapitel

Schau, schau! Da schlupft und hupft im Grün

Ein Frosch herum! – Gleich hat er ihn!


Viertes Kapitel

Und setzt ihn heimlich nackt und bloß

In Nolten seine Tabaksdos'.


Viertes Kapitel

Wie nun der sanfte Onkel Nolte


Sich eine Prise schöpfen wollte –


Viertes Kapitel

[225] Hucks da! Mit einem Satze saß

Der Frosch an Nolten seiner Nas'.


Viertes Kapitel

Platsch! springt er in die Tasse gar,

Worin noch schöner Kaffee war.


Viertes Kapitel

[226] Schlupp! sitzt er in der Butterbemme

Ein kleines Weilchen in der Klemme.


Viertes Kapitel

Putsch!! – Ach, der Todesschreck ist groß!

Er hupft in Tante ihren Schoß.


Viertes Kapitel

[227] Der Onkel ruft und zieht die Schelle:

»He, Hannchen, Hannchen, komme schnelle!«


Viertes Kapitel

Und Hannchen ohne Furcht und Bangen

Entfernt das Scheusal mit der Zangen.


Viertes Kapitel

[228] Nun kehrt die Tante auch zum Glück

Ins selbstbewußte Sein zurück.


Wie hat Helene da gelacht,

Als Vetter Franz den Scherz gemacht!


Viertes Kapitel

Eins aber war von ihm nicht schön:

Man sah ihn oft bei Hannchen stehn!

Doch jeder Jüngling hat wohl mal

'n Hang fürs Küchenpersonal,

Und sündhaft ist der Mensch im ganzen!

Wie betet Lenchen da für Franzen!![229]

Nur einer war, der heimlich grollte:

Das ist der ahnungsvolle Nolte.

Natürlich tut er dieses bloß

In Anbetracht der Tabaksdos'.

Er war auch wirklich voller Freud,

Als nun vorbei die Ferienzeit

Und Franz mit Schrecken wiederum

Zurück muß aufs Gymnasium.


Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 2, Hamburg 1959, S. 223-230.
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