Herbst-Liedchen

Bey lieber Heyraht Hn. Johann Georg Schrötels, Churfl. Brandenb. geheimbten CammerSchreibers und Preußischen CammerVerwandten, und Jungfraw Reginen Perbandin.


Den 11. Weinmonats 1649.


Womit wird die Zeit verbracht,

Nun der Herbst sich zu uns macht,

Nun Gefild und Wald mus trawren,

Daß uns außzugehen grawt

Vnd man außerhalb der mawren

Nichts als Wust und Vnlust schawt?


Wer sich recht bedencken kan,

Greifft sich wie die Ameiß' an,

Die daheim ohn Sorg' und Klagen

Sitzt, und isst sich daran satt,

Was sie in den Sommer-Tagen

Mühsam eingesamlet hat.


Nemt euch von den Sorgen Rhu,

Sprechet guten Freunden zu,

Suchet Spiel und süsse Lieder,

Thut, was guter Lust gefällt,

Geht zur Hochzeit hin und wieder,

Die iezt Amor häuffig hält.


Wer zu lieben Mittel weiß,

Krieg' in jhr des Sieges Preis;

Venus schenckt ietzt jhren Knechten

Ihrer Wollust Nectar ein,

Heisset mit den langen Nächten

Ihre Lust auch länger seyn.


Hat zu lieben wer nicht Fug,

Jetzund sieht er Wege gnug

Wo in Ehren anzubinden:

Zuthun, Raht, Verstand und Wahl

Wird jhm leichtlich Eine finden

In der ungezählten Zahl.


Laß den Herbst thun was er wil,

Tantz, Gesang, Gespräch und Spiel

Sind uns schöner Lentz im Hertzen!

Wer von dessen Rhu nicht weis,

Dem bringt auch der Früling Schmertzen

Vnd der beste Sommer Eiß.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 231-232,234.
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