Christoff Pohl und Ursula Stangenwald

9. MaiMonat 1650.


Alle, die jhr freyen wollt,

Merckt, wie jhr Euch halten sollt,

Sintemal die Eh' ohn Zwist

Gottes hohe Stifftung ist,

Über die Er in der Welt

Noch gestreng und heilig hält.


Räumt Euch keiner Lust Seuch' ein,

Bleibt von aller Vnzucht rein,

Ewer Hertz sey Tag und Nacht

Durch der Keuschheit Schutz bewacht,

Rufft, wie sehr ein ieder kan,

Gott umb Vnschuld hertzlich an.


Flieht der Jugend Müssiggang,

Schewet keinen Arbeit-Zwang,

Lernt auff aller Zeiten Noht

Ehrlich werben ewer Brod,

Vnd bey Leibe stellt den Muth

Nicht nur auff ererbtes Gut.


Freyt in das Geblüte nicht,

Habt die Tugend im Gesicht,

Reich und schöne seyn vergeht,

Nur der Tugend Gut besteht,

Sucht ein Mensch, das Euch an Trew,

Sinn und Sitten ähnlich sey.


Was Euch Gott alsdann beschert,

Schätzt, als seine Gab', es wehrt,

Wisst, daß ihr auff Lieb und Leid

Selbs von Ihm verknüpffet seyd,

Der Euch fügt so fest und wol,

Daß kein Mensch Euch lösen sol.


Tragt einander mit Gedult,

Niemand lebt doch ausser Schuld,

Gläubt nicht einem ieden Traum,

Gebt dem Sathan nirgends Raum,

Stört ein Windchen ewre Rhue,

Mault nicht, sprecht Euch wieder zu.


Steigt ein Creutz-Gewitter auff,

Halttet im Gebeht zuhauff,

Hilfft euch Gott nicht alsobald,

Werdet nicht verzagt und kalt,

Harret sein, es kömpt die Zeit,

Daß er Euch nach Wunsch' erfrewt.


Solcher Art wird Euch die Eh

Schaffen ein geringes Weh,

Gott wird seine Gnaden-Hand

Recken über ewer Band,

Vnd das Ewrig' in gemein

Stets gesegnet lassen seyn.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 245-246,251.
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