Elias Geiseler und Elisabeth Scolius

[109] 10. Mai 1657.


Mey, du Herr der Vorjahrs-Zeit,

Vater aller Fruchtbarkeit,

Du beblümest Thal und Felder

Vnd belaubst Gepüsch und Wälder.


Aller Erden Lust und Zier,

Alle Liebe huldigt dir,

Daß die Welt nicht muß vergehen,

Scheint allein bey dir zu stehen.


Schaw auch dieses liebe Paar,

Das nimmt deiner Anmuth war

Vnd trägt seiner Liebe Flammen

Jetzt, weil du noch wehrst, zusammen.


Halt dich wol, stimm ihnen ein

Mit gewünschtem Sonnen-schein,

Laß die Kält' einmal sich legen

Vnd die warme Lufft sich regen.


Sonderlich weh' ihnen Ruh,

Anmuth und Begnügen zu,

Daß sie allzeit dich erhalten

Vnd in Liebe nie erkalten.


Aber was ruff ich dich an?

Gott der ist allein der Mann,

Der im Himmel und auff Erden

Muß umb Hülff ersuchet werden.


Er hat erst der Sonnen Pracht,

Sie hat nachmals dich gemacht.

Er gebeut den Jahres-Zeiten,

Daß sie nacheinander schreiten.


Er verschaffet, daß die Welt

Richtig ihren Wechsel hält

Vnd ohn' Ende sich muß jagen

Mit den Nächten und den Tagen.


Der wohn' ewrer Liebe bey,

Daß sie stets gesegnet sey

Vnd ohn ablaß möge gläntzen

Trotz dem Meyen oder Lentzen.


Dieß zu thun ist seine Lust,

Seine Trew ist euch bewust,

Wenn jhr jhm nur hertzlich bleibet

Stets in Furchten eingeleibet.


Seht auff dieses Wetter nicht,

Das zwar viel vom Friede spricht,

Aber darzu umb und an

Vns kein Mittel zeigen kan.


Sondern seht in aller Noht

Auff sein Wort und sein Geboht,

Das wil euch mit Gnüg' und Segen,

Wenn jhr jhm vertrawt, belegen.


Ich, Herr Bräutgam, weis vorhin

Gnug umb ewren gutten Sinn,

Denn ich selbst hab' ewre Jugend

Erst geführt auff Kunst und Tugend.


Ewer ungezähmter Fleiß

Kriegt' ohn untterlaß den Preiß,

Der auch Roberthin getrieben,

Daß er annahm euch zu lieben.
[109]

Bleibt dabey, führt aus und ein

Ewre wenig Schäffelein,

Seht, daß keine böse Weyde

Vnd kein Vnfall sie beleide.


Flieht den Stoltz und Eigen Sinn,

Strebt nicht ängstig nach Gewinn,

Die der Geitz hat eingenommen

Suchen nicht der Heerde Frommen.


Ewer Vorfahr Scolius,

Dessen Kind euch werden muß,

War mit Jesaw wol zufrieden,

Weit von Stoltz und Geitz geschieden.


Eiffert seinem Leben nach,

Gott wird ewer Vngemach

Vnd das Wasser ewrer Zähren

Stets in Freuden-Wein verkehren.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 109-110.
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