Christl. Geticht, darin ein andächt. Danck-Lied enthalten, wegen glücklich und höchsterfrewlich gestifft und vollenzogenen Heyraht unsers gnädigsten ChurFürsten und Herrn, mit der Durchl. Fürstin und Fr. Fr. Loysen, gebohrnen Prinzeßin von Rassaw, Orangen etc. etc. von dem Herzogthum Preussen dem Herren Himmels und der Erden demühtigst auffzuopfern

[211] 13. Jenn. 1647.


Ich sah' in hoher Lufft Sorwisen newlich schweben

Mit einer hellen Wolck' an Kleides stat umbgeben,

Ein weit gestirnter Schweiff lag umb sie her gestreckt,

Und Strahlen hatten ihr das schöne Haupt bedeckt.


Sie führte zum Geleit viel tausend heilge Knaben

Und Jungfern, die gesampt der Unschuld Zeugnis haben,

Die Sonne war noch nicht von ihrem Schlaff erwacht,

Das Morgenroth brach an, und hieß die dunkle Nacht


Gemählich lichter seyn. Der Himmel geht von sammen

Und zeigt sein inner Theil von lauter Glantz und Flammen,

Wie wann man sonst in Kalck- und Ziegel-Ofen sieht,

Da alles von der Loh und liechtem Brande glüet,
[211]

So schien auch dieses hier. Ein Stuel von Edel-Steinen,

Die heller als der Mond' und ungleich alle scheinen,

Steht mitten ein gestellt, umb den viel Wolcken gehn,

Und Geister, die umbher theils fliegen, theils auch stehn.


Der aber auff dem Thron ward für den Seraphinen,

Die Ihm ohn unterlaß verdeckt mit Flügeln dienen,

Für dießmal nicht erkant, nur dieß ist kunt allein,

Daß Er voll Heiligheit und Schrecken müsse seyn.


Sorwiese fällt vor Ihm in tieffster Demut nieder

Sampt ihrer kleinen Schaar, und ehrt durch süsse Lieder

Den, welchen alles ehrt, sie rühmet seine Trew

Und daß Er ihr noch jetzt für andern gnädig sey.


Sie danckt Ihm alles Glück, und weiß nicht gnug zu melden

Von ihrer Sicherheit, vorauß den thewren Helden

Vom Hause Brandenburgk, des Himmels Bild und Pfand,

Trägt sie dem Höchsten vor und fleht für seinen Standt.


Sie hat gehört, Er sey die Eh nun eingetretten,

Warumb sie ihren Gott so ängstig offt gebehten,

Dieß rühmet sie vorauß so löblich, als sie kan,

Und hebt in vollem Chor ein solches Dancklied an:


Herr aller Himmels-Schaaren,

Dein Nahm ist hoch und her,

Wie haben ihn erfahren

Auff Erden und im Meer,

Kein Abgrund, keine Tieffe,

Die Bahn der schnellen Schiffe,

Ist deiner Herrschafft leer.


Du wohnst in einem Glantze,

Dem sich kein Mensch getrawt,

Führst umb dich eine Schantze

Von Wahrheit auffgebawt,

Dich muß stets Recht begleiten,

Und Trew wird aller Seiten

Umb dein Gezelt geschawt.


Geliebt dir was zu schaffen,

So steht dir nach der Reih

Natura in den Waffen,

Und horchet was es sey:

Dir tretten Hagel, Flammen,

Sturm, Schnee und Frost zusammen

Und ungefärbte Trew.


Du giebst den Kreiß der Erden

Den Menschen-Kindern ein,

Ein Fürst sampt seiner Heerden,

Gott, huldigt dir allein,

Dich schewt die Macht der Kayser,

Du lessest grosse Häusser

Offt gantz ohn Erben seyn.


Nimst du ein Land, O Richter,

In deines Eifers Sinn,

So raffst du ihm die Lichter

Der frommen Herrschafft hin,

Und lässest nicht ohn Leiden

Es andre Herren weiden,

Die Schuld bringt den Gewinn.


Uns aber wilst du mehren

Das Brandenburger-Reiß,

Von dem wir jetzund hören

Der thewren Heyraht Preiß,

Der Held folgt deinem Willen,

Als den Er zu erfüllen

Für allen Dingen weiß.
[212]

Du hast, Herr, unser Flehen,

So wir für Ihn gethan,

Nun gnädig angesehen,

Suchst unsrer Hoffnung Bahn

Und sichern Stand zu machen,

Und zeigst, worauff in Sachen

Sich Preussen gründen kan.


Die Furcht ist nun verschwunden,

Das Schrecken liegt verheert,

Der Trost ist wieder funden,

Der reiche Trost, und kehrt

Gantz zu uns dein Gemüte,

Sind wir der reichen Güte,

Getrewer Gott, wol wehrt?


Nun wird man Segen schawen,

Der Friede wird bestehn,

Der Gottesdienst sich bawen,

Das Recht im Schwange gehn,

Das Feld wird trächtig blühen,

Der Hauß-Stand Kinder ziehen,

Von Gnüg und Vorraht schön.


Ist dir so viel gelegen

An diesem Lande? Nein!

Von deines Namens wegen

Liebst du uns, Herr, allein,

Denn soltest du auffbürden

Uns unsre Schuld, was würden

Wir arme Leute seyn?


O hilff es uns erkennen,

Und laß uns gegen dir

In Wieder-Liebe brennen,

Und nimmer mit Begier

Des Hertzens von dir wancken,

Für allem laß uns dancken

Dir solcher Heyraht Zier.


Man müsse, Gott, dir halten

Ohn Heucheley und List,

Bey Jungen und bey Alten,

Was dir gelobet ist,

Das Land soll vor dir springen

Und gantz einhellig singen:

Daß du barmhertzig bist.


Erhalt die Eh' im Segen,

Die sich von dir entspinnt,

Laß sie sich, Vater, regen

Durch Kindes-Kindes-Kind,

Daß ihr soviel auff Erden

Berühmter Häupter werden,

Als Stern am Himmel sind.


Sorwise hatte kaum dieß Danck-Lied vollenzogen,

Als durch des Himmels Saal ein Engel kömpt geflogen,

Der in der lincken trägt ein güldnes Heyraht-Bandt,

Und eine Liebes-Kertz in seiner rechten Hand:


Ein ander trägt ihm nach ein Buch, darin verschlossen

Der Sam' enthalten ist der grossen Ehgenossen

Vom Hause Brandenburg wie von Orangen auch,

Inmittelst aber wird der Himmel voller Rauch,


Und ein new Hochzeit-Lied von hundert tausent Zungen,

Die über allen Witz der Menschen gehn, gesungen.

Sorwiß und ihre Schaar schleust sich den Wolcken ein,

Und darauff kömpt die Sonn auch mit dem Tages-Schein.


[213] Sonnet.


Gerücht, wie daß du jetzt geschwiegen?

Du schwatzest sonst ohn Maß und Rhu,

Kein Argus ist so wach als du,

Kein West-Sturm weiß dir gleich zu fliegen,

Kein Blitz nimmt Wettlauff mit dir an,

Was Ost und West mag thun und sagen,

Wird plötzlich vor dir außgetragen,

Wo kaum die Sonn hinreisen kan.

Wer hat dir jetzt gelähmt die Flügel und die Zungen,

Daß also späth auß Niederland

In Preussen her das thewre Band

Der grossen Hewrath kombt gedrungen?

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 2, Halle a.d.S. 1937, S. 211-214.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Christen, Ada

Gedichte. Lieder einer Verlorenen / Aus der Asche / Schatten / Aus der Tiefe

Gedichte. Lieder einer Verlorenen / Aus der Asche / Schatten / Aus der Tiefe

Diese Ausgabe gibt das lyrische Werk der Autorin wieder, die 1868 auf Vermittlung ihres guten Freundes Ferdinand v. Saar ihren ersten Gedichtband »Lieder einer Verlorenen« bei Hoffmann & Campe unterbringen konnte. Über den letzten der vier Bände, »Aus der Tiefe« schrieb Theodor Storm: »Es ist ein sehr ernstes, auch oft bittres Buch; aber es ist kein faselicher Weltschmerz, man fühlt, es steht ein Lebendiges dahinter.«

142 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon