|
Dieß Alte Jahr hat auch sein Ziel,
Das New' ist angetretten:
Wach auff mein Lob- vnd Seiten-Spiel
Mit Danck vnd mit Gebehten,
Rhüm den allein,
Der alle Pein,
So vns bißher getroffen,
Mit starcker Hand
Hat abgewand,
Vnd heisst vns bessrung hoffen.
[250]
Wer hätte kurtz zuvor gemeint,
Dem Höchsten Lob-zu-singen?
Als Furcht war, daß der wilde Feind
Sucht' vns auch zu verschlingen,
Sein Sebel fraß
Ohn alle Maß
Der Nachbarn Gut vnd Leben,
Wir schryen: Ach
Jetzt wird die Rach
Jetzt über vns auch schweben!
Denn vnsers Hauptes Krohne war
Vns Armen abgefallen,
Daher entspann sich die Gefahr,
Vnd wütet vnter allen,
Am meisten drewt'
Vneinigheit
Auch innerliche Kriege,
Daß überall
Furcht, Angst vnd Fall
Behielten Plätz' vnd Siege.
Wo bleibt der Nahrung Abgang? Wo
Die Armut hin vnd wieder?
Eins klagt sich so, das andre so,
Es weis sein Creutz ein jeder,
So manches Hertz
So mancher Schmertz.
Nun hat es Gott gewendet,
Vnd vnser Leydt
Gleich mit der Zeit
Des Alten Jahrs geendet.
Er hat den Königlichen Stul
Vns wieder auffgerichtet,
Erhalten Rahthauß, Kirch vnd Schul
Vnd manchen Sturm geschlichtet,
Des Creutzes Last
Mit angefasst,
Vns nie zu hart geschlagen,
Vnd stets Gedult
Mit vnsrer Schuld
Nach Vaters Art getragen.
Drumb werd' Er auch von vns erhöht,
Sprecht: Vater, deine Güte,
Die über Erd vnd Himmel geht,
Ist über vns in Blüte.
Wer es ohn Sie,
Wir würden hie,
O Wir Sündhaffte Preussen,
Ein Scheusal, ja
Ein Sodoma
Vnd ein Gomorra heissen.
Du hast dein Rach-Schwerd eingesteckt,
Bist stets bey vns geblieben,
Das Wetter so vns sehr erschreckt,
Hast du gewünscht vertrieben:
Vnd allen Brod,
So viel vns Noht,
Zu richter Zeit bescheret,
Wie wird hiefür
Dir, nach Gebühr,
O Vater, danck gewehret?
Es müssen vmb dein Heiligthum
Viel tausent tausent stehen,
Durch alle Himmel deinen Rhum
Vnd grossen Pracht erhöhen.
Lufft, Erde, See,
Reiff, Hagel, Schnee
Muß', Herr, dir Ehre geben,
Vnd allermeist
Soll vnser Geist
Dich Ewig, Gott, erheben!
O Hilff vns auch dieß Newe Jahr
Mit newem Trost vnd Segen,
Nim vnsrer hohen Herrschafft wahr,
Stifft Eintracht allerwegen,
Treib Sünd vnd Schand'
Aus unserm Land'
Vnd was vns kan verderben,
Kömmt aber dann
Der Todt vns an,
So hilff vns seelig sterben.
Buchempfehlung
1880 erzielt Marie von Ebner-Eschenbach mit »Lotti, die Uhrmacherin« ihren literarischen Durchbruch. Die Erzählung entsteht während die Autorin sich in Wien selbst zur Uhrmacherin ausbilden lässt.
84 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro