Christliches Sterb Liedchen

[48] Mit mir machst du es leicht ein Ende

Denn was bin ich, der Schatten Kind,

O Vatter, gegen deine Hände

Die aller Dinge Meister sind?

Die Gestalt und Leben

Vnd Erhaltung geben

Allem nah vnd fern,

Die die Himmels-Scheiben

Vnauffhörlich treiben

Vmb den Angel-Stern?


Die ungeheüer-grosse Festen

Umbspannest du mit einer Hand,

Du hast den Ostraum von dem Westen

Mit fernen Grentzen abgetrannt,

Hälst die Wind' im Zügel,

Vnd gibst jhnen Flügel

Wenn es dir gefält,

Wolcken, Flut und Flammen

Tretten stracks zusammen

Rings vmb dein Gezelt.


Vnd suchst mit mir es an zu nehmen?

Schaw wie ich zugerichtet bin,

Ich gleiche kaum nur einem Schämen,

Die Lebens-Kräffte sind dahin,

Ich bin hin und wieder

Daß mich meine Glieder

An zu sehen grawt,

Bin von dir zubrochen,

Hange mit den Knochen

Kaum in meiner Haut.


Ich rede schwer mit meiner Zungen,

Der Augen Fenster brechen mir,

Kein Athem ist in meiner Lungen,

Nichts als der rechte Tod ist hier,

Sey gegrüsst, o Erde,

Der ich jetzund werde,

Sonne, gutte Nacht,

Gutte Nacht, jhr Meinen,

Keiner ist durch weinen

Noch zurück gebracht!
[48]

Wirst du mich aber, Gott, verlassen

In dieser meiner letzten Noht?

Wer weis sich mein doch an zu massen?

Denn Menschen Hülff' ist längst hie tod.

Wo ist nun mein Flehen,

Wenn ich her gesehen

Auff den letzten Streit,

Daß du mich wolttst retten

Aus des Todes-Ketten?

Komm, nun ist es Zeit.


Sind meine Sünden dir im Wege

Die ich durch Busse, so mich kränckt,

Auff meines Jesu Schultern lege

Der jetzt vor mir am Creütze

Heilt sein Blutvergiessen

Mir nicht das gewissen?

Sein Verdienst ist mein,

Kanst du also schweigen?

Mir nicht Hülff erzeigen?

Mich verseumen? nein!


Nur komm mit einer sanfften Stunden,

Ich warte sehnlich auff dein Heil

Laß mich der Schmertzen seyn entbunden,

Vnd schenck mir deines Reiches Theil,

Da ich dich wil preisen

Mit der Engel Weisen,

Wil in dir erfrewt

Frey gestehn, daß Ehre

Danck vnd Ruhm gehöre

Dir in Ewigheit.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 48-49.
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