Betracht ich brünstig im Gemüth,
Herr, allen Reichthum deiner Güt'
Und was du mir erwiesen,
An Lieb und Trew
Die täglich new
Und nie gnug ist gepriesen,
Brech' ich mit allem Recht heraus,
Gott, was ich bin, was ist mein Hauß,
Daß du mich hieher führest,
Beschirmest mich,
Und väterlich
Mit dieser Gnade zierest:
Ich bin der wunderlichen Ding',
Herr, viel zu unwehrt und gering,
Was ist der Mensch, die Erde,
Was seine Zier,
Daß er von dir
Groß angesehen werde?
Was hat er daß dich fangen kan?
Und du nimst sein dich also an,
Daß du dein Hertz und Leben
In alle Noth,
Ja in den Todt
Des Creutzes hast gegeben.
Du deckest sein Gebrechen zu,
Und krönest ihn mit Gnüg vnd Ruh,
Legst deiner Engel Wache
Rings vmb ihn her,
Daß kein Beschwer
Ohn dich an Ihn sich mache.
Dieß alles thust du auch bey mir,
Was bin ich wieder schuldig dir?
Ein Hertz was dich nur liebet,
Und dir allein
In Lieb und Pein
Demütig sich ergiebet.
[94]
Ich aber wolte deine Ruth,
Aus Zärtligkeit vnd Vbermuth
Jtzt nicht gehorsam küssen,
Da doch die Zucht
Mein Bestes sucht
Und seelig mich wil wissen?
Ja Gott, du zeuchst aus dieser Noth
Mein Liebstes durch so frühen Tod
Hinauff in jenes Leben,
Daß ich auch dort
Sol fort vnd fort
Mit meinem Hertzen schweben.
So lass dasselb' auch vmb dich seyn,
Halt es von aller Welt-sucht rein
Vnd deinem Dienst befohlen,
Biß mit der Zeit
Mich dein Geleit
Den Meinen nach wird holen.
Buchempfehlung
Am Heiligen Abend des Jahres 820 führt eine Verschwörung am Hofe zu Konstantinopel zur Ermordung Kaiser Leos des Armeniers. Gryphius schildert in seinem dramatischen Erstling wie Michael Balbus, einst Vertrauter Leos, sich auf den Kaiserthron erhebt.
98 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro