An Herrn Friedrich von Schlieben, Hauptmann zu Tilsit

[119] 1653. 9. May.


Auch der Tag ist geschlossen,

Die dunkle Nacht ist hier.

Mein Hertz, sey unverdrossen

Und sprich: ich danke dir,

Daß du dein' Hut, o Gott,

Hast ob mir lassen walten

Und von mir abgehalten

Der Boßheit finstre Rott,


Indem der Höllen Rachen

Ohn Ablaß offen steht

Und tausend Stricke wachen,

Durch die man irre geht.

Wer kennt, die überall

Nur heut sind aufgerieben?

Die sind durch Mord geblieben

Und die durch andern Fall!


Und der hätt über Hoffen

Gar leicht auch mich entwandt;

Daß ich nicht bin getroffen,

Thut deine GnadenHand

Und große Treu allein,

Die bey den schwehren Sünden,

Durch die wir dich entzünden,

Uns noch läßt übrig seyn,


Uns väterlich beschützet

Mit Mauren fest umschränkt

Und alles was uns nützet

Gar überflüssig schenkt.

Thät einig die es nicht,

Es wär um mich geschehen,

Ich würde nimmer sehen

Das schöne Sonnen Licht.


Um solcher Güte willen

Trag, Herr, mit mir Geduld,

Laß deinen Sohn dich stillen

Von wegen meiner Schuld,

Der hat mich loß gebürgt,

Der alles abgetragen,

Als er ward wund geschlagen

Und an dem Creutz gewürgt.


Und weil ich jetzt soll schlafen,

Denn also hastu mich

Sammt andren, Gott, geschaffen,

So bitt ich ferner dich,

Laß deiner Engel Schaar

Mich diese Nacht behüten

Für Satans List und Wütten,

Für Schrecken und Gefahr.


Halt Noth und Todt im Zügel

Und deck mich fleißig zu

Durch deiner Gnade Flügel,

Damit ich sicher ruh.

Und sollte diese Nacht

Der Todt mich überfallen,

So nimm, o Gott, für allen

Mein arme Seel in acht.


Laß sie in deine Hände

Dir jetzt befohlen seyn,

Gieb mir ein seelig Ende

Und nimm mich Himmel-ein.

Dafür soll meine Zeit

Dir stets ein Lob darbringen,

Biß ich dir dort kan singen

In alle Ewigkeit!

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 119-120.
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