Wahre Freyheit

Thu die Begierden in den Bann,

Vnd sey der Sünden Obermann,

Bleib Gottes, frey, dein eigen,

So hast du höher es gebracht

Als müsten sich vor deiner Macht

Ost, Nord und Abend neigen.


Was herrscht ein König weit umbher,

Das Reich der Erden, und das Meer

Ist seinem Raht zu wenig,

Ist er der schnöden Lüste Knecht?

Ihr Herr seyn, dieses ist erst recht

Ein Fürst seyn oder König.


Liebt ihr Gewaltigen Verstand,

Habt ewren Zorn stets in der Hand,

Lasst keine Lust euch treiben

Ohn die Gesetz und Urtheil führt,

Dann lasst euch König', als gebürt,

Und was ihr seyn wollt, schreiben.


Ihr seyd es einem falschen Wahn,

Der Todes-Furcht seyn unterthan,

Jetzt dies jetzt das begehren,

Beweglich seyn den Wellen gleich

Heisst dienen, müst' auch alles Reich

Euch Huldigung gewehren.


Wer aber macht uns also frey

Von der Begierden Tyranney?

Kan Zeno es verrichten

Sampt andern die hievon gelehrt?

Vnd ob man Plato, ob man hört

Dich, Socrates? mit nichten,


Wie hochgewitzt sie sonst auch sind,

Hie sind sie ungeschickt und blind,

Kan Moses uns erretten?

Ach nein, Er zwingt nur, flucht und dreut

Vnd schleusst uns in die Dienstbarkeit

Mit einer ewign Ketten.


Die Freyheit ist des Himmels Gut,

Gott hat sie durch sein eignes Blut

Sehr thewer uns erworben,

Wer das im Glauben fassen kan

Ist alsobald, ein freyer Mann,

Der Sünden abgestorben.


Er giebt der schnöden Lust nicht raum,

Hält die Begierden streng' im Zaum,

Sucht einig Gott zu leben,

Hat Scham der Laster Joch zu ziehn,

Nachdem sein Heyland sich für ihn

Selbst in den Tod gegeben.


Wer solcher Art ist fey gemacht

Tritt unter sich der Erden Pracht,

Vnd kan nichts höhers werben,

Ist hie schon Gottes Engeln gleich

Vnd hat ein ewigs Königreich

Vnd Priesterthum zu erben.


Vnd stürmt dies Leben zu ihm ein

Mit Armut und mit Kranckheit Pein,

Gedult macht ihn bescheiden,

Er trägt sein Creutz getrost und still,

Vnd weis, wer dort mit herrschen wil,

Der mus auch hier mit leiden.


Die ärgste Knechtschafft endlich scheint

Der Tod zu seyn, der letzte Feind,

Zeigt er uns seine Klawen,

Ins ewig' Elend uns verbannt,

Da wir der Schatten finstres Land

Vnd die Verwesung schawen.


Was aber ist der Frommen Tod?

Nichts als die Endschafft aller Noht,

Ihr Wünschen und Verlangen,

Der Haffen ihrer grossen Müh,

Vnd eine Thür durch welche sie

Zur Freyheit erst gelangen.
[251]

Die Nacht nach der ein Freytag tagt

Den keine Finsterniß verjagt,

Als welcher hat gewonnen

Zu seinem Schein das wahre Licht

Das aller Schatten Macht zerbricht

Und gläntzt für tausend Sonnen.


Nun diesen Freytag feyrest du,

O Freytag, in gewünschter Ruh,

Der Dienst der eiteln Erden,

Den du fast eilffmal sieben Jahr

Getragen, muß dir immerdar

Nun Ruh und Freyheit werden.


Gebrauch dich ihr, O Seele, wol,

Wir sind noch aller Knechtschafft vol

Weil wir im Leibe wohnen,

Gott mach uns hie der Sünden frey

Vnd leg' auch uns im Himmel bey

Die güldnen Freyheit-Kronen.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 235-236,251-252.
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