Liebe

[184] Geliebt zu sein, du schöne Kunde,

Schön wie die Hand, die das Geständniß schrieb!

Nur schöner ist, wenn vom beseelten Munde

Entschwebet erst die süße, frohste Kunde –

Mit stummen Zeichen nehm ich nicht vorlieb.


Die Freundschaft ist in wirren Tagen

Ein heilig Gut und will der Priester viel;

Laut ist ihr Ruf, ihr stolzes Banner tragen

Die Besten hoch in unsern wirren Tagen –

Arbeit vereint und Kämpfer schafft das Ziel.
[184]

Doch kaum ist uns der Freund verbunden,

Ist auch der Trennung sichre Stunde da,

Die Liebe nur kennt nicht so bittre Stunden,

Es bleibt das Weib, das ewig uns verbunden,

Die Liebe dauert aus, die Lieb ist nah.


Geliebt zu sein vom schönen Weibe,

Ist mehr als Glück, ist volle Seligkeit.

Auf daß sie rein, und stets erfüllet bleibe,

Gab hin Natur die Gegenwart dem Weibe

Und ließ uns Zukunft und Vergangenheit.

Quelle:
Ludwig Eichrodt: Leben und Liebe, Frankfurt a.M. 1856, S. 184-185.
Lizenz:
Kategorien: