|
[835] Exaltabo te Domine.
Inn des ersten Psalmen Weis.
1.
Ich will, O HERR, erheben dich,
dan du hast mich erhaben:
Du ließst mein Feind nicht fräuen sich,
wie sehr sie mich vmgaben:
HERR mein GOT, da ich zu dir schrai,
machst mich gesund, des ich mich fräu,
weil mein Söl pleibt vnbgraben.
2.
Mein Söl hast gfüret aus der Höll,
du hast mich lebend bhalten
For denen die drein furen schnell:
deshalb wolt nicht verhalten
Des HERREN lob, jr Hailgē all,
lobt seine Hailigkait mit schall,
sein gdächtnus zuerhalten.
3.
Dā sein zorn wärt ain augēplick,
vnn sein Güt durchs ganz lebē.
Lust hat er, dz er gern erquick
vnd mög das leben geben.
Drum wan den abend wärt das laid,
geht morgens widerum auf fräud,
vns nicht zu vberheben.
4.
Da mirs wol ging, sprach ich dazu,
ich lig nimmer darnider,
Dan da dirs gful, da machtest du
meinen Berg stark hinwider,
Aber da dein Antliz wendst ab,
erschrak ich vnd betrübt mich drab,
vnd rufet zu dir wider.
5.
Ich stehet dir, vnn sprach ›O GOT,
was ist an meim Plut nutze?
Wan ich fahr inn die Gruben tod
vnd nicht empfind dein schutze,
Wirt dir, HERR, dancken auch der Staub,
vnd verkünden dein treu vnd Glaub?
wird nicht mein Feind dan trutzē?
6.
HERR, hör vnn sei genädig mir,
Herr, du mein Helfer seie!‹
Als bald ich solches klaget dir,
kehrst inn Raien mein Reue:
Du hast ausgzogen meinen sack,
vnd mich vmgürt mit fräuden strack,
damit ich mich dein fräue.
7.
Drum soll lobsingen dich mein Ehr,
mein Zung vnd Saitenspile,
Vnd sollen still sein nimmermehr,
weil dein hilf ist on zile.
Herr mein GOT, ich will dancken dir
für deinn Güte für vnd für,
O GOT, stärk mir den willen!
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche Lieder
|
Buchempfehlung
Erst 1987 belegte eine in Amsterdam gefundene Handschrift Klingemann als Autor dieses vielbeachteten und hochgeschätzten Textes. In sechzehn Nachtwachen erlebt »Kreuzgang«, der als Findelkind in einem solchen gefunden und seither so genannt wird, die »absolute Verworrenheit« der Menschen und erkennt: »Eins ist nur möglich: entweder stehen die Menschen verkehrt, oder ich. Wenn die Stimmenmehrheit hier entscheiden soll, so bin ich rein verloren.«
94 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro