|
[65] Kein Intermezzo
Gestiefelter Kater:
Gesandt vom Grafen Carabas,
Den Herrn zu amüsieren,
Erschein' ich, diesen Hexenspaß
Submiß zu arrangieren!
[65] Erster Kapellmeister:
Die Szene du, ich die Musik,
So hilft man auf dem Staate!
Vollendet hab' cih just zum Glück
Mein Opus, die Kantate!1
Zweiter Kapellmeister:
Mir einerlei! Indes, gib Raum!
Ich hüben und du drüben!
Hab' ich zu jenem Elfentraum
Das Vorspiel doch geschrieben!
Erdgeist:
Still doch! Alle seid ihr gleich,
Von einer Tafel schmausend!
Zu gleichen Teilen schürf' ich euch
Die goldnen Achtzehntausend!
Zettel:
Achtzehntausend, sagst du, Zwerg?
Hilf Gott, das ist kein Bettel!
Hilf Gott, ich bin von Schmiedeberg
Der arme Weber Zettel!
Gestiefelter Kater:
In die Kulisse, guter Klaus!
Was flennt Er durch die Eichen?
Fliegt doch ein Tröstevogel aus
Für Ihn und seinesgleichen!
Herold:
Platz! ein vierhundertjähr'ger Schwan!
Platz, ihm und seinen Rittern!
Malkontente:
Warum nur nicht ein Pelikan
Ausflattert, uns zu füttern?
[66] Erster Kapellmeister:
Leis erhebt sich Stern um Stern,
Kein Lüftchen regt die Wipfel,
Das Publikum von nah und fern
Harrt auf des Berges Gipfel.
Zweiter Kapellmeister:
Drum angefangen! Strahl auf Strahl
Steig auf, o Born de Schönen,
Not der Zeit und Alltagsqual
Sublim zu übertönen!
Gestiefelter Kater:
Nord und Süd, und alt und neu,
Zum Tanz und laßt nicht warten!
Ich misch' und spiel' euch, eins, zwei, drei,
Als wärt ihr ein Spiel Karten!
Antigone:
Daß ich umsonst nicht spuken geh'
So stählt an mir die Herzen:
Beschämt doch mein antikes Weh
All eure jüngsten Schmerzen!
Puck:
Mamsell, ich folg' Ihr auf dem Fuß;
Will meinen Arm Sie haben?
Sie Sache scheint mir zwar konfus,
Jedennoch sehr erhaben!
Gestiefelter Kater:
Nun Elfenschnack und Schabernack!
Hof des Theseus, glänze!
Und du ergötz' ihn, Lumpenpack
Der Zettel und der Squenze!
Schatten Voltaires:
Ein Wort! Was uns zu sondern scheint,
Sind wir auch beide Lacher:
Ich war der Lehrer, guter Freund –
Du bist der Lustigmacher!
[67] Beide Kapellmeister:
In den Wald und aus dem Wald!
Zum Tanz und schlingt den Reigen!
Pfeifen gellt und Hörner schallt,
Hoboen tönt und Geigen!
Brockenwirt:
Herr, steh mir bei! So wirr und toll
Trieb's lange nicht der Böse!
Der ganze liebe Brocken voll!
Gut' Nacht – ich heiße Nehse!
Tote Frösche, in der Tiefe:
Koax! Ein einsam Wiesental!
Kein Ton, als Quellgekicher!
Koax! Man ist doch auch einmal
Gern seines Todes sicher!
Wissbegieriger:
Was will die Quakerei des Viehs?
Historiograph:
Sie wurden misanthropisch,
Seit sie galvanisch zucken ließ
Vor aller Welt Herr Kopisch!
Captivi:
Endlich entfesselt! Dreimal hoch,
Wer Licht und Luft uns gönnte!
Malkontente:
Warum dur die? 's gibt andre noch,
Die man befreien könnte!
Gestiefelter Kater:
Lärm und Toben und Gesumm!
Kein Ohr mehr, das mich höre!
Ich glaube gar, das mich höre!
Ich glaube gar, das Publikum
Versteigt sich zum Akteure!
[68] Malkontente:
Ringsum Hexen! Welch Gewühl!
Die Alte dort gezüchtigt!
Aufhebt sie ihren Besenstiel –
Hilf Himmel, sie »berichtigt!«
Wissbegieriger:
Was huscht vorüber dort im Nu,
Verlegen und beklommen?
Historiograph:
Es ist nur ein vertraulich Du,
Das nicht an Mann gekommen!
Wissbegieriger:
Und was dort um die Ecke bog,
Von Eulenschwarm umflogen –?
Historiograph:
Ei nun, ist ein ersticktes Hoch
Auf einen Demagogen!
Rheinischer Landrat:
Dummes Zeug, was ich hier seh',
Und wahrlich nicht zum Lachen!
Wär's ein Narrenkomitee,
Ich würd' es überwachen!
Ein Anderer:
Was Hinz und Kunz in meinem Kreis
Vom Landtagsabschied halten,
Bracht' ich auf allerhöchst Geheiß
In diese zwanzig Spalten.
Justizkomissare:
Heda, wie die Fiedel tönt!
Wir treten auf mit Sitten!
Der Mainzer Tag ist uns verpönt,
Hier sind wie wohlgelitten!
Ein Gesetzbuch:
Uf! eine schnelle Prozedor!
Vergönnet mir, in Hasten
Auf sehr beschleunigter Retour
Ein Weilchen hier zu rasten!
[69] Eichhorn auf dem Baume:
Manch harte Nuß weht ohne Scham
Der Wind mir in die Backen;
Zum Teufel mit dem harten Kram –
Kann ich ihn doch nicht knacken!
Feuerdrache:
Ich zische, wo's Gedanken gibt;
Drum hütet Maul und Feder!
Die Leute nennen mich Reskript,
Ich fahr' in die Katheder.
Studenten:
Nasen, Relegat und haft,
Consilium abeundi!
O Wartburgfest und Burschenschaft –
Sic transit gloria mundi!
Gustav-Adolf-Verein:
Voll Zartgefühls erschein' ich hier
Für Luthertum und Bibel.
Kürassiere:
Zur selben Zeit erhalten wir
Die Gustav-Adolf-Stiebel.
Historiograph:
O Reiterei, dies heißt dein Tun
Höchst gnädig doch belohnen:
Du trägst gewissermaßen nun
Kanonische Kanonen!
Ein Kollegium:
Laßt leben unsern Obermann,
Den Rächer der Zensierten!
Nach seinem Namen nennt fortan
Die Welt uns die Bornierten!
Alp:
Ich bin der allgemeine Alp;
Mein Amt ist, daß ich drücke!
So vieles ist anjetzo halb –
Ich bin aus ganzem Stücke!
[70] Poet:
Noch mehr – nein, das ist toll!
Wozu noch realisieren?
Ich schliee still mein Protokoll –
Wer will, mag's weiter führen!
Morgenwind:
Lustig fahr' ich durch den Raum;
Hersaus' ich von der Ilsen.
Die Knospen küss' ich auf im Traum,
Reiß' ab die alten Hülsen!
Sonne, geht auf:
Wehtest wacker mir voraus,
Die Nebel zu zerstreuen!
Wie hell und frisch auf all den Graus
Der erste Tag des Maien!
St. Goar, März 1844.
1 Es soll nun doch eine Oper sein.
Anmerkung während des Drucks
Buchempfehlung
1843 gelingt Fanny Lewald mit einem der ersten Frauenromane in deutscher Sprache der literarische Durchbruch. Die autobiografisch inspirierte Titelfigur Jenny Meier entscheidet sich im Spannungsfeld zwischen Liebe und religiöser Orthodoxie zunächst gegen die Liebe, um später tragisch eines besseren belehrt zu werden.
220 Seiten, 11.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro