[136] Von einem Satyro, oder gaisgefüßten Waldmann, dichten die Poeten, daß er von oben an bis auf den Gürtel ein Mensch, hinabwärts aber ein Gaisbock sey.
In einem sehr alten Buch wird gelesen, daß ein Satyrus einmal bei einem hart angefallenen Winter durch die grimmige Kälte des Schnees sich von dem Gebirg in eines armen Bauern Häuslein begeben und bei dem Feuer sich zu erwärmen sey gezwungen worden. Indem er also gesessen, hätte die Kälte den Hauswirth gleichfalls heim getrieben, der sich auch zum Feuer genaht und als er in die Hände gehaucht, sey er von dem Satyro gefragt worden, warum er solches thue? Darauf habe er geantwortet: Die Hände dadurch zu erwärmen. Bei herannahendem Abend hatte der Wirth ihn bei sich zu seiner gewöhnlichen Mahlzeit behalten und gleich im Anfang, weil die Suppe ziemlich heiß,[136] darein geblasen, deßwegen der Satyrus abermal gefragt, warum er solches thue? Und als er verstanden, daß er die allzuheiße Speise dadurch vermeinte zu kühlen, hätte er gesagt: Kannst du aus einem Loch Kälte und Wärme herfürbringen, so begehre ich bei dir nicht zu bleiben, und hätte sich alsbald wiederum auf sein Gebirg ohne Aufenthalt begeben. Und eben dieses sagt der weise Mann Syrach 18. Kap. V. 14: Bläsest du ins Fünklein, so wird ein großes Feuer daraus, speiest du aber ins Fünklein, so verlöscht es und beides kann aus deinem Munde kommen.
Wir haben vorhin erzählt, gleichwie der Mensch seine Arznei vor allerhand Krankheiten bei sich habe, also habe er auch das Gift bei sich, wie wir in den vorhergehenden ersten Kunststücken der Hausapothek, jenes mit etlichen Proben, wie auch was die Einpflanzung vor eine magnetische Kraft zu dem Guten nach sich führe, dargestellt haben. So wollen wir gegenwärtig dem Nebenchristen zur Warnung und gebrauchender guter Vorsicht von diesem, nämlich dem Gift und ansteckenden Krankheiten auch einigen Bericht erstatten, daraus zu ersehen, wie ein Mensch seine eigene Gesundheit und Krankheit, ja Leben und Tod bei sich selbst am Halse trage.
Die Lebensgeister (Spiritus vitales) der Menschen bestehen in unterschiedlichen volatil-salin-sulphur-und mercurialischen Eigenschaften, welche als eine Harmonie oder Uebereinstimmung componirt und zusammengesetzt sind. Nun besteht der inficirende oder ansteckende Gift in einem[137] Dunst, welcher magnetischer Weise ins Geblüt gelangt, dasselbe corrumpirt oder verderbt, daß die gute Principia des Menschen den bösen giftigen zur Fäulung dienen müssen.
Vorhin ist erzählt worden, wie man die Mumien des Menschen in einen jungen gesunden Eichbaum pflanzen und der Mensch vermittelst der Sympathie gleich dem Baum vegetiren und grünen soll. Woraus auch große Mißbräuche entstanden, daß man also das Gift, die Fieber, Apostemen aus der verstorbenen Leute Körper in die ernährende Natur gezogen und damit die Leute, Brunnen und ganze Landschaften mit sonderlichen Krankheiten vergiftet hat.
Der äußerlichen Sinne sind fünf, als:
Das Gesicht, Visus.
Das Gehör, Auditus.
Der Geruch, Olfactus.
Der Geschmack, Gustus.
Das Gefühl, Tactus.
Diese fünf Sinne, als das Vermögen zu sehen, zu hören, zu riechen, zu schmecken und zu fühlen sind gleichsam abgerichtete und in das äußerliche Begriffswesen von der Seele ausgeschickte Kundschafter, so alles, was äußerlich vorgeht, annehmen und den innerlichen Sinnen zum Vorbild darstellen.
Kein äußerlicher Sinn hat eine zartere Wirkung als das Gesicht. Durch das Gesicht sehen wir vermittelst der Augen das Licht und aller vollkommenen Dinge Auswendigkeit.
Nichts wundersamers ist in der Welt als der[138] Mensch und an dem Menschen nichts wundersamers als die Augen. Das Aug ist pfeilgeschwind in seinen Verrichtungen und vermeinen etliche, daß die Seele und das Gemüth allein aus den Augen, als ihren Fenstern, herausscheine. Der Mensch gibt seine Effluvia in subtilen Körperchen von sich, Kraft deren er einem andern mit bloßem Anschauen, unwissend und wider seinen Willen, Schaden zufügen kann. Die Verständigen unter den Weltweisen sind hierin nicht einerlei Meinung, und weil sie den rechten Zweck nicht wohl treffen können, haben sie zu sagen gepflegt: Die Liebe ist, weiß nicht was; gezeugt, weiß nicht woher; kommt, weiß nicht wie und zündet an, weiß nicht auf was Weise, auf eine gewisse Person.
Aristoteles sagt: Wenn zwei unverheirathete Personen mit unverwandten freundlichen Augen einander ansehen, so steigen alsbald die aus dem allerreinsten und zartesten Geblüt herkommende Geisterlein auf beider Herzen und dringen zu den Augen aus und andern wieder ein durch eine Sympathie, und beiderseits Gegenstrahlen, also, daß dieselben angezündeten Geisterlein (Spiritus) zu den Augen eindringen, einander an- und einnehmen, auf das Herz fallen, gemächlich durch alle Glieder sich ausbreiten, zwingen einander zu lieben und begreifen alle Affekte, Sinne und Gedanken, wird daher die Liebe nicht unbillig einem Pfeil verglichen: denn gleichwie ein Pfeil unversehens geflogen kommt und sich einsenkt, also kommt zuweilen[139] die Liebe so schnell und unversehens in des Menschen Herz geschlichen, daß es weder Rast noch Ruhe finden kann.
Homerus fällt der vorigen Meinung bei, daß alle empfindliche menschliche Liebe und Affekte blos durch die Wunderlichter des Leibes, die Augen, kommen. Begehrt ein Mensch etwas mit großer Begierde, so wenden und winden sich die subtilen Geister (wie sie reden) und dringen zum Gesicht aus auf dasjenige, so im Herzen geliebt wird. Richtet die andere Person gleichfalls ihre Augen nach ihm, so geschieht von beiden Theilen eine Verwandlung und Wechslung der Gemüther. Sehen wir im Frühling scharf in und auf das grüne Gras, so werden die Augen erfrischt und gestärkt. Sehen wir im Winter stark in den glänzenden Schnee, der doch kalt ist, so verursacht er eine Wärme in den Augen, welche Wärme wir nicht im Schnee, sondern in der Sonne suchen müssen, die sich des Schnees zum Spiegel gebraucht, welches man sieht an den Hühnern und Tauben, welche schneeblind wer den. Solches findet man in den Brenngläsern, da die Sonne ihre Strahlen auf- und durchwirft, daß auf der andern Seite etwas mag angezündet werden und dennoch das Glas kalt bleibe.
Also bekommt ein hellpolirter Spiegel Schaden, wenn ein unreines Weibsbild sich darin besieht, wird unsauber und verliert seinen Glanz. Welches daher kommt, weil der Dampf von ihrem Geblüt an der Fläche des Spiegels wegen[140] seiner glatten und hellen Gestalt sich vereinigt, daß er mit einer subtilen unreinen Haut überzogen wird, die sich ganz deutlich daran zeigt, daß man die Flecken schwerlich wieder ausbringen kann. Gleicherweise benimmt der Wolf einem die Stimme und der Basilisk das Leben, indem er mit seinen Augenstrahlen giftige Stiche versetzen kann. Die Augen haben mit den spermaticis poris eine große Gleichheit, daher geschieht es, daß diejenigen, so zuviel mit den Weibsleuten zu schaffen haben, gemeiniglich Blöde Gesichter oder dunkle Augen haben. So wir den Basilisken und alle giftigen Thiere so sehr fürchten, daß wir ihm alsbald aus dem Wege weichen, wie vielmehr sollen wir uns dann vor einem Menschen hüten, welcher mit seinem giftigen Athem und schießenden Augenstrahlen andere Menschen, mit denen er täglich umgeht, inficiren oder gar in den Tod schicken kann! Man findet, sagt Le Grand, nicht wenig alte Wetterhexen, die den Thieren und Men schen mit ihren Augen schaden. Und diese pflegen meistentheils in beiden Augen doppelte Kindlein oder eine Pferdsgestalt zu haben, wie von etlichen Pontischen Einwohnern gleichfalls gelesen wird. Sie sagen auch, daß aus deren Augen Strahlen gehen, die der Menschen Herzen als Pfeil und Geschoß treffen und bezaubern, mit einem schädlichen Gift verderben sie den Leib und beflecken in kurzer Zeit, ja in einem Augenblick, Menschen, Thiere, Frucht und Bäume und stürzen selbe bisweilen in das größte Unglück.[141]
In Arabien soll eine gewisse Art Leute gefunden werden, welche solche Erzvergifter sind, daß sie einem, den sie nur eine Zeitlang steif ansehen, das Herz und alles Eingeweide in dem Leibe vermittelst ihrer giftigen Augenstrahlen verbrennen und verdorren können. Wir erfahren durch die vielfältige Beobachtung, daß der Augen Krankheit oder deren Triefen durch ihre verborgenen Strahlen öfters anstecke und die Menschen durch bloßes Anschauen gemeldten Affekt bekommen, denn die Augen eine solche schädliche Kraft in sich haben, daß sie auch in andern dergleichen erwecken, gleichwie die Zwiebel durch ihre auswerfenden Strahlen die Augen fließend machen. Vairus sagt: Wenn das Gemüth übel auf ist, so leidet auch der Leib Noth, darum, wenn das Gemüth traurig ist, so verändert es auch des Leibes Farbe; wird es mißgünstig, so färbt es den Leib mit bleichgelber Farbe. Daher kommt es, daß wenn die Mißgünstigen ihre bleigelben Augen auf Jemand wenden, sie des Gemüthes Gift gleichfalls als recht giftige Pfeile in einen schießen. Darum ist es kein Wunder, daß etliche Leute durch bloßes Anschauen in Augenkrankheit fallen, wie Hieron. Thosius ein vornehmer Medikus, als er zu Neapel studirte, solches mit sich selbst bezeugt. Petrarcha klagt, daß er von seiner schönen Jungfrau rothe und flüssige Augen bekommen hätte.
Wenn eine übelberichtete unkeusche Person in einen Kessel voll Würste sieht, so zerbersten die Würste. Wunderbar ists, was man von dem[142] Goldammer, einem bekannten Vogel sagt: Dieser soll eine solche Natur haben, daß er die Gelbsucht, mit welcher viele Leute geplagt werden, durch seine Augen allein zu sich ziehen kann. drum man ihn auch den Gelbsuchtvogel nennt. Aber noch wunderbarer ists, daß der gelbsüchtige Mensch durch Anschauung dieses Vogels geheilt wird, der Vogel aber stirbt.
Thomai lehrt, daß wer sein Gesicht gesund und unverletzt zu erhalten begehre, derselbe sich hüten soll vor allen den Speisen, aus welchen trübe Dünste erwachsen können, als da sind Knoblauch, Zwiebel, Köhlkraut, hart gesalzene Sachen, Hülsengemüse und sonderlich die Linsen und Bohnen. Neben welchen allen dann auch die übermäßigen Bewegungen des Leibs, so bei Tag und sonderlich gleich nach dem Essen geschehen, zusammt dem vielen Wachen und oft wiederholten Beischlaf, dem Gesicht fast schädlich sind.
Der Saft von Schwalbenkraut mit Eierklar vermischt und zeitlich in die Augen gethan, stärkt nicht allein das blöde Gesicht, sondern hilft den Augen und allen Gebrechen ab.
Von den Weinrauthen sagt Ovidius:
Wer seinen Augen rathen will,
Der brauch die Rauthen ob und viel.
Die verborgenen Arzneien und Sekreten betreffend, deren weder der Medikus, noch auch der allergelehrteste Philosophus Grund und Ursach wissen kann, findet man derjenigen nicht wenig, die da vorgeben, es hätten die Augen einer[143] Krähen an den Hals gehängt die sonderbare Natur, daß sie dem Menschen nicht allein sein gut Gesicht erhalten, sondern auch das blöde gewaltig stärken und alle Gebrechen vertreiben. Deßwegen der König Pyrrhus stets ein solches hinten an seinem Hals angebunden getragen und sich sehr wohl dabei befunden haben soll.
Durch das Gehör vernehmen wir vermittelst der Ohren die Stimme und alles Getön. Unter den Aerzten und Philosophen ist der gemeine Wahn, daß diejenigen, so taub auf die Welt kommen, auch allesammt stumm seyen, denn dieweil sie des Gehörs ermangeln, können sie auch von keinem Menschen einige Sprache vernehmen und begreifen.
Die Natur ist öfters nicht zu erforschen auch in der Musik. Wenn der Mensch von dem giftigen Thier Tarantula gebissen wird und eine Musik darauf hört, wird er durch den Klang wieder gesund. Man erinnere sich hiebei, daß wenn der böse Geist den König Saul geplagt, David seine Harfe gerührt und ihn damit vertrieben.
Wie ein Glas durch einen gewissen Ton entzwei gebrochen werden kann, erzählt Morhof. Zum Exempel sagt er, er hätte an einer Strohfiedel beobachtet, daß wenn einer in der Nähe eine Saite gestrichen oder die Glocken geläutet, allezeit das Stückchen Holz, das mit dem gestrichenen, geläuteten oder gesungenen Ton übereingestimmt, gezittert hätte. Dergleichen wird mehr erzählt von der Gleichheit Sympathia und der[144] Ungleichheit Antipathia des Tons oder Stimme wie die Exempel des Hussitenobersten Ziskä Trommel von seinem Fell, der Saite von einem Wolf und Schaf, Rolandi Horn, Olivant genannt, und andere mehr ausweisen. Wenn mancher bei Pestzeiten hört, daß dieser oder jener davon gestorben, bekommt er einen Schrecken, das Geblüt eilet durch die innerlichen Hingänge dem Herzen zu und fällt in dergleichen Krankheit. Den Kindern ist nichts gefährlicher und schädlicher als der Eltern Fluch. Wie manche Eltern fluchen ihren Kindern aus Zorn, daß sie sich dafür entsetzen, zittern und zagen und aus großer Furcht entweder verlahmen oder in schwere Krankheiten fallen, welches von der großen Aufwallung des Geblüts, Bewegung der lebhaften Geister, plötzlichen Veränderung der Natur und großem Schrecken herrührt. Daher sollen die Kinder ihre Eltern nicht zum Zorn reizen, sie fürchten, ehren, lieben und ihnen gehorsam seyn. Wenn eine Kindbetterin einen unbekannten Mörder oder Ehebrecher reden hört, fällt sie in eine tödtliche Krankheit. Wie viele Podagricos hat ein unvermutheter Schrecken und Alteration von ihrem Uebel befreit. Viele böse Menschen werden gefunden, welche einen Baum wegen seiner Schöne, die herrliche Frucht auf dem Feld, ein stattliches Pferd oder anderes Thier, oder einen Menschen loben, davon selbige entweder verdorren oder krank werden und gar sterben. Das übermäßige Lob ist bei den Heiden vor eine Bezauberung gehalten worden, dagegen haben sie[145] sich verwahrt mit Spicanard als einem abtreibenden Kraut, davon Cordus Dioscorides und Joh. Bap. Porta sagen: Wir Deutsche nennen es Beschreien oder Berufen, daher wenn böse Unholde kleine Kinder zu sehr loben, pflegen wir dabei zu sagen: Gott segne, oder Gott behüte es! Und räuchern uns mit Weihrauch und schlagen solche beräucherte Tücher um uns. Gleichwie man bei einer beschreiten Kindbetterin einen Degen, womit einer entleibt, dawider zu legen pflegt, also läßt man über die Degenspitze etwas Bier laufen, schabt damit oben darüber her und gibt es dem beschreiten Kind zu trinken, so hilft es.
Das allerheilsamste Mittel wider das verlorne Gehör ist der Rauch von Schwefel, auch von Tabak, durch ein Rohr in die Ohren gelassen. Die Milch einer Frau mit ein wenig Opio in die Ohren geträuft, vertreibt derselben große und unleidliche Pein, auch aus Hitze entstandene Schmerzen gleichsam in einem Augenblick. Zu den andern aber, welche ihren Ursprung aus Kälte empfangen, ist nichts erwünschter, als das Oel von Bibergeil oder Schwertel, warm in die Ohren geträuft.
Wenn es ein schlagender oder klopfender Schmerz ist, welcher allen Anzeichen nach aus einer hitzigen Materie entstanden und daneben auch zu besorgen, es möchte ein Geschwär daraus erfolgen, so pflegt man Wegrichsaft mit Rosenöl und ein wenig Opium in das Ohr hinein zu thun, es ist eines der allertrefflichsten[146] Mittel. Oder da es ein Geschwär von Kälte, so läßt man einer Mandel groß des inwendigen Theils von Knoblauch mit Oel stoßen, in einem eisernen oder kupfernen Löffel warm machen und in die Ohren träufen, oder etwas von Gans- oder Fuchsschmalz tropfenweise in die Ohren fallen lassen. Ich selbst hab deren viel kurirt, so lebendige Würmer in den Ohren gehabt, indem ich ihnen nur ein wenig Wermuthsaft in die Ohren gelassen und befunden, daß es die Würmer alsbald getödtet.
Durch den Geruch fangen wir vermittelst der Nase alles das auf, was wohl oder übel riecht.
Die Menschen können dieser drei Dinge, Luft, Speise und Trank nicht entrathen, sondern müssen davon leben und sich ernähren. Die Luft aber ist unter diesen dreien am schnellsten und kräftigsten, unsere Körper zu verwandeln, weil sie ohne Hinderniß alle Augenblick durch die Lunge zum Herzen gezogen wird, sich ferner mit den lebendigen Geistern ins Geblüt hin und wieder austheilt und ausbreitet, daher leicht abzunehmen, wenn die Luft rein und unbefleckt eingezogen wird, daß sie die Geister des Herzens und auch das Geblüt erfrischt und erquickt, sintemal das Herz, welches ein Ursprung und Quelle der natürlichen Wärme ist, wegen seiner steten Uebung und Bewegung, verwelkt und ausdorrt, wenn es nicht wiederum durch eine frische Luft erlabt und gekühlt und auch durch Speise und Trank ihm frische Nahrung beigebracht wurde, denn diejenigen, so in guter frischer Luft[147] leben, sind mehrentheils gesund, die aber die böse Luft an sich ziehen, kranken fast ohne Unterlaß. Die astralischen Krankheiten sind einfähig, anzüglich und können durch die Nase mit der Luft zu dem Gehirn durch den Mund zur Lunge, durch Speise und Trank zum Magen gebracht werden. Also können die obersten Astra das unterste inficiren und beschädigen. Was die Veränderung der Luft vermag, ist den Wundärzten bekannt, daß ein Kranker an einem Ort eher als an einem andern genese. Die durch die Nasenlöcher eingezogenen Dämpfe vermögen nicht eben soviel zu schaden, als diejenigen, so durch den Mund eingezogen worden, indem man ihnen gar leicht widerstreben kann, durch bequemlichen Balsam und andere wohlriechende Sachen. Die subtilen und sehr anhängenden Dämpfe stecken allgemächlich, ehe man sichs versieht, durch den Schlund den Magen an, so daß endlich von derselben Vermischung mit dem Blut alles Uebel herrührt. Daher entspringen große Haupt-u. Brustkrankheiten. Hippokrates schreibt, daß die allgemeinen Seuchen und Krankheiten nicht von unordentlichem Essen und Trinken herkommen, sondern von giftigen Dünsten, welche durch Wirkung der Planeten auf der Erde gezogen, die Luft, darin wir leben und daraus wir den Athem haben müssen, vergiften.
Daneben zeigt er an, wie man solchem gemeinen Gift etlichermaßen fürkommen könne, nämlich, daß man sich fürs erste solcher bösen Luft äußern, dazu den Leib mit Essen und[148] Trinken nicht beschweren, sondern ihm etwas entziehen soll, damit er etwas matt und schwach werde. Denn ein matter und schwacher Leib, sagt er, holt die starke Luft oder starken Athem nicht zu sich. Wo aber der Athem nicht stark ist und wo wenig böse Luft in den Leib gezogen wird, da kann der Athem oder die Luft keinen großen Schaden thun. Das Anhauchen ist nicht weniger eine subtile Wirkung der Natur, indem ein Dünstlein oder Anhauch gleichsam als ein gereiftes Abstäublein durch die Luft treibt und zu dem vordersten Gehirnhäuslein geleitet wird, durch welches Mittel ein Hund seines Herrn Spur folgt und den weggeworfenen Stein, den man in der Hand gehabt, unter vielen anfaßt. Daß durch das Anhauchen einem kann Gift beigebracht werden, bezeugen die Exempel. Gleichwie einige Krankheiten durch den Geruch können geheilt werden, als wenn man warmes in Wein getunktes Brod vor die Nase hält, auch anstatt eines Pflasters auf die Schläfe und Rippen legt, bringt die zerfallenen Kräfte der Kranken wunderbar wieder. Ein stark stinkender Haar- oder Federgeruch stillt die aufsteigende Mutter. Den Rauch des Bergwachses vor die Nase gehalten, befreit die Weiber schleunig von der Mutterkrankheit, welches auch das rothe Bergwachs thun soll. Also schadet ein starker Geruch dem Gehirn, daß mancher davon krank wird, auch die Thiere, welche Safran und andere starkriechende Materie tragen, werden von so starkem Geruch unsinnig. Der Gestank eines ausgelöschten[149] Lichts ist den schwangern Weibern zuwider, daß sie auch durch dessen anziehenden Geruch gar leicht unzeitig gebären können. Wie leicht kann ein Mensch unschuldigerweise eine Krankheit an sich bekommen, als wenn eine inficirte Person, so die Franzosen, die Dysenterie, rothe Ruhr, den Aussatz oder andere anklebende Krankheit hat, auf ein niedriges geschlossenes Sekret geht und ihm ein gesunder Mensch alsbald darauf folgt, so kann er selbige Krankheit von des inficirten Menschen Auswurf durch die anziehende subtile, zarte und unsichtbare Atomos an sich ziehen, gleichwie die Aussätzigen einen durch das Anhauchen, Fühlung, auch mit den Atomis anstecken können. Daß sonst die Effluvia oder irdische Spiritus aus des Menschen Leib stets ausdünsten, sieht man an dem unvernünftigen Vieh, welches eine scharfe Riech- oder Spürkraft hat, wie man an den Hunden und dergleichen sieht, daß sie von ihrem Herrn oder Gesind, welches ihrer wartet, ausspüren und von andern unterscheiden können. Die rothe Ruhr steckt so leicht an, weil die aus des Menschen Excrement ausgehende Effluvia mit malignischer Qualität behaftet, an andere Menschen hängen und hiemit inficiren.
Ein jeglicher gesunder Mensch kann von einem Kranken, bevorab wegen Gleichheit der Natur und Complexion, gar leicht durch die anziehende Luft in die Nasenlöcher oder den Schlund angesteckt werden und zwar desto eher in einem eng eingezwungenen und warmen als in einem offenen[150] und kalten Ort. Der Mensch kann bei einer Contagion von unvernünftigen Thieren, Hunde, Katzen, Hühnern, Tauben etc. deßgleichen von leblosen Dingen, Kleidern, Betten, Hemden, Stühlen, Kissen und dergl., darin die Dämpfe sich eingedrungen, inficirt werden, da der Mensch doch nichts davon weiß, auch nicht davor erschrickt. Die Dämpfe eines vergifteten Körpers setzen sich in die Kleider, Wolle und Leinwand. Es schreibt Alexander Benediktus, daß zur Zeit seines Vaters eine Decke, von welcher geargwohnt war, daß sie pestilenzisches Gift in sich haben soll, hingelegt und wohl verwahrt, nach sieben Jahren aber wieder herfürgebracht, wohl geschüttelt, ausgestäubt und gelüstet, einem Diener übergedeckt, er aber davon getödtet und andere mehr angesteckt worden. Einer der das Zipperlein gehabt und lange Zeit auf einem Stuhl gesessen, hat in demselben Stuhl soviel zurückgelassen, daß dessen Schwester, weil sie darauf gesessen, das Zipperlein auch bekommen, aber sonst Niemand. In dem Schweiß des Menschen ist ein Theil des microcosmischen Schwefels, wie man solches bei denjenigen findet, welche die Franzosen, die Pest und dergleichen haben. Daher lassen die geilen Leute einen üblen Schweißgeruch von sich. Die Einhauchung einer pestilenzischen Luft ist genugsam das Herz zu tödten. Denn ob man schon die bösen Dünste und das Anathmen nicht sieht, so sind sie doch so anfällig und werden durch die Nase und Ohren, das Gehirn oder die Luftröhre und Lungen an[151] sich gezogen. Wer mit Kranken umgeht oder bei einem übelriechenden oder verdächtigen Ort vorbeigeht oder sich daselbst aufhält, soll keineswegs den Speichel verschlucken, sondern denselben allezeit aus dem Munde werfen, wodurch er vermittelst göttlichen Beistands und natürlicher Hilfe vor aller sonst gewiß ansteckenden Seuche befreit bleiben wird. Denn der Mensch durch den verschluckten, mit einem stinkenden Geruch oder widerwärtigen Geschmack verfälschten Speichel, mit eben solcher Aenderung, als der Geruch des eingeschluckten Speichels zu seyn pflegt, angesteckt werden kann. Denn solcher verschlungene Speichel im Zimmer eines Kranken oder in verunreinigter Luft, steckt erstlich den Magen, nach diesem das Geblüt und endlich den ganzen Leib an. Die Menschen vergiften einer den andern am meisten, wenn sie gerade gegeneinander überstehen, denn die Anhauchung und bösen Dünste des inficirten Menschen sind seitenwärts nicht so anfällig. Gregori ol' Orvietano ist von dem Geruch einer Blume, welche ihm der Großherzog von Toskana zugesendet, dergestalt vergiftet worden, daß er etliche Stunden für todt dagelegen, hat sich aber mit dem Gegengift, welches er bei sich in Bereitschaft getragen, wieder geholfen. Francisco Ordelafo, Herr zu Forli, hatte ein Gift, welches man auf eine Kohlengluth warf und davon starben die Umstehenden, weil es einen tödtlichen Geruch von sich gab.
Die wunderbare Subtilität der Leiblein (Atomorum), die aus eines lebendigen Menschen Leib[152] kommen, wirken auf die Sinne und gehen in ihre Behälter nach dem Gehirn.
In der Zunge stehet der Tod und das Leben. Prov. 18, v. 21. Sie ist das allerbeste und auch das allerärgste Stück Fleisch an dem Menschen, dadurch loben wir Gott und fluchen dem Menschen, und wer seine Zunge recht regieret, der ist ein vollkommener Mann, Jakob. 5, v. 2. Manches Menschen Zunge ist ärger als eines Hundes. Diese heilet mit dem Lecken die Geschwür oder Grinde. Gleichwie man an dem Urin des Menschen, also eben kann man an der Zungen in Krankheiten eine Anzeigung finden, wie es mit dem Menschen im Haupt, Brust und Magen beschaffen sey, dieweil die Zunge das Instrument des Gemüths, der Rede und Geschmacks ist, daran setzen sich die groben schleimichten Feuchtigkeiten des Haupts, Brust und Magens, Blattern und Geschwüre. Den kleinen Kindern muß man oft den Kegelreim lösen, stammeln auch, wenn man sie viel in Rücken schlägt; oft verliert sich der Geschmack, oft die Bewegung in dem Gift und Schlag wegen der vielen groben Feuchtigkeiten.
Durch den Geschmack, vermittelst der Zunge, empfindet man im Mund, was wohl oder übel schmecket, was süß, herb, sauer, resch, scharf, salzig oder bitter ist; hernach wird die gekäuete Speise durch den Schlund in den Magen geführet; durch die Speise kann des Menschen Natur sehr geändert oder vergiftet werden. In dem Fleisch des Viehes und der Vögel und in[153] den Fischen, ob sie zwar zur rechten Zeit ab- und aufgethan werden, ist öfters an sich selbst eine gewisse Art von Krankheiten; und wenn wir solches hernach essen (sonderlich so sie bereits vorher einen starken Geruch an sich haben), so gehet es uns gar leicht, daß wir ihres kränklichen Bildes und Zeichens theilhaftig werden und gewisse mumialische Gerüche und Fäulungen in uns entstehen. Also, daß allerhand Krankheiten vieler Thiere (die wir essen) in dem Menschen ihren Tummelplatz halten. Wenn einer Bärenhirn frißt, so fällt er in eine Phantasey und starke Imagination, als ob er zum Bären worden. Zu Breslau in Schlesien sah eine Jungfrau mit vielen andern Leuten einem Mörder durch den Scharfrichter den Kopf abhauen: darüber sie so erschrack, daß sie davon die hinfallende Sucht (oder schweren Gebrechen) bekam; man gebrauchte dawider allerhand Mittel, aber ohne Wirkung. Ein Maler des Orts wollte auch verständig seyn und gab den Rath, man sollte der Jungfer Katzenblut zu trinken geben, so würde die Krankheit nachlassen. Man folgte diesem Rath, und gab ihr Katzenblut zu trinken. Aber alsbald darauf veränderte die arme Jungfer ihre Natur, nahm allgemach Katzenart an sich, schrie wie eine Katze, spähte in der Stille die Ratten und Mäuse durch alle Winkel des Hauses aus, suchte auf allerlei Weise sie zu ertappen, und trieb solche Katzenübung so lange, bis die Heftigkeit der Krankheit vorüber ging. Die Grausamkeit der französischen Krankheit ist[154] bisweilen so groß, daß nicht nur allein ein Mensch durch seinen Athem kann angegriffen und Mehrere angesteckt werden, sondern auch die Hunde sind vor selbiger nicht frei, wo sie die Geschwär oder Salben der Kranken lecken. Dieses hat die Erfahrung gelehrt, denn als einsmals ein Hund seines Herrn Pflaster gelecket, bekam er die gleiche Krankheit.
Durch das Gefühl empfindet man vermittelst Anrührung oder Angreifung Haut und Fleisches, ob etwas warm, kalt, naß oder feucht sey. Wenn ein unkeuscher Ritter eine mit den Franzosen behaftete Dame berührt, wird er unter ihrem leiblichen Empfahen den Lohn davon tragen. Das indianische Mägdlein, welches der König aus Indien dem Alexander M. verehrt, daß er durch das Beschlafen von ihr vergiftet würde, ist auch mit dem schädlichen Gift Napello auferzogen, welches ihr selbst zwar nicht schadet, dann sie dessen durch stetigen Gebrauch dermaßen gewohnet, daß sie auch ganze Hände voll ohne Schaden gefressen, andere aber dadurch vergiftet. Denn als sie von dem Alexander auf Aristotelis Rath und Vermahnung, welcher an ihren blitzenden, nickenden und gelbgrün funkelnden Augen das Gift vermerket, verworfen und nicht angenommen, ist sie dem Hofgesinde zu Theil worden, und sind alle, so sie berühret, vergiftet und von ihr getödtet. Kaiser Otto der dritte ist von Crescentii, eines edlen Römers Weib, welcher er die Ehe versprochen und nicht halten wollen, durch vergiftete Handschuhe hingerichtet worden.[155] Johann Galeazo, Herzog zu Mailand, ist durch den Stegreif, in welchem er geritten, vergiftet worden, daß er jähen Todes gestorben. Helinont erzählt, wie die Hexen durch bloßes Anrühren ihre Zauberei anbringen, und wie man selbige durch Gegenschlagen wieder zurücktreiben könne. Was das erste menstruosische, in einem Tüchlein aufgefangene Blut vor wunderbare Wirkungen in vielen Sachen, auch in martialischen Fällen, habe, ist wegen des Mißbrauchs nicht zu melden. Plinius glaubte, daß in dem monatlichen Weiberfluß ein böses Gift sey, welches aber nicht von allen, sondern von den Kranken zu verstehen ist. Denn aus dergleichen monatlichem Geblüte werden die Menschen, wo sie dergleichen von Zauberinnen zu trinken bekommen, mond- und schwindsüchtig. Daß man aus dem Menstruo einen Liebestrank machen könne, darf man wegen des Mißbrauchs nicht wohl sagen, welcher aber auch wegen der starken Kraft öfters sehr schädlich ist.
Wenn die Hunde dergleichen Blut trinken, so werden sie wüthend. Ein Spiegel, der von einem solchen die Blume habenden Weib angehaucht wird, verliert seinen Glanz. Die grünen Kräuter, so sie etwan von ungefähr berühret, verderben und werden dürr; die Ölbäume stehen davon ab und werden unfruchtbar. Plinius berichtet, daß durch dessen bloßes Anrühren die jungen Reben abstehen, die Raute und Epheu jähling sterben, daß es die Bienen vertreibe, das Tuch schwarz mache, die Schärfe der Scheermesser[156] verderbe, die Metalle rostig und giftig mache, den Pferden, wann sie empfangen, die Frucht abtreibe, und andere Übel mehr verrichte, welches theils falsch, theils von allem Menstruo nicht zu verstehen ist. Der Biß oder Geifer eines tollen Hundes hängt äußerlich an mit durchdringender Kraft, nicht allein durch die Haut, sondern nimmt die vornehmsten Glieder, ja das Gehirn ein, und macht endlich ganz thöricht, nicht anders, als wie der Magnet das Eisen, Agt- oder Bernstein, Stroh, Spreu und andere leichte Dinge an sich zieht.
Eine Kröte an einem hölzernen Spieß in der Luft ausgedörrt, in ein Tüchlein gebunden, so sie ein Blutender nur in die Hand nimmt, so wird das Blut, sobald die Kröte warm wird, gestillet. Bursa Pastoris oder Seckelkraut hat eben solche Wirkung.
Hingegen ist Napellus, das Wolfskraut oder Eisenhütlein, so giftig, daß, wer die Wurzel in der Hand erwarmen lässet, gleich sterben muß. Solches haben die Hirten auf dem Feld erfahren, welche kleine Vögel an dem Stengel gebraten, und sich also ums Leben gebracht.[157]
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