Antworten

bei einem gesellschaftlichen

Fragespiel

[29] Die Dame


Was ein weiblich Herz erfreue

In der klein und großen Welt?

Ganz gewiß ist es das Neue,

Dessen Blüte stets gefällt;

Doch viel werter ist die Treue,

Die auch in der Früchte Zeit

Noch mit Blüten uns erfreut.


Der junge Herr


Paris war in Wald und Höhlen

Mit den Nymphen wohl bekannt,

Bis ihm Zeus, um ihn zu quälen,

Drei der Himmlischen gesandt;

Und es fühlte wohl im Wählen

In der alt und neuen Zeit

Niemand mehr Verlegenheit.


Der Erfahrne


Geh den Weibern zart entgegen,

Du gewinnst sie, auf mein Wort;

Und wer rasch ist und verwegen,

Kommt vielleicht noch besser fort;

Doch wem wenig dran gelegen

Scheinet, ob er reizt und rührt,

Der beleidigt, der verführt.


Der Zufriedne


Vielfach ist der Menschen Streben,

Ihre Unruh, ihr Verdruß;

Auch ist manches Gut gegeben,[29]

Mancher liebliche Genuß;

Doch das größte Glück im Leben

Und der reichlichste Gewinn

Ist ein guter, leichter Sinn.


Der lustige Rat


Wer der Menschen töricht Treiben

Täglich sieht und täglich schilt

Und, wenn andre Narren bleiben,

Selbst für einen Narren gilt,

Der trägt schwerer als zur Mühle

Irgendein beladen Tier.

Und, wie ich im Busen fühle,

Wahrlich! so ergeht es mir.


Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 1, Berlin 1960 ff, S. 29-30.
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