[47] Nachdem Courasche anfähet, sich fromm zu halten, wird sie wieder unversehens zu einer Wittib.
Ich rüstete mich trefflich ins Feld, weil ich schon besser als mein Haubtmann wußte, was darzu gehörete; und indem ich mich ängstigte, daß ich wieder dahin mußte, wo man die Courasche kennete, erzählte ich meinem Mann mein ganzes geführtes Leben bis auf die Hurenstücke, die ich hie und da begangen, und was sich mit mir und dem Rittmeister zugetragen; vom Namen »Courasche« überredet ich ihn, daß er mir wegen meiner Tapferkeit zugewachsen wäre, wie dann sonst auch jedermann von mir glaubte. Mit dieser Erzählung kam ich denjenigen vor, die mir sonst etwan bei ihm einen bösen Rauch gemacht, wann sie ihm vielleicht solches und noch mehr darzu, ja mehr, als mir lieb gewesen, erzählet hätten. Und gleichwie er mir damal schwerlich glaubte, wie ich mich in offenen Schlachten gegen dem Feind gehalten, bis es folgends andere Leut bei der Armee bezeugten, also glaubte er nachgehends auch andern Leuten nicht, wann sie ihm von meinen schlimmen Stücken aufschnitten, weil ich solche leugnete. Sonst war er in allen seinen Handlungen sehr bedächtig und vernünftig, ansehenlich von Person und einer von den Beherzten, also daß ich mich selbst oft verwunderte, warumb er mich genommen, da ihm doch billiger etwas Ehrliches gebührt hätte.
Meine Mutter nahm ich mit mir vor eine Haushalterin und Köchin, weil sie nit zuruckbleiben wollt. Ich versahe unseren Bagagewagen mit allem dem, was man ersinnen hätte mögen, das uns im Feld sollt nötig gewesen sein, und machte eine solche Anstalt unter dem Gesind, daß weder mein Mann selbst drum sorgen, noch einen Hofmeister darzu bedorfte; mich selbst aber mundierte ich wieder wie vor diesem mit Pferd, Gewehr, Sattel und Zeug, und also staffiert kamen wir bei den Häusern Gleichen zu der Tillyschen Armee, allwo ich bald erkannt und von den mehristen Spottvögeln zusammengeschrieen wurde: »Lustig, ihr Brüder, wir haben ein gut Omen, künftige Schlacht zu gewinnen!« – »Warum?« – »Darum, die Courasche ist wieder bei uns angekommen!« Und zwar diese Lappen redeten nicht übel von der Sach, dann das Volk, mit dem ich[47] kam, war ein Sukkurs von drei Regimentern zu Pferd und zweien zu Fuß, welches nicht zu verachten, sondern der Armada Courage genug mitgebracht, wann ich gleich nicht dabei gewesen wäre.
Meines Behalts den zweiten Tag nach dieser glücklichen Konjunktion gerieten die Unserige dem König von Dänemark bei Lutter in die Haar, allwo ich für wahr nicht bei der Bagage bleiben mochte, sondern, als des Feinds erste Hitze verloschen und die Unserige das Treffen wieder tapfer erneuert, mich mitten ins Gedräng mischte, wo es am allerdicksten war. Ich mochte keine geringe Kerl gefangen nehmen, sondern wollte meinem Mann gleich in der erste weisen, daß mein Zunamen an mir nicht übel angelegt wäre, noch er sich dessen zu schämen hätte; machte derowegen meinem edlen Hengst, der seinesgleichen in Prag nicht gehabt, mit dem Säbel Platz, bis ich einen Rittmeister von vornehmen dänischen Geschlecht beim Kopf kriegte und aus dem Gedräng zu meinem Bagagewagen brachte. Ich und mein Pferd bekamen zwar starke Püff, wir ließen aber keinen Tropfen Blut auf der Walstatt, sondern trugen nur etliche Mäler und Beulen darvon. Weilen ich dann sahe, daß es so glücklich abgieng, machte ich mein Gewehr wieder fertig, jagte hin und holete noch einen Quartiermeister sambt einem gemeinen Reuter, welche nicht ehe gewahr wurden, daß ich ein Weibsbild war, als bis ich sie zu obengedachten Rittmeister und meinen Leuten brachte. Ich besuchte keinen von ihnen, weil jeder selbst sein Gelt und Geltswert herausgab, was er hatte; vornehmblich aber ließe ich den Rittmeister fast höflich; traktiern und nit anrühren, viel weniger gar ausziehen; aber als ich mich mit Fleiß ein wenig beiseits machte, vertauschten meine Knecht mit den an dern beiden ihre Kleider, weil sie trefflich wohl mit Köllern mondiert waren. Ich hätte es zum drittenmal gewagt und fort geschmiedet, dieweil das Eisen weich gewesen und die Schlacht gewähret; so mochte ich aber meinem guten Pferd nicht zu viel zumuten. Indessen bekam mein Mann auch etwas wenigs an Beuten von denen, die sich aufs Schloß Lutter retiriert und ewiglich auf Gnad und Ungnad ergeben hatten, also daß wir beide in und nach dieser Schlacht in allem und allem auf tausend Gulden Wert vom Feind erobert, welches wir gleich nach dem Treffen zugemacht und, ohnverweilt per Wechsel nacher Prag zu meinen alldortigen 2000 Reichstalern überschafft, weil wir dessen im Feld nicht bedürftig und täglich hofften, noch mehr Beuten zu machen.
Ich und mein Mann bekamen einander je länger je lieber, und schätzte sich als das eine glückselig, weil es das andere zum[48] Ehegemahl hatte; und wann wir uns nit beide geschämt hätten, so glaub ich, ich wäre Tag und Nacht in den Laufgräben, auf der Wacht und in allen Okkasionen niemals von seiner Seiten kommen. Wir vermachten einander alles unser Vermögen, also, daß das Letztlebende (wir bekämen gleich Erben oder nicht) das Verstorbene erben, meine Säugamme oder Mutter aber gleichwohl auch ernähren sollte, solang sie lebte, als welche uns großen Fleiß und Treu bezeugte. Solche Vermächtnus hinterlegten wir, weil wirs in duplo ausgefertigt, eine zu Prag hinter den Senat und die ander in meines Manns Heimat in Hochteutschland, so damals noch in seinem besten Flor stunde und von dem Kriegswesen das geringste nicht erlitten.
Nach diesem lutterischem Treffen nahmen wir Steindruck, Verben, Langenwedel, Rotenburg, Ottersberg und Hoya ein, in welchem letztgenannten Schloß Hoya mein Mann mit etlichen kommandierten Völkern ohne Bagage mußte liegen verbleiben. Gleichwie mich aber sonst nirgends keine Gefahr von meinem Mann behalten konnte, also wollte ich ihn auch auf diesem Schloß nit allein lassen aus Furcht, die Läuse möchten mir ihn fressen, weil keine Weibsbilder da waren, so die Soldateska gesäubert hätten. Unsere Bagage aber verblieb bei dem Regiment, welches hingieng, die Winterquartier zu genießen, bei welcher ich auch verbleiben und solchen Genuß hätte einziehen sollen.
Sobald nun solches bei angehendem Winter geschehen und Tilly dergestalt seine Völker zerteilet, siehe, da kam der König in Dänemark mit einer Armee und wollte im Winter wieder gewinnen, was er im Sommer verloren; er stellte sich, Verben einzunehmen; weil ihm aber die Nuß zu hart zu beißen war, ließe er selbige Stadt liegen und seinen Zorn am Schloß Hoya aus, welches er in 7 Tagen mit mehr als tausend Kanonschüssen durchlöchert, darunter auch einer meinen lieben Mann traf und mich zu einer unglückseligen Wittib machte.