»Poesie der Zukunft«

[133] 1850.


Wo sie die wilde Schlacht geschlagen haben,

O lauscht nicht auf dem Feld nach Lerchensange!

Da kreischt die Krähe nur nach blankem Fange,

Dann kommen erst die Geier und die Raben;


Sie kommen zu beerben, zu begraben;

Dann kommt Erstarrung, Schweigen, lange, lange

Bis spät der Sämann kommt vom nächsten Hange,

Zu streuen seines Saatkorbs neue Gaben.


Als läg' im Körnlein eine Liederseele,

Erhebt sich dann aus seinem Aehrenmeere

Die Lerche, eine sangbegabte Aehre. –


»Wann steigt aus goldner Saat die goldne Kehle?«

Mich dünkt, die Todten sind noch unbegraben,

Noch währt die Zeit der Geier und der Raben.

Quelle:
Anastasius Grün: Gesammelte Werke, Band 1–4, Band 2, Berlin 1907, S. 133-134.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
In der Veranda
Sämtliche Werke 3: In der Veranda. Hg. von Anton Schlossar [Reprint der Originalausgabe von 1906]
In der Veranda
In Der Veranda: Eine Dichterische Nachlese (German Edition)