|
[2] Lied im Ton deß 137. Ps. An Wasserflüssen Babylon, usw.
1.
Jerusalem, du Friedenstadt,
Du Wohnung aller Frommen,
In der Gott Herd' und Feuer hat,
Dahin wir werden kommen:
Du bist deß Höchsten höchster Thron,
Du bist der Außerwehlten Lohn,
Da kein Tod zu befahren,
Da Jammer, Angst und Schmertzenleid
Sich wandelt mit der Ewigkeit
In Freud der Engel Scharen.
2.
Es wer uns solches Vatterland
Hier gantz verborgen blieben,
Wann uns nicht jenes Engels Hand
Der Wohnung Sitz beschrieben:
Die Mauren sind von Jaspisstein,
Ihr Pflaster ist von güldnem Schein,
Ihr Liecht ist stete Sonne,
Der Grund von Sardis und Sapphir,
Die Thore mit der Perlen Zier
Beschmuckt stets voller Wonne.[2]
3.
Ein Strom, so diese Stadt durchgeust,
Ist reiner als Crystallen,
Der umb das Holtz deß Lebens fleust,
Deß Früchte Gott gefallen.
Darvon heilt sich der Heyden Rott,
Die ewig dienen jhrem Gott
Vnd seinen Antlitz schauen.
Sein Nam auff jhrer Stirne bleibt,
Den keine Noht noch Tod vertreibt,
Weil sie jhm gantz vertrauen.
4.
Die wir allhier im Threnen-Thal
Als Knecht in Babel leben,
Gedencken offt viel tausendmal,
Was Gott wird endlich geben:
Die Wohnung in Jerusalem,
Die ewig lieblich und bequem,
Darnach wir sehnlich flehen.
Herr Jesu Christ, mach' uns bereit,
Daß wir in deiner Herrlichkeit
Mit Freuden mögen sehen!
5.
O Mensch, wann du der Wolcken Thron,
Den Mond und Sterne schauest,
So denck zugleich an Gottes Sohn,
Auff den du glaubig bauest:
Die Sonne der Gerechtigkeit
Hat dich der Sünden Dienst befreyt,
Daß du mit allen Frommen
Wirst leuchten gleich der Sternen Krantz
Mit überhellem Stralen-Glantz,
Den nie kein Aug vernommen.
6.
So komm, Herr Jesu, mach ein End
Den lang verargten Zeiten.
Mein Hertz ist gantz zu dir gewendt,
Du kanst es ferner leiten
Von hier zu dir, wanns dir gefällt.
Auff dich ist nun mein Trost gestellt:
Die Welt muß bald vergehen
Mit jhrem überstoltzen Pracht,
Mit jhrer Frevelvollen Macht;
Mein Hort, dein Wort bestehet!
Buchempfehlung
Das 1900 entstandene Schauspiel zeichnet das Leben der drei Schwestern Olga, Mascha und Irina nach, die nach dem Tode des Vaters gemeinsam mit ihrem Bruder Andrej in der russischen Provinz leben. Natascha, die Frau Andrejs, drängt die Schwestern nach und nach aus dem eigenen Hause.
64 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro