[18] Nach der Stimme: Allein Gott in der Höh sey Ehr, usw.
1.
Eröffne dich, O schwacher Mund,
Dem Höchsten Lob zu singen,
Der dich so manche Tag und Stund
In Ruhe zu lässt bringen.
Mein GOTT, der du von Jugend auff
Begleitet meines Lebens Lauff,
Laß mir das Lied gelingen!
2.
Hinweg mit aller Eitelkeit,
Wenn mein Hertz GOTT verlanget,
Hinweg, was giebt und nimmt die Zeit,
Darmit der Weltling pranget!
Was sichtbar ist, gar schnell vergeht,
Unsichtbar ist, was ewig steht,
Da meine Seel' anhanget.
3.
Mein Gott, der du die Hertzen kennst.
Kanst ihre Sprach verstehen,
Der du mit heilgen Flammen brennst,
Kanst meinen Geist erhöhen;
Halt für genehm die stumme Sprach,
In dem mein Puls sich nach und nach
Mit Dir sich will begehen.
4.
In Dir, O Schöpffer aller Ding',
In dir lebt unser Leben.
Du hast uns einen DenkmahlRing
In unsren Leib gegeben.
So vielmals unser Hertz sich regt
Und unser Puls in uns bewegt,
Soll sein Lob in uns leben.
5.
Gleich als das unbejahrte Kind
Hangt an der Mutter Brüsten,
In selben seine Nahrung findt
Ohn andrer Speis Gelüsten,
Also mein Hertz nach Gott verlangt
Und stets an seinen Willen hangt
In dieser Welte Wüsten.[18]
6.
Mein Hertz klopfft an deß Himmels Thür,
In dem es stetig schläget
Und schweigend singet für und für,
Wann es sich stets beweget:
O Heilig, Heilig, bist Du, GOTT,
O Heilig bist Du, Sabbaoth:
Als deine Güte träget!
7.
Von diesem hohen Gottes Ruhm
Soll uns nicht mögen scheiden
Noch Weltgewalt noch Fürstenthum
Noch Hunger, Tod noch Leiden.
Der Heilig, Heilig, Heilig ist,
Erlängert unsre Lebensfrist,
Wann wir die Sünde meiden.
8.
So wird auff diese seltne Weis
Geheiligt GOTTES Namen,
Daß das Gebet zu seinem Preiß
Vermehrt deß Glaubens Samen.
GOTT ist ein Geist, der wol versteht
Deß Puls- und Hertzens-Andachtsred
Und spricht darzu das Amen.
9.
Was dorten für deß Höchsten Thron
Die Engelscharen klingen,
Das kan mein Hertz mit schwachem Ton
Auch Ihm zum Lobe singen.
Das Heilig, Heilig fort und fort
Ist meiner Seelen Heil und Hort,
Das kan mir Freude bringen.
10.
Hingegen bebt all' Augenblick
Und weist viel Trauerzeichen
Der Weltling, so deß Teufels Strick
Nicht denket zu entweichen.
Er lebet Tag' und Nacht ohn Ruh',
Ihn zieht der Satan Höllenzu,
Da viel sind seines gleichen.
11.
Ihr meines Leibs o Aederlein,
Hört niemals auf zu schlagen:
GOTT soll von euch gelobet seyn
Zu gut und bösen Tagen.
So vielmals in der Sterbligkeit
Ihr meines Lebens Zeicher seyd,
Solt ihr stets Heilig sagen.
12.
Das Heilig, Heilig, welches macht
Die blöden Lippen lallen,
Muß in dem Schlaf auch bey der Nacht
In dem Geäder wallen.
Mein Hertz singt tausend-tausendmal
Das Heilig, Heilig ohne Zahl
Dem Höchsten zu gefallen.
13.
Hierdurch ich GOTT für Augen hab
Und hüte mich für Sünden;
Das Wort ist meines Hertzens Gab
Und macht mich Freud' empfinden.
An meines Lebens heilgen End
Wird sich mein Geist in GOTTES Händ
Mit diesem Wort entbinden.
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