Matrei

[205] Es dunkelte schon im Thal. – Das Schloss am Berge stand

gespenstisch gross im gelben Abendsonnenschein.

Doch gegenüber auf dem Friedhof, der sich rings

mit weisser Mauer um die alte Kirche schloss,

ausbreitete still sich eine blaue, kühle Luft.


Und an den Gräbern gingen wir entlang. Sie zog

den Arm aus meinem Arm. – An jedem Kreuze hing

ein rostiges Becken voller Wasser und sie stiess

ein jedes Becken leise an und goss daraus

auf jedes Grab ...


Dann sah sie mich mit einem ernsten Lächeln an

und sprach: die Stunde ist den armen Seelen lieb.

Quelle:
Otto Erich Hartleben: Meine Verse. Berlin 1905, S. 205-206.
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