[515] ALEXANDRA allein.
Schon schlug das Volk ihn in Gedanken tot!
Ich weiß! Ich weiß! Und daran kann ich sehn,
Wie sehr mans wünscht, daß er nicht wiederkehrt.
Es traf sich gut, daß ihn der Heuschreck-Schwarm
Bedeckte, als er fortzog, denn das gilt
Als Omen, daß mans nicht vergebens wünscht.
Auch ist es möglich, daß er wirklich jetzt
Schon ohne Kopf – – Das nicht! Sprich, wie du denkst,
Der Pharisäer lauscht nicht vor der Tür!
Antonius ist zwar Antonius,
Doch auch ein Römer, und ein Römer fällt
Das Urteil langsam, wie ers schnell vollzieht.
Gefangner mag er sein, wenn er auch nicht
Im Kerker sitzt! Und wenn man das benutzt,
Kanns weiter führen. Darum ist es gut,
Wenn jetzt ein Aufstand kommt, obgleich ich weiß,
Was es an sich bedeutet, und nicht minder,
Was er für Folgen haben wird, wenn er
Doch noch zurückkehrt. Wenn! Es kann geschehn,
Bedenk es wohl! Er schickte, als er ging,
Dir einen abgeschlagnen Kopf zum Abschied,
Das zeigt dir – pfui, ich sprech ja, wie mein Vater!
Es zeigt mir, daß er rasch ist, wie Tyrannen
Es sind, und auch, daß er mich schrecken mögte.
Das eine wußt ich längst, das andre soll
Ihm nicht gelingen! Wenn das Schlimmste käme,
Wenn alles mir mißglückte, und wenn er,
Trotz seiner Leidenschaft für Mariamne,
Die eher steigt, als fällt, und die mich schützt,
Sobald sie selbst nur will, das Ärgste wagte –
Was wärs? Um Rache setzt ich alles ein,[515]
Und Rache würde mir im Tode noch,
Rache an ihm, ders täte, und an ihr,
Die es geschehen ließe, nimmer sähe
Das Volk, und nimmer Rom, geduldig zu.
Und was mich selbst betrifft, so würde ich
In diesem blutgen Fall nur um so besser
Zu meinen Ahnen passen! Mußten doch
Die meisten meines Stamms, die Ältermütter,
Wie Älterväter, ohne Kopf die Welt
Verlassen, weil sie ihn nicht beugen wollten,
Ich teilte dann ihr Los, was wär es mehr?
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Herodes und Mariamne
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