|
[210] Se bhüetich Gott der Her, und zürnet nüt!
Me schwezt, wie eim der Schnabel gwachsen isch.
Gern chönnti's besser, aber 's will nit goh.
Doch was vom Herze chunnt, isch au nit schlecht.
Der Chrüterma vo Badewiler het
mer's mengmal gseit, und gfluecht derzu, es soll
kei Hypnum meh, kei Carex in der Welt
vor sini Auge cho (der Teufel weiß,
sin's Buben oder Meidli), wenn e Ma
wie Ihr in siebe Here Ländere seig.
I will's nit repetiere. Besser wär's,
der Chrüterma hätt's au nit gseit; es isch
mit so me Fluech nit z'spasse. Het's der Recht
zum Unglück ghört, se glänzt mim Chrüterma
kei Sternli meh vom blaue Himmelszelt,
kei Blüemli meh im grüene Mattegrund.
Du arme Chetzer, Carex, Hypnum schießt
dim Aug eggege, wo de stohsch und gohsch.[210]
I mach kei Gspaß, es isch mer selber so,
und woni näumen ane lueg, se stoht
was hent der gmeint? E Hypnum? Nei, se stoht
libhaftig Euer Bildnuß vor mim Aug,
so fründlig und so lieb, und stirbi morn,
und siehnich nümme, bis am jüngste Tag,
se chummi in mim goldne Sunntigrock,
(es heißt, mer werden alli neu gstaffiert),
und sag mim Kamerad, wo mit mer goht:
»Isch sel nit der Her Ittner, wo im Duft
dört an der Milchstroß goht? Jez buckt er si,
und bschaut e Blüemli, 's wird Dudaim si.«
Drum laufi, was i laufe cha, d'Stroß uf;
der Kamerad blibt zruck, er chunnt nit no.
Druf sagi: »Mit Verlaub! I mein emol,
der seiget's. Hani nit vor langer Zit
bim Kaiserwirt e Schöpli mitich gha?
Wie hent der gschlofe? Wohl? Der Morgen isch
so heiter. Wemmer nit e wengeli
do ane sitze zue dem Amarant?«
Jez bhüetich Gott, und spar ich frisch und gsund
uf euer lange Berg- und Schwizerreis.
's het d'Milchstroß uf, am jüngste Tag, no Zit
wohl hunderttausig Johr, und isch's denn dört
viel schöner echt, as an der Limmat Gstad?
Wie glitzert uffem See der Silberstaub!
Wie wechsle hundertfältig Färb und Glanz,
Palästli, Dörfer, Chilchtürn, Bluemegstad
am Ufer her, und wie ne Nebel stigt
dört hinte d'Nagelflue mit ihrem Schnee
zum Himmel uf durs Morgeduft! Es schnuuft
meng Geißli dört und menge schöne Bock.
Nu gunnich Gott der liebi Freude viel
mit eue brave Fründen in der Schwiz,
und grüeßet mer der Wiese Gschwisterchind,
d'Frau Limmet, und vergesset 's Heimcho nit;
's sin herwärts Schwarzwald gar viel bravi Lüt,[211]
und hennich lieb, und schöni Jümpferli
(me seit, sie heiße Muse) warten au
am Dreisamgstad. Es heißt, Ihr seiget jo
ihr Vogtma z' Friburg, und sie singe schön,
und rede mittich allerlei; 's verstand's
ke gmeine Ma, und menge Pfarrer nit.
Buchempfehlung
Anders als in seinen früheren, naturalistischen Stücken, widmet sich Schnitzler in seinem einsamen Weg dem sozialpsychologischen Problem menschlicher Kommunikation. Die Schicksale der Familie des Kunstprofessors Wegrat, des alten Malers Julian Fichtner und des sterbenskranken Dichters Stephan von Sala sind in Wien um 1900 tragisch miteinander verwoben und enden schließlich alle in der Einsamkeit.
70 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro