Trutzlied

[42] Ob ihr mit vollen Backen

Trompetet Lug und Neid,

In tückischen Attacken

Garstige Granaten speit,

Ihr Helden von der Feder,

Vom kritischen Katheder,

Mir sitzt der Schalk im Nacken

In Lust und Leid.


Ihr seid die alte Meute,

Die schwarze Meute ja,

Ich aber läute, läute

Mein hell Halleluja.

Von meinem Fensterbrette

Pfeif' ich die Frühlingsmette,

Geburtstag feir' ich heute,

Was wollt ihr da?


Mir wirft die Post der Gaben

So viele auf den Tisch:

Die »Herzli« sind erhaben,

Die Kuchen süß und frisch!

Die Freundschaft streut mir Grüße

Und Blumen vor die Füße,

Die Liebe will mich laben

Verschwenderisch.
[43]

Die Sonne steigt im Osten,

Die Amsel ladet hell:

»Vom Lichtquell laß uns kosten,

Frischauf, frischauf, Gesell!

Nach all den toten Tagen

Wir mögen's wohl vertragen,

Die weichen Veilchen sproßten

Am jungen Quell.


Und laß dich's nicht verdrießen

Und laß dich's nicht gereun,

Den Guten auszugießen

Gesänge, die dich freun!

Die Merker und die Mucker,

Das sind die ärmsten Schlucker,

Die lieben in Verließen

Das Licht zu scheun.«


Die ihr mit plumpen Rüsseln

Mich schnuppernd untersucht,

Mit gelben Himmelsschlüsseln

Jag' ich euch in die Flucht.

Ihr seid die schwarze Meute,

Ich aber läute, läute

Und samml' auf Silberschüsseln

Goldsaftige Frucht.

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 1: Buch des Lebens, München 1921, S. 42-44.
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