Weiter!

[210] Wer rastet, der rostet,

Wie lieb' ich das Wort!

Es treibt durch die Weiten

Des Lebens mich fort.

Nicht kann mir genügen,

Was je ich erfuhr,

Zu ferneren Flügen

Erwittr' ich die Spur.

Ihr habt mich im Kampfe

Der Tage gesehn,

Es klärt sich vom Dampfe,

Staubwolken verwehn.

Streitlieder verschallen

Der stürmischen Zeit,

Zornwaffen zerfallen,

Der Walstatt geweiht.

Doch drinnen die Welle

Des Blutes, sie kreist

Von Zelle zu Zelle,

Mit Wachstum gespeist.

Die Schale zum Plunder,

Die Kernfrucht zum Licht:

O Leben, du Wunder,

Ich lasse dich nicht![211]

Du segnest denn heute

Mich mächtig wie je,

Daß meine erneute

Gebärung gescheh.

Es soll mich erfüllen

Mit suchender Lust,

Mein Wesen enthüllen,

Wie kaum ich's gewußt.

Es soll mich durchglühen

Mit sehnendem Brand,

Mein Herz will erblühen

Fürs heilige Land ...

Das immer den Tiefen

Enttaucht über Nacht,

Wenn Stimmen drum riefen

Aus innerster Macht. –

Wer wagt, der gewinnt,

Wie lieb' ich das Wort!

Es treibt durch die Weiten

Der Seele mich fort.

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 1: Buch des Lebens, München 1921, S. 210-212.
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