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[205] Der Abenddämmerung Schatten weben
Verschwiegen Schleier um die Welt,
Die sinnlos um ihr Glück geprellt.
Umkrochen von dem hungrigen Leben,
Stumm sitzt des Dichters Weib und säugt –
Die blutlos blassen Lippen beben.
Tief das gequälte Haupt gebeugt,
Läßt starr den Blick am Boden kleben
Der Mann, zur Schöpfertat erzeugt.
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»Begeistern soll ich und erheben?!«
Schreit lautlos er in stummen Grund,
Unfühlend schweigt der Erde Mund.
Nur durch der Diele Spalt entrinnen,
Blitzschnell in Nacht verscheucht, zwei Spinnen,
Des Schicksals Spioniererinnen.
»Neid' ich das Dasein noch dem Hund
An seines Herren Futterstätte ...?!«
Aufstöhnt der Mensch an seiner Kette. –
Zur Feder greift er. Wirft sie hin.[206]
»Wer gab mir diesen stolzen Sinn,
Dem nicht genügt, mit Menschmaschinen
Um eklen Hungerlohn zu dienen,
Wer gab mir, daß ich Feuer bin?!
Wenn etwas ist, das diesem Treiben
Vernünftigen Einklangs Wert verleiht,
Wie zwingt es mich, das Wort zu schreiben,
Das wider seinen Schöpfer schreit?!
– Geist, laß mich bei der Wahrheit bleiben,
Wenn du der Geist der Wahrheit bist,
Und mag die Mühle mich zerreiben –
Bin mehr, denn was da zeugt und frißt.«
Sein Atem keucht, die Schläfen brennen –
Sein Blick kann kaum das Weib erkennen,
Umflort von schattenfinsterm Gram –
»Grausamer Geist, bei deiner Scham,
Legst du durch Not dies Fühlen lahm,
Um das ich aushielt solches Leben,
Nie kann dein Opfer dir vergeben,
Fluch, Mörder, dir, machst du mich zahm!«
Ein Kämpfer stöhnend wankt und fällt –
Sucht sich in Krämpfen zu erheben ...
Der Abenddämmerung Schatten weben
Verschwiegen Schleier um die Welt.