Von der Schlang Thermuthis.

[100] Die Egyptier sagten / Thermuthis seye ein Gattung der Schlangen oder Natteren und verehrten solche als eine heilige Sach / deswegen sie auch die Götzen-Bilder Isidis damit als einer Königlichen Cron zierten: sie gaben ferners vor / es wäre dieses Thier nicht gebohren dem Menschen zu schaden / obwoln sie doch gestunden / daß es denen Lasterhafften nach dem Leben stellte / und schickte Isis diese Natter unter die Leut die Böse zu züchtigen: nach erwöhnter Egyptier Meynung / muste dieses Thier unsterblich seyn / deswegen sie in ihren Götzen-Templen an einem jeden Eck Unter-Irrdische Capellen verfertigen liesse / Worinn sie Thermuthidi / zu gewiesen Zeiten Ochsen-Fleisch oder Fett zu verzehren vorwarffen.


[100] Frag:


Wie vielerley Gericht bey denen Juden gewesen seynd.


Antwort.


Dreyerley: das erste bestunde aus dreyen Richtern /welche nur über geringe Sachen urtheilten. In dem an dern fanden sich drey und zwantzig Richter / welche von wichtigen und Blut-Ursachen urtheilten. Und dieses Gericht ward Synedrion oder Sanedrim genennt: Das dritte Gericht bestunde aus 71. Köpffen / welche von denen allerschwehrist- und wichtigsten Dingen das Urtheil fällten.


Frag:


Welcher Richter die geringste Sachen zu urtheilen pflege?


Antwort.


Der Göttliche allein: bey denen Menschen aber / wie das Sprichwort lautet / de minimis non curat prætor.


Frag:


Was brauchten die alten Egyptier für ein Sinnbild GOtt anzuzeigen?


Antwort.


Eine beäugigte Ruthen.


[101] Frag:


Ob es einem Menschen zulässig sey / denen göttlichen Urtheilen nachforschen / wissen wollen die Manier und Ursachen der Welt-Regierung?


Antwort.


Ja: wofern es nur geschicht nicht aus Fürwitz / sondern Andacht / GOtt dadurch zu loben: dann hiedurch kommet man zur Erkandtnus GOttes Weisheit und Güte; und nimmt wahr seine eigene Boßheit. Darum sagt David: Ich hab beobachtet die Weeg des Herrn /und hab nicht gottloß gehandelt vor meinen GOtt: Ps. 17. Warum? Dann ich hatte alle seine Urtheil vor meinem Angesicht / und seine Gerechtigkeiten hab ich von mir nicht abgetrieben: und ich will unbefleckt mit ihm seyn / und mich hüten von meiner Missethat: Und anderwerts spricht er; Ich will eingehen in die Gewaltigkeiten des HErrn: HErr ich will gedencken deiner Gerechtigkeit Psal. 70. v. 16. allein / HErr du hast mich unterrichtet von meiner Jugend auf; und[102] biß nun will ich verkündigen deine Wunder etc. So wird dann die Gerechtigkeit in allen GOttes Urtheilen angetroffen / wann man sie recht suchet / man findet auch die Macht und Gelegenheit / die Wunderding GOttes zu erhöhen: absonderlich aber wird der Mensch bewahret / daß er nicht gottlos vor GOtt wandle / noch wider ihn murre / oder seine Gericht und Gerechtigkeiten von sich stosse.


Frag:


Wer hat Gewalt / ein schon in Ubung gebrachtes Gesatz abzustellen und zu vernichten?


Antwort.


Nur ein solcher der Gewalt hat / ein Gesatz zu machen: wie auch sein Nachfolger thun kan: so kan auch eine höhere Obrigkeit vernichten das Gesatz / so eine nidrigere Obrigkeit gesetzt hat / hingegen kan diese nicht machen / daß das Gesatz / so die höhere Obrigkeit gestellt hat / ungültig seyn solle / es geschehe dann mit ihrer Verwilligung und Befehl / so wäre die Zernichtigung gültig.

Quelle:
Hilarius Salustius, / MELANCHOLINI / wohl-aufgeraumter / Weeg-Gefärth, / Vorbringend / Lächerliche, anbey kluge Fabeln, [...]. Gedruckt im Jahr 1717, S. 100-103.
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»Es giebet viel Leute/ welche die deutsche poesie so hoch erheben/ als ob sie nach allen stücken vollkommen wäre; Hingegen hat es auch andere/ welche sie gantz erniedrigen/ und nichts geschmacktes daran finden/ als die reimen. Beyde sind von ihren vorurtheilen sehr eingenommen. Denn wie sich die ersten um nichts bekümmern/ als was auff ihrem eignen miste gewachsen: Also verachten die andern alles/ was nicht seinen ursprung aus Franckreich hat. Summa: es gehet ihnen/ wie den kleidernarren/ deren etliche alles alte/die andern alles neue für zierlich halten; ungeachtet sie selbst nicht wissen/ was in einem oder dem andern gutes stecket.« B.N.

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