Zu Teutsch:

[367] Wegen Verdruß dieses armseeligen Lebens / verlangte ich das End davon / und legte mir den Strang selbsten an / bin also dadurch zu demjenigen wieder gebracht worden / woraus ich meinen Ursprung genommen. Das Urtheil derjenigen / welche mich / weiß nit wohin / religiren und verweisen wollen / verachte ich gäntzlich: dann unsre Seele ist sterblich: so gehet auch die Religion nur den gemeinen Pöbel an /[367] und ist nemlich die Leute zu betriegen / und damit die Welt desto besser zu regieren erfunden worden. Indem ich aber dieser Meynung / duncket mich billich nicht /daß man mich deswegen einen Atheum (das ist / einen solchen / der keinen GOtt glaubt) schelten könne: dann welcher vernünfftige Mensch wird doch wol /daß ein GOtt sey / läugnen können? daß aber dasjenige / was man insgemein von der Religion vorgibt / die Priester auch also lehren / solches erfordert / wie gemeldt worden / die ratio Statûs, oder Regierungs Beschaffenheit. Wer Ohren hat zu hören der höre! die Welt wird durch eitle Opiniones oder vielfältige Meynungen regieret / hievon aber seye dem Verständigen gnug gesagt: dann es fassen nicht alle dieses Wort. In Begrabung meiner / wollte ich gern / daß man menschlich mit mir verfahre / wobey dann ohne allen Zweiffel / die Meinige alle angewandte Kosten wiederum erstatten werden. Welchen auch meinethalben / nebst Dancksagung vor die unendliche / mir von Anfang meines Lebens / biß auf diesen unglückseelig / ja vielmehr glückseeligsten Tag erwiesene[368] Gutthaten / hiemit gute Nacht gesagt wird: Aber ich sehe schon den Tod vor Augen: und kan nicht mehr ohne Thränen-Vergiessung / ihrer gedencken / noch im Tod / in dem lebe sage ich / ohne die äusserste Hertzens-Bangigkeit und Zittern / länger verbleiben.


Ich werde sanfft ruhen / wann man wird dem Herrn Hagedorn zu Jena drey Thaler zahlen.


Joachim Gerhard Ram /

von Glückstadt aus Holstein.
[369]

Das Wenige / das noch mein ist / soll denenjenigen gegeben werden / welche die Mühe / meinen Cörper zu begraben / auf sich genommen haben: Jedoch daß auch diejenige / welchen ich vor die gehabte Wohnung / und dann einige mir geleistete Dienste im Waschen / obligirt und schuldig blieben / von ihrem habenden Recht / davon nicht ausgeschlossen seyn. Ich habe GOtt vor meinem Ende mit inbrünstigen Gebet /und so gar auch Thränen-Vergiessung angeruffen /und hoffe deßhalben / wegen seiner unendlichen Gnade / er werde mich zu Gnaden auf- und annehmen. Wollet derowegen mich keineswegs verdammen /damit ihr selbsten nicht wiederum verdammet werdet. Aber / was sage ich? wann ich ohne Verletzung des Gewissens solle einwilligen. Es fassen und verstehen nicht alle diese Wort / und werdens auch nicht fassen. Ihr möget euch aber fromm halten.[370]

Hierüber hat ein Adjunctus Philosophiæ, auf besagter Universität folgende Lateinische Inscription gemacht.


Respice funem

quisquis

Divinam magistratûs authoritatem

ludibrio

Sacerdotes pro impostoribus

animam pro fumo

Religionem pro fabulâ

imò pro decipulâ

habes

en!

Atychus Eutychopolites

fidei tuæ socius

funem

reportavit.

Si in nihilum ut putas

redigeris

quid curas,

quo pacto corpus pereat

in terrâ in flammâ,

in ventre avium

ferarumquè?

nihil inter est.

Si anima mortalis

[371] unde angustiæ,

terrores?

Si religio nulla est

quid calidissimæ preces

quid fusæ lachrymæ?

infidelis fides

Dominum agnoscere,

servitium negare

Deum confiteri

Religionem impugnare

Invadis Deum precibus,

sed in nefandi sceleris auxilium?

Atqui Deum non negas?

Credo hujus Sæculi.

Deprecaris eum?

Ut constet scilicet

Etiam inferorum genua

coram Deo

incurvanda.

Vis tecum humaniter agatur

cum ipse in te

omni belluâ

fueris immanior.

condemnari non vis

mortem tamen omnia

finire credis.

edisti, bibisti, lusisti

[372] post mortem

quæ tibi voluptas?

I nunc Juda, Luciane

Etiamnum dubitas

quid animæ agant,

periculo tuo edoctus,

quod patiantur.

Testamentum scribis

ut

sine testamentis

viventibus

sit

littera longa

Funis.

Quelle:
Hilarius Salustius, / MELANCHOLINI / wohl-aufgeraumter / Weeg-Gefärth, / Vorbringend / Lächerliche, anbey kluge Fabeln, [...]. Gedruckt im Jahr 1717, S. 367-373.
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