Morgenfrische

[128] Wann in Höhen licht und stille

Wonnig sich der Vogel wieget,

Auch der Mensch aus schwerer Hülle

Auf ins Gold des Morgens flieget.


Nimmer schleicht durchs Herz die Welle

Seines Blutes kalt und trübe,

So ein heil'ger Himmel helle

Wärmt es mit dem Strahl der Liebe.


Und sein Auge, trüb vom Leide,

Hellt mit Tränen stiller Wonne,

Wie der Tau die Blüt' der Heide,

Eines frischen Morgens Sonne.

Quelle:
Justinus Kerner: Werke. 6 Teile in 2 Bänden, Band 1, Berlin 1914, S. 128.
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