2. Kriegs Trost/

[270] abgesehen auß dem 2 Buch der Könige am 19. und auß dem Esat. 37. Capitel


Gesangsweise außgefertiget


Auf die Weise: An Wasserflüssen Babilon,


1.

Ach Teutschland nicht mehr Teutsches Land/

an den berühmten Flüssen/

häng deine Harfen an die Wand/

die Threnen sich ergiessen![270]

wann ich besinn den alten Stand/

eh Jungfrau dich die Rauberhand

gemacht zu einem Weibe/

die betteln gehet nackend/ bloß/

die sonder Mann/ die Kinderloß/

weint mir das Hertz im Leibe.


2.

Ach Teutschland nicht mehr Teutsches Land/

wie bistu zugerichtet/

der Völcker Scheusall/ Spott vnd Schand/

zergliedert/ gantz vernichtet.

Der Feind darzu dich hönisch hält/

er fragt: ist das die Zier der Welt/

ist das die Lust der Erden?

Heh! heh/ wir haben sie verheert/

diß ist der Tag den wir begehrt/

sie muß geschleiffet werden.


3.

Die Strassen Zion liegen leer/

das Opfern wird verhindert/

man findet keine Kirche mehr/

die nicht ist außgeplündert/

die Priester hat man fortgesandt/

die Gotteshäuser außgebrandt/[271]

die Lämmer ohne Weide

gantz schlägebäuchig einherziehn/

vor Hunger in die Wälder flihn/

viel sterben gar vor Leide.


4.

Das Heil der Stadt/ Gerechtigkeit/

ist ewig außgewiesen/

das Rhathauß wird bey solcher Zeit

nicht sonderlich gepriesen/

ein jeder thut was jhm beliebt/

der Krieg den Haußstand hoch betrübt/

das Vieh stirbt ohne Futter/

die Grossen fallen durch das Schwerd/

die Kleinen Hungersnoht verzehrt/

der Säugling an der Mutter.


5.

Es hat die Magenleere Noht

verbottne Speise gessen/

Klein/ Eicheln/ Eselsköpfe/ Koht/

auch Menschenfleisch gefressen/

der Hunger hats dahin gebracht/

daß Mütter jhre Frucht geschlacht/

der Kinderlieb vergessen/

gekocht den Sohn am Feuerrauch/[272]

und wieder in den Mutterbauch

(hilf Herre Gott!) gefressen.


6.

Wo ist ein Krieg wol in der Weld

der so viel Jahr gewäret/

der durchgebracht ein solches Geld/

solch Land und Leut verzehret/

der so viel Vnfal hat erweckt/

der Stad und Dorf in Brand gesteckt

der überweit geflogen/

durch alle Reiche mit Gefahr/

schon gantzer acht und zwantzig Jahr/

gleich einer Gifft gezogen?


7.

Es hat die grimme Länderpest

getobet vnd gewütet

in Osten/ Suden/ Nord und West/

viel Vnglück außgebrütet/

der Fürsten Degen scharf gewetzt

zum Blutvergiessen angehetzt/

daß sie selb-selbsten haben

einander auß dem Land verjagt/

mit tausend Marterart geplagt/

ein eigen Grab gegraben.[273]


8.

Vnd annoch wil kein Mensche recht

sich zu dem Friede lencken/

dem taug er/ dem ist er zu schlecht/

der träget diß Bedencken/

Man sagt vom Friede Tag und Nacht/

und wird kein Friede nicht gemacht/

Ach Friede/ güldner Friede!

Ach Friedefürst send uns geschwind

das Friedengold/ dein Himmelkind/

wir sind deß Krieges müde!


9.

Es hat uns lang genug geschreckt

der Krieg auf unserm Bette/

schaff daß uns fort der Haan aufweckt

und nicht die Mordtrompette/

für Schlachten gib den Freudentantz

für Lorbern einen Oelblat-Krantz/

daß jeder sicher schlaffe/

bedeckt von seinem Feigenbaum/

der seinen Weinstock giebet Raum/

und weidet seine Schaafe.


10.

Es wil den Menschen nicht gar wol

bey dieser Trübsal werden/[274]

ob deme was noch folgen sol

zur letzten Zeit auf Erden/

die Sonne schwärtzet ihre Bahn/

der Mond legt Trauerkleider an/

die Sternen sich durchkräncken/

das Meer läufft nicht den alten Lauff/

es schäumt es bäumt sich Himmelauff/

und will die Weld erträncken.


11.

Man hört von Krieg und Kriegsgeschrey/

es ist die letzte Neige/

die rasendtolle Tyranney/

macht alle Menschen feige/

Das schlaffe Haubt hängt wie das Schilff/

Ach Herr komm du/ komm bald und hilf/

wie dein Wort hat versprochen/

laß nicht das dickvergoßne Blut

das üm Jerusalem wie Flut

geflossen/ ungerochen!


12.

Wenn Sanherib sich noch nicht legt/

so wolstu jhme weisen/

den Zepter der Friedhässer schlägt

den Zepter der von Eisen/[275]

zerschmettre seinen stoltzen Kopf/

wie man zerschlägt den irdnen Topf/

damit er nicht mehr blase/

solch Gifft vergältes böses Ding/

so lege ihm den Zwingering

in seine wilde Nase.


13.

Vnd will er noch nicht stille seyn

mit Kriegblutmordgetümmel/

so laß den Engel schlagen drein

von deinem hohen Himmel/

der kan mit kräfftigstarcker Macht/

erlegen jhm in einer Nacht/

da liegen auf der Strassen

früh hundert zwantzig tausend Mann/

acht tausend noch/ kein Hund entran/

Er muß das Leben lassen.


14.

Seid stille! Gott ist Zebaoth/

sein Arm ist nicht verkürtzet/

er reiset fort für fort auß Noth/

deß Feindes Hochmuth stürtzet/

Er ist es/ der den Sieg erhält/

bliebt alzeit Meister in dem Feld;[276]

und auch in diesen Zeiten/

will Er der Heyland/ unser Held/

dem wir die Sache heimgestelt/

vor seine Kirche streiten.

Quelle:
Johann Klaj: Friedensdichtungen und kleinere poetische Schriften, Tübingen 1968, S. 270-277.
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