Zweyter Auftritt.

[24] Cyrus ganz ängstig.


CYRUS.

Bist du es Faustibus? Ach! lasse dich umarmen,

Ich bin ein König jetzt, den Himmel zu erbarmen,

Ein König ohne Reich, und ohne Unterthan,

Wer sieht mich jetzo wol für einen König an.

FAUSTIBUS fällt ein.

Ich nicht, dein Jammer-stand, und dein barmherzig Wesen

Kann man als wie gedruckt in deinen Augen lesen;

Dein Zustand dauret mich, ich breche Hals und Bein,

Wann ich an deiner Stell hier möchte König seyn.

CYRUS.

Ach Freund! du hast ganz recht, ein Maulthier wird beweget,

Wann man zu viele Last auf seinen Rücken leget,

Wer kann für die Natur, der dieses Werk erdacht,

Der hat mich leider auch zum Fürsten hier gemacht.

FAUSTIBUS.

Hast du die Nachricht schon, was in der Schlacht geblieben?[24]

CYRUS.

Ach leider! weil sie mir mein Hauptmann hat geschrieben,

Das Blut-bad war zu groß, der beste Kern ist tod.

FAUSTIBUS.

Nein, Herr ich lebe noch, es hat noch keine Noht,

Es lebet dieser Arm für dich, und deine Ehre,

CYRUS.

Ja, ja, das kann schon seyn


Nimmt ein Papier aus dem Sack.


Jezt zittere! und höre!

Der diese Nachricht schreibt, der hat gewiß sein Blut

Verschwenderisch verspritzt, dann er war voller Mut.

FAUSTIBUS.

Das glaub ich herzlich gern, weil man in tausend Jahren

Dergleichen Mord-geschicht wol schwärlich wird erfahren.

CYRUS liset.

So viel mir wissend ist ausführlicher Bericht,

Dann bey der ganzen Schlacht da war ich selbsten nicht,

Der Feind hat anfangs uns mit seiner Macht betrogen,

Als wär er noch so stark, jedoch es war erlogen,

Wir waren an der Zahl weit stärker noch als er,

Allein er griff uns an, so gieng es drüber her,

Die Leib-standar von dir wurd anfangs starck zerrissen,

Wie auch der Fähnderich von einem Hund gebissen,

Der Feind erwischte auch ein Marquetänter-zelt,

Von Silber, Gold, und Zinn war nichtes mit im Feld.

Ein tapfrer Reiter wurd auf seinen Fuß getretten,

Und einer lieff davon dann ihm war was vonnöhten.

Das meiste litte auch der recht, und linke Flügel,

Da war kein Mann dabey, der nicht bekame Prügel,

Den grösten Theil von uns, den nahm der Feind gefangen,

Der letzte überrest ist herzhaft durchgegangen.

Das schmerzlichste so ist die Krieges-Cassa hin,

Doch war zu allem Glück kein Kreutzer Geld darin.

Also Verwundete seynd neune aufgeschrieben,

Und todt ist nicht ein Mann auf beyden Theil geblieben,

Entsetzlicher Verlust![25]

FAUSTIBUS.

O der ist nicht zu groß.

CYRUS.

Nicht groß? O Mahomet! war nicht die Höhle los.

Man schwumme ja im Blut, es türmten sich die Leichen

Wie grosse Berge hoch, man sah das klare Zeichen

Vom Untergang der Welt, ein jeder dacht ans End,

Und schrieb mit starrer Hand sein letztes Testament.

FAUSTIBUS.

Herr! wie kan dieses seyn? hier steht ja klar geschrieben,

Daß in der ganzen Schlacht auch nicht ein Mann geblieben.

CYRUS.

Wo wäre dann mein Volk? wo ist dann meine Macht?

FAUSTIBUS.

Die hat nur auf die Flucht, und nicht am Krieg gedacht.

Sobald man keinen Feind in deinem Land wird sehen,

Da wird dein ganzes Volk vor deinen Augen stehen.

Dann deine halbe Macht, die ist dir desertirt,

Der andre halbe Theil, der hat sich retirirt.


Quelle:
Joseph Kurz: Prinzessin Pumphia. Wien 1883, S. 24-26.
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