[573] Lelio. Maskarill. Philto.
LELIO. Und das wäre der ganze Rest von den drei tausend Talern? Er zählt. Zehne, zwanzig, dreißig, vierzig, funfzig, fünf und funfzig. Nicht mehr, als fünf und funfzig Taler noch?
MASKARILL. Es kömmt mir selbst fast unglaublich vor. Lassen Sie mich doch zählen. Lelio gibt ihm das Geld. Zehne, zwanzig, dreißig, vierzig, fünf und vierzig. Ja wahrhaftig; noch fünf und vierzig Taler, und nicht einen Heller mehr. Er gibt ihm das Geld wieder.
LELIO. Fünf und vierzig? fünf und funfzig, willst du sagen.
MASKARILL. O! ich hoffe richtiger gezählt zu haben, als Sie.
LELIO nachdem er vor sich gezählt. Ha! ha! Herr Taschenspieler! Sie haben Ihre Hände doch nicht zum Schubsacke gebracht? Mit Erlaubnis – –
MASKARILL. Was befehlen Sie?
LELIO. Ihre Hand, Herr Maskarill – –
MASKARILL. O pfui!
LELIO. Ich bitte – –
MASKARILL. Nicht doch! Ich – – muß mich schämen – –
LELIO. Schämen? das wäre ja ganz etwas Neues für dich. – – Ohne Umstände, Schurke, weise mir deine Hand – –
MASKARILL. Ich sage Ihnen ja, Herr Lelio, ich muß mich schämen; denn wahrhaftig – – ich habe mich heute noch nicht gewaschen.
LELIO. Da haben wirs! Drum ist es ja wohl kein Wunder, daß alles an dem Schmutze kleben bleibt. Er macht ihm die Hand auf, und findet die Goldstücke zwischen den Fingern. Siehst du, was die Reinlichkeit für eine nötige Tugend ist? Man sollte dich bei einem Haare für einen Spitzbuben halten, und du bist doch nur ein Schwein. – – Aber im Ernst. Wenn du von jeden funfzig Talern deine zehn Taler Rabatt genommen hast, so sind von den drei tausend Talern – – laß sehen – – nicht mehr, als sechs hundert in deinen Beutel gefallen.[573]
MASKARILL. Blitz! man sollte es kaum glauben, daß ein Verschwender so gut rechnen könnte!
LELIO. Und doch sehe ich noch nicht, wie die Summe heraus kommen soll. – – Bedenke doch, drei tausend Taler! – –
MASKARILL. Teilen sich bald ein. – – Erstlich auf den ausgeklagten Wechsel –
LELIO. Das macht es noch nicht.
MASKARILL. Ihrer Jungfer Schwester zur Wirtschaft – –
LELIO. Ist eine Kleinigkeit.
MASKARILL. Dem Herrn Stiletti für Austern und italienische Weine – –
LELIO. Waren hundert und zwanzig Taler. – –
MASKARILL. Abgetragene Ehrenschulden –
LELIO. Die werden sich auch nicht viel höher belaufen haben.
MASKARILL. Noch eine Art von Ehrenschulden, die aber nicht bei dem Spiele gemacht waren: – – Zwar freilich auch bei dem Spiele! – – der guten, ehrlichen Frau Lelane und ihren gefälligen Nichten.
LELIO. Fort über den Punkt! Für hundert Taler kann man viel Bänder, viel Schuhblätter, viel Spitzen kaufen.
MASKARILL. Aber Ihr Schneider – –
LELIO. Ist er davon bezahlt worden?
MASKARILL. Ja so! der ist gar noch nicht bezahlt. Und ich – –
LELIO. Und du? Nun freilich wohl muß ich auf dich mehr, als auf den Wechsel, mehr, als auf den Herrn Stiletti, und mehr, als auf die Frau Lelane rechnen.
MASKARILL. Nein, nein, mein Herr! – und ich, wollte ich sagen, ich bin auch noch nicht bezahlt. Ich habe meinen Lohn ganzer sieben Jahr bei Ihnen stehen lassen.
LELIO. Du hast dafür sieben Jahr die Erlaubnis gehabt, mich auf alle mögliche Art zu betriegen, und dich dieser Erlaubnis auch so wohl zu bedienen gewußt –
PHILTO der ihnen näher tritt. Daß der Herr noch endlich die Liverei des Bedienten wird tragen müssen.
MASKARILL. Welche Prophezeiung! Ich glaube, sie kam vom Himmel? Indem er sich umsieht. Ha! ha! Herr Philto, kam sie von Ihnen? Ich bin zu großmütig, als daß ich Ihnen das Schicksal der neuen Propheten wünschen sollte.[574] – – Aber wenn Sie uns zugehört haben, sagen Sie selbst, ist es erlaubt, daß ein armer Bedienter seinen Lohn für sieben saure Jahre – –
PHILTO. An dem Galgen solltest du deinen Lohn finden. – – Herr Lelio, ich habe Ihnen ein Wort zu sagen.
LELIO. Nur keine Vorwürfe, Herr Philto! Ich kann sie wohl verdienen, aber sie kommen zu spät.
PHILTO. Herr Leander hat durch seinen Vormund, den Herrn Staleno, um Ihre Schwester anhalten lassen.
LELIO. Um meine Schwester? Das ist ja ein großes Glück.
PHILTO. Freilich wäre es ein Glück; aber es stößt sich an die Aussteuer. Staleno hat es nicht glauben können, daß Sie alles vertan haben. Sobald ich es ihm sagte, nahm er seine Anwerbung wieder zu rück.
LELIO. Was sagen Sie?
PHILTO. Ich sage, daß Sie Ihre Schwester zugleich unglücklich gemacht haben. Das arme Mädchen muß durch Ihre Schuld nun sitzen bleiben.
MASKARILL. Nicht durch seine Schuld, sondern durch die Schuld eines alten Geizhalses. Wenn doch der Geier alle eigennützige Vormünder, und alles was ihnen ähnlich sieht, Indem er den Philto ansieht. holen wollte. Muß denn ein Mädchen Geld haben, wenn sie die ehrliche Frau eines ehrlichen Mannes sein soll? Und allen Falls wüßte ich wohl, wer ihr eine Aussteuer geben könnte. Es gibt Leute, die sehr wohlfeil Häuser zu kaufen pflegen. –
LELIO in Gedanken. Kamilla ist doch wirklich unglücklich. Ihr Bruder ist – – ist ein Nichtswürdiger.
MASKARILL. Sie haben es mit sich selbst auszumachen, wenn Sie sich schimpfen. – Aber Herr Philto, ein kleiner Nachschuß von tausend Talern, in Ansehung des wohlfeilen Kaufs. – –
PHILTO. Adieu, Lelio. Sie scheinen über meine Nachricht ernsthaft geworden zu sein. Ich will gute Betrachtungen nicht stören.
MASKARILL. Und auch selbst keine gern machen. Nicht wahr? Denn sonst könnte der kleine Nachschuß einen vortrefflichen Stoff an die Hand geben.[575]
PHILTO. Maskarill, hüte dich vor meinem Nachschuß. Die Münze möchte dir nicht anstehen. – – Geht ab.
MASKARILL. Es müßte nichtswürdige Münze sein, wenn sie nicht wenigstens beim Spiele gelten könnte.
Ausgewählte Ausgaben von
Der Schatz
|
Buchempfehlung
Grabbe zeigt Hannibal nicht als großen Helden, der im sinnhaften Verlauf der Geschichte eine höhere Bestimmung erfüllt, sondern als einfachen Menschen, der Gegenstand der Geschehnisse ist und ihnen schließlich zum Opfer fällt. »Der Dichter ist vorzugsweise verpflichtet, den wahren Geist der Geschichte zu enträtseln. Solange er diesen nicht verletzt, kommt es bei ihm auf eine wörtliche historische Treue nicht an.« C.D.G.
68 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro