[231] Der Tempelherr und Daja, die den Tempelherrn schon eine Zeit lang von weiten beobachtet hatte, und sich nun ihm nähert.
DAJA.
Der Klosterbruder, wie mich dünkt, ließ in
Der besten Laun' ihn nicht. – Doch muß ich mein
Paket nur wagen.
TEMPELHERR.
Nun, vortrefflich! – Lügt
Das Sprichwort wohl: daß Mönch und Weib, und Weib
Und Mönch des Teufels beide Krallen sind?
Er wirft mich heut aus einer in die andre.
DAJA.
Was seh' ich? – Edler Ritter, Euch? – Gott Dank!
Gott tausend Dank! – Wo habt Ihr denn
Die ganze Zeit gesteckt? – Ihr seid doch wohl[231]
Nicht krank gewesen?
TEMPELHERR.
Nein.
DAJA.
Gesund doch?
TEMPELHERR.
Ja.
DAJA.
Wir waren Euertwegen wahrlich ganz
Bekümmert.
TEMPELHERR.
So?
DAJA.
Ihr wart gewiß verreist?
TEMPELHERR.
Erraten!
DAJA.
Und kamt heut erst wieder?
TEMPELHERR.
Gestern.
DAJA.
Auch Rechas Vater ist heut angekommen.
Und nun darf Recha doch wohl hoffen?
TEMPELHERR.
Was?
DAJA.
Warum sie Euch so öfters bitten lassen.
Ihr Vater ladet Euch nun selber bald
Aufs dringlichste. Er kömmt von Babylon;
Mit zwanzig hochbeladenen Kamelen,
Und allem, was an edeln Spezereien,
An Steinen und an Stoffen, Indien
Und Persien und Syrien, gar Sina,
Kostbares nur gewähren.
TEMPELHERR.
Kaufe nichts.
DAJA.
Sein Volk verehret ihn als einen Fürsten.
Doch daß es ihn den Weisen Nathan nennt,
Und nicht vielmehr den Reichen, hat mich oft
Gewundert.
TEMPELHERR.
Seinem Volk ist reich und weise
Vielleicht das nämliche.
DAJA.
Vor allen aber
Hätt's ihn den Guten nennen müssen. Denn
Ihr stellt Euch gar nicht vor, wie gut er ist.
Als er erfuhr, wie viel Euch Recha schuldig:
Was hätt', in diesem Augenblicke, nicht
Er alles Euch getan, gegeben!
TEMPELHERR.
Ei!
DAJA.
Versuchts und kommt und seht!
TEMPELHERR.
Was denn? wie schnell[232]
Ein Augenblick vorüber ist?
DAJA.
Hätt' ich,
Wenn er so gut nicht wär', es mir so lange
Bei ihm gefallen lassen? Meint Ihr etwa,
Ich fühle meinen Wert als Christin nicht?
Auch mir wards vor der Wiege nicht gesungen,
Daß ich nur darum meinem Ehgemahl
Nach Palästina folgen würd', um da
Ein Judenmädchen zu erziehn. Es war
Mein lieber Ehgemahl ein edler Knecht
In Kaiser Friedrichs Heere –
TEMPELHERR.
Von Geburt
Ein Schweizer, dem die Ehr' und Gnade ward
Mit Seiner Kaiserlichen Majestät
In einem Flusse zu ersaufen. – Weib!
Wie vielmal habt Ihr mir das schon erzählt?
Hört Ihr denn gar nicht auf mich zu verfolgen?
DAJA.
Verfolgen! lieber Gott!
TEMPELHERR.
Ja, ja, verfolgen.
Ich will nun einmal Euch nicht weiter sehn!
Nicht hören! Will von Euch an eine Tat
Nicht fort und fort erinnert sein, bei der
Ich nichts gedacht; die, wenn ich drüber denke,
Zum Rätsel von mir selbst mir wird. Zwar möcht'
Ich sie nicht gern bereuen. Aber seht;
Eräugnet so ein Fall sich wieder: Ihr
Seid Schuld, wenn ich so rasch nicht handle; wenn
Ich mich vorher erkund', – und brennen lasse,
Was brennt.
DAJA.
Bewahre Gott!
TEMPELHERR.
Von heut' an tut
Mir den Gefallen wenigstens, und kennt
Mich weiter nicht. Ich bitt' Euch drum. Auch laßt
Den Vater mir vom Halse. Jud' ist Jude.
Ich bin ein plumper Schwab. Des Mädchens Bild
Ist längst aus meiner Seele; wenn es je
Da war.
DAJA.
Doch Eures ist aus ihrer nicht.[233]
TEMPELHERR.
Was solls nun aber da? was solls?
DAJA.
Wer weiß!
Die Menschen sind nicht immer, wie sie scheinen.
TEMPELHERR.
Doch selten etwas Bessers.
Er geht.
DAJA.
Wartet doch!
Was eilt Ihr?
TEMPELHERR.
Weib, macht mir die Palmen nicht
Verhaßt, worunter ich so gern sonst wandle.
DAJA.
So geh', du deutscher Bär! so geh'! – Und doch
Muß ich die Spur des Tieres nicht verlieren.
Sie geht ihm von weiten nach.[234]
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