Unwetter

[57] Erstarrter Mond steht wächsern,

Weißer Schatten,

Gestorbnes Gesicht,

Über mir und der matten

Erde.

Wirft grünes Licht

Wie ein Gewand,

Ein faltiges,

Auf bläuliches Land.


Aber vom Rand

Der Stadt steigt sanft

Wie fingerlose, weiche Hand

Und furchtbar drohend wie Tod

Dunkel, namenloses ...

Wächst höher her

Ohne Ton,

Ein leeres, langsames Meer –


Erst war es nur wie eine müde

Motte, die auf letzten Häusern kroch.

Jetzt ist es schwarz blutendes Loch.

Hat schon

Die Stadt und den halben Himmel verschüttet.


Ach, wär ich geflohn! –

Nun ist es zu spät.[57]

Mein Kopf fällt in die

Trostlosen Hände

Am Horizont ein Schein wie ein Schrei

Kündet

Entsetzen und nahes Ende.


Quelle:
Alfred Lichtenstein: Gesammelte Gedichte. Zürich 1962, S. 57-58.
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