[252] (1) König Masanissa weiset für der belagerten Haupt-Stadt in Numidien / Cyrtha / in seinem Zelte denen Abgesandten der Königin Sophonisbe den gefangenen König Syphax in Band und Eisen / sie bedreuende: daß / da sich die Stadt nicht Augenblicks ergeben würde / er ihm den Kopf abschlagen lassen wolte. Worvon aber Syphax unerschrocken die Seinigen abmahnet. Masanissa heißt hierauf den Himilco und Micipsa der Königin ihres Königes Nothstand eröfnen / und behält als eine Geissel den Hiempsal an statt des in die Stadt abgesendeten Bomilcars bey sich. (2) Hierauf beredet Masanissa den Hiempsal durch Erzehlung des Syphax böser Thaten: Daß er ihm die Stadt Cyrtha zu übergeben verspricht. (3) Als Sophonisbe im Tempel kniende den Verlust der Schlacht beklaget / kommet ihr aus der Schlacht entkommene Stief-Sohn Vermina / und erzehlet: Daß er nicht wisse: Wo der König hinkommen. (4) Hierüber aber kommen Himilco und Micipsa und berichten sie: Daß Masanissa den König Syphax gefangen habe / und dafern sich Cyrtha nicht ergebe / ihm den Tod dreue. Wordurch Sophonisbe sich anfangs zu tödten / her nach Cyrtha aufzugeben / endlich alles euserste zu erleiden entschleust / und ihr Helm und Harnisch anlegen läst. (5) Hingegen muß Vermina / umb fähig zu seyn dem Mohnden zu opfern / der Sophonisbe Weiber-Kleider anziehen. Sophonisbe läßt hierauf ihre zwey Söhne / den Adherbal und Hierba loossen / welcher unter ihnen geopfert werden sol für den Wolstand des Reiches / und als Hierba gewinnet / wird er zwar von Sophonisben nach erbärmlichen Abschiede in die glüenden Armen des Abgotts gelegt / aber von dem hierzukommenden und sich durch Bestechung der Wache geflüchteten Syphax weggerissen / Er von allen / von ihm Vermina frolockend so bewillkommet / und verordnet: Daß statt des Hierba zwey gefangene[253] Römer aufgeopfert werden. Endlich schweren Adherbal und Hierba für dem Altare der Römer Todfeinde zu ersterben. (6) Im Reyen wirft die Zwytracht unter die Menschlichen Gemütts-Regungen einen güldenen Apfel / welcher von der Seele der Sophonisben der Rache als Uberwinderin zuerkennet wird.
(1) Der bluttige Himilco berichtet dem Syphax und der Sophonisbe: Daß Hiempsal durch Verrätherey die Stadt dem Feinde eröfnet; Micipsa: Daß der Feind schon in die Burg eindringe; worauf Syphax den Vermina sich Römisch verkleiden und ieden fliehen heisset. (2) Masanissa dringet mit den Seinigen in die Burg / nimmet den Syphax gefangen / Sophonisbe nebst ihren Söhnen Adherbal und Hierba fället ihm zun Füssen / bittend und erlangend: Daß sie nicht in der Römer Hände gegeben werden sollen. (3) Masanissens Gemüths-Regungen werden von inbrünstiger Liebe gegen Sophonisben überwunden / worauf er den Syphax im Kercker zu ermorden schlüßig wird. (4) Syphax bejammert im Kercker seine Fessel und wil sich verzweifelnde tödten / hierzu kommet die in einen Römischen Kriegs-Knecht verkleidete Sophonisbe und windet ihm das so Messer aus / entdecket sich ihm / zeucht ihn aus den Banden / verwechselt mit ihm die Kleider / lässet sich für ihn in die Fessel schlüssen / und erweget bey sich des Masanissens nachdenckliche Worte. (5) Masanissa kommet hierüber in den Kercker / und als er Sophonißben / Sie für den Syphax haltende / umbbringen wil / entblösset sie ihre Brüste / darüber er erstaunet / den Dolch fallen lässet / und nachdem sie ihm eröfnet: daß sie / den Syphax zu erlösen / sich an seine Stelle hätte einschlüssen lassen; offenbaret er ihr fseine heftige Liebe / worauf sie beyde den Schluß machen einander alsobald zu ehlichen. (6) Im Reyen besieget die Liebe Himmel / Hölle / Erde / Meer / Jupiter / Pluto / Hercules und Jason / die Regiersucht / die Grausamkeit / die Tugend; und bildet im güldenen Flüsse des Jasons die glückseelige Vermählung des Unüberwündlichsten Keysers Leopolds und der Durchlauchtigsten Infantin aus Spanien für.
[254] (1) Bomilcar und Manastabal bemühen sich vergebens / Masanissen von der Heyrath der Sophonisbe abzuhalten. (2) Masanissa und Sophonisbe werden einander vermählet / Bogudes aber siehet aus denen der Astarte geopferten Tauben: Daß dieser Ehstand nicht werde beständig seyn. (3) Lelius dringet mit einer Menge Römer in Tempel / und wil dem Masanissa Sophonisben wegreissen / darüber sie nach Wortwechselung beyderseits zun Waffen kommen / aber endlich durch den Bomilcar vereinbaret werden. Lelius aber entrüstet sich wieder über Aufopferung des Torquatus. (4) Als Bogudes sich weigert auf Befehl des Lelius die drey gefangenen Mohren zu opfern / erbeut sich dis selbst Sophonisbe zu thun; Als sie aber einem die Brust eröfnet / ihn aufzuschneiden / wird sie gewahr: Daß dieser Gefangene der verkleidete Syphax sey / darüber sie für Schrecken das Messer fallen lässet / welches Syphax aufhebet / und darmit Sophonisben wegen ihrer Untreu erstechen wil. Woran ihn anfangs Masanissa verhindert / Sophonisbe aber ihn durch beweglich Zureden in die Verzweiffelung: Daß er sich selbst ermorden wil / bringet. (5) Im Reyen mahlet die Eyversucht der Einbildung allerhand seltzame Bländungen des Ehbruchs für; und ob die Vernunft zwar ihr darthut: Daß dieses alles blaue Dünste seyn / so überredet sie doch die Narrheit stets eines andern / biß die Verzweifelung der Eyversucht Strick und Messer / sich zu erhencken und zu erstechen / darreichet.
(1) Lelius erzehlet dem Scipio den Sieg der Schlacht / und die Eroberung Cyrthens / und übergiebet ihm den gefangenen Syphax; Welcher dem Scipio sein Ungelück und die Heyrath Masanissens mit Sophonisben eröfnet. (2) Masanissa bewillkommt den Scipio / übergiebet ihm die gefangenen Numidier / wie auch Zepter und Krone des eroberten Reichs Numidien / Scipio aber stellet Zepter und Krone ihm wieder zu. (3) Scipio verweiset Masanissen ernstlich seine unbesonnene Heyrath / und bringet ihn zum Erkäntnüs seines Fehlers. (4) In Masanissens Hertze kämpfen Liebe und Vernunft heftig / endlich[255] entschleust er sich doch / Sophonisben fahren zu lassen. (5) Masanissa wird noch immer von der Begierde beunruhiget / endlich schickt er durch Disalcen der Sophonisben ein Glaß voll Gift / sie dardurch seinem Versprechen nach aus der Römer Händen zu erretten. (6) Im Reyen wird Herkules auf dem Scheidewege von der Wollust mit allerhand Scheinbarkeiten auf ihren Pfad gelocket / von der Tugend aber zurücke behalten / welche / nachdem sie entdecket: Daß unter dem Goldstücke der Wollust Lumpen / Unflatt / Seuchen und Aas verstecket liegen / ihr goldenes Unterkleid nach weggeworffenem schlechten Oberkleide entdecket / und den Herkules den Thron der Ehren besteigen läßt / welcher aber selbten dem Geiste Keyser Leopolds abtritt.
(1) Der Dido Geist verkündigt Sophonisben ihren und Carthagens Untergang / eröfnet ferner: Wie des Masanissens Nachkommen in Numidien nicht lange blühen / die Gothen und Wenden / hernach die Saracenen und Araber Africa und Spanien einnehmen / diese aber von Ferdinanden dem andern / Philippen dem Ertzhertzoge / Carln dem fünften / Philippen dem andern / und endlich Keyser Leopolden werden beilegt / und nach und nach vertrieben werden. (2) Sophonisbe wird hierüber gantz verzweifelnd / und wil / umb das besagte Joch der Römer zu verhütten / nebst ihren zweyen Söhnen sich in den Tempel der Sonnen verbrennen / wird aber von der Pristerin verhindert. (3) Hierüber bringet ihr Disalces Masanissens Gift-Glaß / welches sie freudig annimmt und alleine beklaget: Daß sie zum andern mal so thöricht geheyrathet habe. (4) Himilco und Micipsa bemühen sich vergebens / Sophonisben zu überreden: Daß sie Masanissens Gift nicht trincken solle. Denn nachdem sie von ihnen / ihren Kindern / und dem Frauenzimmer beweglichen Abschied genommen / ihren Kindern sie zur Rache ermahnende zwey Schwerdter umbgegürtet / trincket sie / und zwar der Römer Dienstbarkeit zu entkommen / auch ihren Kindern das Gift zu / worauf sie drey in einander verschrencket todt zur Erde fallen; Himilco und Micipsa reiben[256] einander selber auf. (5) Masanissa kommt hierzu seinen ersten Schluß bereuende gelauffen; nachdem er aber Sophonisben schon todt findet / wil er nach ihrer kläglichen Bejammerung ihm selbst das Schwerd in Leib stossen. (6) Scipio aber eilet darzu / läßt ihm das Schwerdt auswinden / und beruhigt ihn endlich durch bewegliche Zuredung; Verstattet Masanissen die Sophonisbe nach seinem Belieben zu begraben / schicket den Lelium mit dem gefangenen Syphax nach Rom / und setzet Masanissen des Syphax Krone auf. (7) Die vier Monarchien bemühen sich im Reyen mit denen von ihnen beilegten Theilen der Welt / den von dem Verhängnüsse aufgesetzten Lorber-Krantz zu gewinnen / selbter aber wird von denen vier Theilen der Welt / fürnemlich durch Beyhülffe des neu erfundenen America / dem Hause Oesterreich aufgesetzet.[257]
Ausgewählte Ausgaben von
Sophonisbe
|
Buchempfehlung
In ihrem ersten Roman ergreift die Autorin das Wort für die jüdische Emanzipation und setzt sich mit dem Thema arrangierter Vernunftehen auseinander. Eine damals weit verbreitete Praxis, der Fanny Lewald selber nur knapp entgehen konnte.
82 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro