[Wenn um die Berge von Befour]

»Wenn um die Berge von Befour

Des Abends erste Schatten wallen,

Dann tritt die Mutter der Natur

Hervor aus unterirdschen Hallen

Und ihres Diadem Azur

Erglänzt von funkelnden Krystallen.

In ihren dunklen Locken blühn

Der Erde düftereiche Lieder;

Aus ungemeßnen Fernen glühn

Des Kreuzes Funken auf sie nieder,

Und traumbewegte Wogen sprühn

Der Sterne goldne Opfer wieder.

Und bricht der junge Tag heran

Die Tausendäugige zu finden,

Läßt sie das leuchtende Gespann

Sich durch purpurne Thore winden,

Sein Angesicht zu schaun und dann

Im fernen Westen zu verschwinden.«[352]


»Wenn um die Berge von Befour

Des Abends dunkle Schatten wallen,

Dann tritt die Mutter der Natur

Hervor aus unterid'schen Hallen

Und läßt auf die versengte Flur

Des Thaues stille Perlen fallen.

Des Himmels Seraph flieht, verhüllt

Von Wolken, die sich rastlos jagen,

Die Erde läßt, von Schmerz erfüllt,

Den Blumen bittre Thränen tragen,

Und um verborgne Klippen brüllt

Die Brandung ihre wilden Klagen.

Da bricht des Morgens glühend Herz:

Er läßt den jungen Tag erscheinen;

Der küßt den diamantnen Schmerz

Von tropfenden Karfunkelsteinen

Und trägt ihn liebend himmelwärts,

Im Aether dort sich auszuweinen.«[368]


Quelle:
Wenn um die Berge von Befour […]. Briefkasten Herrn F.A. in Ch. (Auszug) in: Schacht und Hütte. 1. Jg. Nr. 44 u. 46. S. 352 u. 368. – Dresden (1876), S. 352-353,368-369.
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